So sind wir. Christian Hafenecker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу So sind wir - Christian Hafenecker страница 7

So sind wir - Christian Hafenecker

Скачать книгу

habe er erst kürzlich bekommen.31

      Der Abend findet nun tatsächlich in dem von den Drahtziehern geplanten Rahmen statt. Die Video-Falle wird trotz zwischenzeitlicher Skepsis Straches ungestört ausgeführt und erfüllt vermutlich vorerst den gewünschten Zweck.

      Allerdings macht sich bei Julian Hessenthaler im Laufe des Abends allmählich das Gefühl von Misserfolg breit; Strache geht auf keinen Vorschlag der falschen Oligarchin ein, im Gegenteil. Trotz reichlichem und offensichtlichem Alkoholgenuss macht er mehrmals darauf aufmerksam, dass jedes Geschäft im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen müsse.

       „Wer zahlt, schafft an“

      Nach der Zusammenkunft auf Ibiza kommt es zu einem weiteren Treffen zwischen Gudenus und Hessenthaler. Im Spätsommer 2017 besprechen sie den Abend auf Ibiza nach und Hessenthaler erklärt, dass die Oligarchin ob der fehlenden Zusagen sehr verärgert sei. Sie verlange, als vertrauensbildende Maßnahme, eine Botschaft in einer Presseaussendung der FPÖ mit dem Hinweis: „Wer zahlt schafft an“. Eine solche Aussendung gab es zwar, jedoch bezogen auf die NEOS und ihren Gönner Hans-Peter Haselsteiner.32

image

      Abbildung 1: Damals war die Welt für Gudenus und Strache noch in Ordnung – Pressekonferenz 2017.

      Immer wieder wurde betont, dass das Video nicht aus finanziellen Gründen angefertigt worden sei, sondern als „zivilgesellschaftliches Projekt“ gedacht gewesen sei, um „rechtspopulistische“ Parteien zu stoppen. Ersteller und Eigentümer des Videos und somit auch verfügungsberechtigt waren, laut eigenen Angaben, Hessenthaler und der Anwalt M. Stets behaupteten sie, es gebe keine Auftraggeber und Hintermänner. Eine etwaige finanzielle Verwertung des Videos würde somit in ihren Händen liegen.

      Diverse Chat-Nachrichten Hessenthalers deuteten darauf hin, dass seine Aussage, er habe kein finanzielles Interesse gehabt, maximal eine öffentliche Behauptung ist. Am 17. November 2017, also anderthalb Jahre vor der Veröffentlichung, schrieb er in einer SMS-Nachricht:

       „Die roten Idioten kommen mit dem Geld nicht mehr weiter“.

      Vermutungen legen nahe, dass damit die SPÖ gemeint war, welche bei der Nationalratswahl 2017, wenige Wochen zuvor, erst den Kanzlersessel verlor.

      Im Zuge des Untersuchungsausschusses stellte sich heraus, dass es auch vonseiten des Anwalts M. durchaus Interesse und auch konkrete Versuche gab, das Video zu verkaufen. Erste diesbezügliche Gespräche fanden bereits wenige Wochen nach dem Dreh statt.

      Mitte August 2017 trifft M. seinen Volksschulfreund Johannes Vetter, damals gerade Wahlkampfmanager der SPÖ unter Bundeskanzler Christian Kern, in der Zigarrenlounge im Park Hyatt in der Wiener Innenstadt. Dort erzählt der „Ibiza“-Anwalt Vetter von brisantem Bildmaterial über Strache und Gudenus. Er erwähnt auch, dass es sich dabei um Bewegtbildmaterial handle und Geld benötigt werde, wobei kein genauer Betrag genannt worden sei.33

      Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem der zeitliche Aspekt im Wahlkampf 2017, in dem das „Dirty Campaigning“ seine Hochphase erreichte.

