Bauern, Land. Uta Ruge

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Bauern, Land - Uta Ruge

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der Hauptstadt Tunesiens. Die Kriegführung der Römer in den Punischen Kriegen wollen wir hier nicht nachvollziehen, aber festhalten, dass Karthago mit seiner reichen Landwirtschaft und insbesondere dem Getreideanbau ein mächtiger Handelskonkurrent für Rom war. Die Menge der Lebensmittel, vor allem des Getreides, bestimmte, wie groß ein Staat sein konnte, wie viele Menschen, Steuerzahler und Soldaten ernährt werden konnten.

      Die Bodengeschichte der Nordspitze Tunesiens zeigt, dass dort eine florierende Ackerwirtschaft auf fruchtbarem Boden betrieben wurde. Man baute vor allem Weizen an, das wertvollste Brotgetreide. Nach der Eroberung durch Rom wurden die nordafrikanischen Kolonien zusammen mit Sizilien zur Kornkammer des Römischen Reiches. Aber durch die extreme Übernutzung des permanenten Weizenanbaus wurden die Böden ausgelaugt. Heutige Bodenuntersuchungen zeigen, dass das Land durch Winderosionen von seiner Ackerkrume damals fast vollständig entblößt worden ist. Ähnliches war zuvor in Griechenland geschehen, schon 590 v. Chr. war das fruchtbare Erdreich der Hügel um Athen abgetragen. Für den Charakter der Mittelmeerlandschaft – dieses felsig-unbewaldete Land, das nur von einer flachen, schnell austrocknenden Erdschicht bedeckt ist – war neben der Rodung der Wälder für den Schiffsbau eine bodenübernutzende Landwirtschaft in der Antike verantwortlich.

      Die wunderbar riechenden Kräuter auf kahlen Hängen und an kühlen Bachläufen zeigen, wie jede Artenvielfalt, einen Nährstoffmangel an. Und dieser Mangel ist kein natürlicher, er ist ein historischer, menschengemachter Zustand.

      Dabei war es nicht so, dass die Griechen und Römer zu wenig vom Landbau wussten. Sie haben die Folgen von Aussaat und Düngung, von Brache und Fruchtwechsel sehr gut beobachtet und beschrieben. Aber es wurden keine Maßnahmen gegen die Bodenerosion ergriffen. Und bereits im Jahre 200 n. Chr., als die Erosion der Böden schon über dreihundert Jahre in vollem Gange war, schrieb der in Karthago lebende Römer Tertullian7: »Alles ist nun zugänglich, alles für den Handel erschlossen; wunderbare Bauerngüter traten an die Stelle schrecklicher Einöden, urbar gemachte Äcker lösten die Wälder ab … [Aber] wir sind zu viele auf dieser Erde, die Elemente sind uns kaum Nahrung genug, unsere Bedürfnisse werden größer und unser Begehren auch, nun, da die Natur uns bereits nicht mehr aushalten kann.«

2. TIEFER INS MOOR UND IN DIE GESCHICHTE

      13. KAPITEL

      HEUTE

       Wenn Milch- und Bodenpreise die Stimmung verderben.

      BEIM MITTAGESSEN IST MEIN BRUDER SEHR EINSILBIG. Ein bisschen zu munter frage ich nach den Kühen, dem Zustand im Stall, auf dem Feld.

      »Auf dem Feld?«, fragt Waldemar leicht gereizt. »Was willst du da machen, solange Wasser drauf steht?«

      »Und im Stall?«, hake ich nach.

      »Schon davon gehört, dass gerade die Milchquote abgeschafft wird?«, sagt Hannes, der Mitleid mit seiner Tante aus der Stadt hat.

      »Ach ja, stimmt, natürlich.« Mir ist peinlich, dass ich den Zeitpunkt vergessen habe, 1. April 2015. Der Milchpreis wird weiter sinken, jeder darf produzieren, so viel er will. Europaweit eingeführt worden war die Quotenregelung 1983, jedes Land der EG bzw. EU durfte nur eine begrenzte Menge Milch produzieren. Produzierte ein Hof mehr als seine Quote, musste er eine hohe Abgabe zahlen.

      »Erstens«, zählt Waldemar auf, »war die Milchquote eigentlich nie dafür da, um den Preis zu stabilisieren. Es ging darum, das Milchangebot nicht ins Uferlose wachsen zu lassen. In Osteuropa gab es vor dem Mauerfall einen hohen Bedarf, unser Export dorthin wurde subventioniert. Inzwischen geht es andersherum, zu unserem Binnenmarkt gehört jetzt auch der Zufluss der Milchmassen aus den landwirtschaftlichen Großbetrieben der neuen Bundesländer und der osteuropäischen Staaten der EU. Aber dafür haben wir ja jetzt den globalen, z.B. den asiatischen Markt, angeblich ist die weltweite Milchnachfrage riesig – und darunter musst du dir Milchpulver, Käse und Butter, Joghurt und Babynahrung vorstellen. Aber dann hat Russland die Schotten gegen europäische Lebensmitteleinfuhren dicht gemacht – als Strafe für die europäischen Sanktionen 2014 gegen Russland wegen der Besetzung der Krim. Und plötzlich schwächelt die chinesische Wirtschaft, und – bums, ist unser asiatischer Markt auch weg – und zu viel Milch da.«

      Er holt Luft.

      »Und drittens ist Milch«, fügt Hannes ein, »zu einem Rohstoff geworden, und die Verarbeiter des Rohstoffs, die milchverarbeitende Industrie, wollen den natürlich möglichst billig einkaufen.«

      Er lächelt spöttisch: »Es sind nicht alle unglücklich über die großen Milchmengen und die niedrigen Preise.«

      »Viertens sind«, setzt Waldemar wieder ein, »mittlerweile die Boden- und damit auch die Pachtpreise der begrenzende Faktor für unsere Produktion geworden. Land ist Spekulationsobjekt für Geldleute geworden, in erster Linie für die Agrarindustrie, die Böden ankauft für ihre Vertragsproduzenten, aber auch fachfremde Unternehmen, ein großes Brillen-Unternehmen ist dabei oder reich gewordene Medienheinis, die hier in der Gegend für sehr viel Geld viele Tausend Hektar aufkaufen – und dann Agrarsubventionen einstreichen, weil sie nun als Landwirte gelten.«

      »Die stellen dann einen Geschäftsführer ein und beschäftigen ukrainische oder rumänische Pflücker oder Melker im Niedriglohn«, setzt Hannes hinzu.

      Es hat den ganzen Vormittag über nach Regen ausgesehen. Jetzt kommt plötzlich ein wenig die Sonne durch.

      Mein Bruder und sein Sohn heben die Köpfe. Vielleicht kann man doch mit dem Walzen anfangen, also dem Anpressen der durch Frost, Tauwetter und Regen gelockerten Grasnarbe.

      Wenigstens auf den Stücken, die am festesten sind? Der Junge brennt darauf, der Alte bremst.

      »Vielleicht morgen«, sagt Waldemar.

      Auch die hohe Extraabgabe – ein paar Tausend Euro – drückt auf die Stimmung. Sie muss demnächst gezahlt werden für jene Kilogramm Milch – Milchpreise werden in Kilogramm gerechnet –, die man im letzten Jahr zu viel, d.h. über die eigene Quote hinaus geliefert hat. Obwohl mein Bruder schon viele ältere Kühe rausgeschmissen und meine Schwägerin rohe Kuhmilch an die Kälber verfüttert hat, rechnen sie dennoch mit einer Strafzahlung. Im Moment gibt es noch zusätzlich ein kleinliches Gehampel über die Lieferungen in den letzten Tagen der Milchquote. Um nicht noch mehr Liter aufs Konto der ›Überlieferung‹ angeschrieben zu bekommen, wollen die Bauern so viel Milch wie möglich zurückhalten und erst am 1. April abliefern. Aber das wird natürlich nicht erlaubt. Es gibt dann einen Kompromiss: 1.000 Liter werden noch vorher bei jedem abgeholt, alles andere am regulären Ablieferungstag, dem 2. April. Vorstandsentscheidung! Genossenschaft!

      »Die Genossenschaft, das seid doch ihr«, sage ich.

      Waldemar schnaubt. »Das Einzige, was in einer Genossenschaft stört, sind die Genossen.«

      »Das musst du mir erklären.«

      Ihre Vertragsmolkerei gehört inzwischen zum Deutschen Milchkontor (DMK), dem größten Milchverarbeiter des Landes; das DMK hat sechsundzwanzig Niederlassungen in zehn Bundesländern, der Hof gehört durch die traditionelle Molkerei zur Niederlassung in Zeven, früher war es Nordmilch – von ihnen kennt man als Marke vielleicht Milram. Aber eine echte Genossenschaft bei einem Milliardenumsatz-Unternehmen? Die Struktur ist wie früher im Kleinen, mit Mitgliedern, Vorstand und Aufsichtsrat. Aber jetzt gibt es einen Geschäftsführer, und der muss mehr oder weniger tun, was vom Konzern beschlossen ist.

      »Die vom DMK gezahlten Milchpreise waren eher unterdurchschnittlich.«

      »Kann

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