      Das „Ibiza“-Video wird am 24. Juli gedreht. Wenige Tage später wird Vetter Wahlkampfmanager der Bundes-SPÖ. Mitte August werden die Machenschaften des SPÖ-Beraters Tal Silberstein bekannt. Wenige Wochen später trifft der in dieser Zeit sicherlich schwer beschäftigte SPÖ-Wahlkampfchef Vetter seinen Volksschulfreund M. auf einen gemütlichen Kaffee, angeblich ohne zu wissen, worum es dabei gehen soll. Bei diesem Treffen erfährt er von belastendem Bildmaterial über Strache und Gudenus, Politiker jener Partei, welche die SPÖ laut Umfragen bei der kommenden Wahl überholen könnte. Erzählt möchte er davon niemandem haben, da er die „vagen Andeutungen“ für ein Gerücht hielt.34

       „Lass uns reich werden! Aber mit lustig“

      Im März 2018 kommt es zu einer beruflichen Reise nach Berlin. M. und Vetter sprechen erneut über das belastende Material. Ein interessantes Detail in diesem Zusammenhang ist auch, dass Vetter im Dezember 2018 eine Grußkarte an M. schickt, auf der „Lass uns reich werden! Aber mit lustig.“ geschrieben steht.35

      Zeitnah zu dem zweiten Treffen mit Vetter kommt es zu einem Gespräch zwischen M. und dem SPÖ-nahen PR-Berater Nikolaus Pelinka. Die beiden kennen sich aus einer gemeinsamen Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei von Gabriel Lansky zu Beginn der 2000er-Jahre. Bei dem Treffen im Kaffeehaus erzählt M. von belastendem Material gegen Strache und fragt Pelinka, ob er ihn mit potenziellen Käufern zusammenbringen könne oder selbst Interesse habe, das Material zu erwerben. Die Rede ist von einem siebenstelligen Betrag. M. macht dabei auch Andeutungen in Richtung einer Provision für die Vermittlungstätigkeit. Auch wenn Pelinka im Endeffekt selbst kein Interesse an dem Material hat, erzählt er mehreren Personen davon.36

      Auf die Frage im U-Ausschuss, wie vielen Leuten er vom Video-Material erzählt habe, antwortete Nikolaus Pelinka:

       „Eins, zwei, drei, viele ist eine gute Definition. Ich würde vermuten, dass es um mehrere Dutzend Menschen geht, aber immer in verschiedenen Abstufungen.“37

      Unter diesen Personen waren jedenfalls die SPÖ-Politiker Thomas Drozda und Christian Kern, deren Interesse Pelinka mit seinen Ausführungen weckte. Pelinka übergab Drozda Ende März oder Anfang April 2018 die Kontaktdaten des Anwalts, was Drozda in seiner Einvernahme beim Bundeskriminalamt später als „Vermittlung“ bezeichnete.

      Wie Drozda vor dem Untersuchungsausschuss aussagte, wurde mit der Information zu vermeintlich belastendem Material über Strache und die FPÖ das Interesse der SPÖ-Spitze geweckt. In Folge dessen wurde Drozda von SPÖ-Chef Kern angewiesen, sich die Sache genauer anzuschauen. Am 12. April 2018 kommt es zu einem Treffen zwischen Drozda und Anwalt M. in dessen Kanzlei. Dort unterrichtet M. den SPÖ-Politiker über die Existenz eines Videos, in dem unter anderem Korruptionsideen gesponnen würden. Darüber hinaus legt der Anwalt Fotos von vermeintlichen Geldtaschen vor. Am Tag nach dem Gespräch informiert Drozda seinen Parteiobmann Christian Kern und auch den Anwalt der SPÖ, Michael Pilz.38

      Am 24. April 2018 kommt es zu einem einstündigen Gespräch zwischen dem SPÖ-Anwalt Pilz und dem „Ibiza“-Drahtzieher M.. Pilz bekommt dort einige Szenen aus dem Video vorgespielt und hat somit Kenntnis über dessen Inhalte. Für den Erwerb des Materials verlangt M. sechs Millionen Euro. Noch am selben Tag berichtet Pilz Drozda über die Inhalte des Treffens.39

      Am 2. Mai 2018 findet ein Sechsaugengespräch zwischen Drozda, Pilz und Kern statt, wo über das Treffen bei M. gesprochen wird. An diesem Tag wird entschieden, eine offizielle Absage der SPÖ an M. per eingeschriebenen Brief zu übermitteln, welche am 9. Mai 2018 versendet wird.40

       Eine merkwürdige TV-Wette zwischen Kern und Strache

      Diese Erkenntnisse lassen vermuten, dass die SPÖ-Spitze, zumindest Parteichef Kern und Bundesgeschäftsführer Drozda, spätestens ab April 2018, also ein Jahr vor der Veröffentlichung des Videos, über dessen grobe Inhalte Kenntnis hatten. Einen Tag nach dem Treffen zwischen Pilz und M. wettet SPÖ-Chef Kern in

Скачать книгу