Die Chinesische Truhe. Bernhard Trenkle
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1.2.6Symptome (
Gegenstand der Chinesischen Truhe sind subjektive Beschwerden des Klienten, wie psychische oder psychosomatische Probleme bzw. Störungen. In der Regel gibt es ein akutes hauptsächliches Problem, welches verschiedenen Krankheitsbildern zugeordnet werden könnte. Die Aufgabe der Anwendung der Chinesischen Truhe besteht jedoch nicht in der Diagnostik. Insofern gibt es keine entsprechenden Indikationen oder Kontraindikationen. Die zu behandelnden, subjektiv als negativ empfundenen Erlebnisse und damit verbundene Verhaltensabweichungen wie Zwänge können sowohl somatischer als auch psychischer Natur sein. Psychische Beschwerden beinhalten v. a. negative Emotionen wie Ängste und Depressivität, körperliche Beschwerden sind beispielsweise Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl. Die somatischen Beschwerden können Ausdruck einer psychischen Störung, aber auch Symptome einer somatischen oder psychosomatischen Erkrankung sein, beispielsweise Kopfschmerzen bei Erkältung oder Menstruationsbeschwerden. Insgesamt zeigt sich eine bessere Wirkung der Chinesischen Truhe bei der Behandlung psychischer Beschwerden.
1.2.7Symbole (
Die Reduktion oder Remission der Symptome geschieht durch die Veränderung eines für sie stehenden Symbols während der vertiefenden Imagination, nicht durch eine unmittelbare Intervention. Im psychischen Prozess wird beim Imaginieren das negative Erleben konkretisiert, beispielsweise wird Wut als Feuer, Schmerz als Nadelstich imaginiert. Nachdem ein Symbol aufgetaucht ist, wird noch ein geeigneter Träger gesucht, in dem das Symbol seinen Platz findet. Das Symbol stellt die Symptome des Klienten dar, der Träger seine Fähigkeit, die Symptome auszuhalten.
1.2.8Bewegung (
Ein Kernschritt der Behandlung ist die wiederholte Bewegung des mit dem Symbol bestückten Trägers auf unterschiedliche imaginäre Entfernungen. Dabei werden drei Stufen der Bewegung unterschieden, die hintereinander durchgeführt werden: das Warm-up, das Bewegen im Sichtbaren und das Bewegen jenseits des Sichtbaren. Sobald Symbol und Träger mittels Bewegung jenseits des Sichtbaren gebracht wurden, sollte im Bewusstsein des Klienten das Nichts herrschen,8 der angestrebte leere Zustand. »In die Leere kommen« ist ein weiterer Kernschritt dieser Behandlungsmethode.
1.2.9Linderung oder Remission der Symptome (
Die klinische Praxis hat erwiesen, dass sich nach der Bewegung in die Leere das Symbol und der Träger vielfältig verändern, tendenziell schwächer werden oder verschwinden. Da das Symbol die Symptome des Klienten verkörpert, der Träger seine Fähigkeit, die Symptome auszuhalten, geht ihre Veränderung mit der Linderung oder Remission der Symptome einher.
1.3Der Charakter der Chinesischen Truhe
1.3.1»Shen-Behandlung«
Wie bereits erwähnt, beginnt ein weiser Arzt die Behandlung mit der Behandlung der Seele, von »Shen«. Bereits im ersten schriftlich vorliegenden TCM-Fachbuch, dem Huangdi Neijing, das vor etwa 2200 Jahren zusammengestellt wurde, wird erwähnt, dass das Wesen der Akupunktur in der Behandlung des Shen liege. Bei der Anwendung der Chinesischen Truhe wird die subjektive Wahrnehmung des Klienten symbolisch verkörpert und verändert und so die Krankheit behandelt. Die Methode hat sich aus der wissenschaftlichen Weiterführung und Entwicklung der traditionellen Behandlung des Shen ergeben.
Das Verständnis der TCM vom Menschen und den Krankheiten ist, wie schon erwähnt, anders als das der modernen Schulmedizin. Einer der wichtigsten Unterschiede liegt in der Betonung der Ganzheit: der Einheit von Körper und Psyche, der Einheit von Mensch und Universum. Dabei bildet jeder Mensch im realen Leben eine Einheit von Körper und Seele, kein Mensch existiert rein physiologisch oder nur seelisch-geistig. Menschen, die nur aus Körper bestehen, sind Komapatienten ohne Bewusstsein9; Menschen, die allein aus Psyche bestehen, können nur im Zustand des Nahtods sein, wenn der Geist den Körper verlässt.
Krankheit gehört zum Menschsein dazu. Eine Methode zu ihrer Behandlung kann ihre Wurzeln sowohl in der Psyche als auch im Körper finden. Das heißt allerdings nicht, dass Psychotherapie nichts mit dem Körper und die Behandlung des Körpers nichts mit der Psyche zu tun habe. Beide hängen miteinander zusammen.
»Shen« (als Begriff) der TCM unterscheidet sich von der Verwendung des Wortes »Psyche« in der modernen Psychologie, indem es zwar psychische Aktivität, vielmehr jedoch die essenziellen Lebensaktivitäten darstellt. Im Huangdi Neijing wird »Shen« als der innere Antrieb, der Ursprung der Lebensaktivitäten bezeichnet. Nur durch »Shen« ergeben sich Funktionen und Vitalität, nur so die Aktivitäten des täglichen Lebens. Das Huangdi Neijing bezeugt weiter, dass man stirbt, wenn das »Shen« verloren geht, und lebt, wenn »Shen« gewonnen wird. Übertragen auf die Behandlung einer Krankheit betont die TCM die Wichtigkeit der Behandlung des Shen als Beginn jeglicher Behandlung. Sie ähnelt der Psychotherapie in der modernen Schulmedizin, die somatische und psychische Behandlungsformen unterscheidet, adressiert jedoch nicht nur psychische Beschwerden. Die klinische Praxis zeigt, dass die Chinesische Truhe nicht nur diverse psychischen Störungen gut behandeln kann, sondern auch diverse, in der modernen Schulmedizin als somatisch klassifizierte Krankheiten. Die Wirkmechanismen sind daher nicht auf die psychische Ebene beschränkt.
1.3.2Vertiefende Imagination und Ruhen
Cunxiang, die intensive Imagination, zeichnet sich als eine dynamische und sukzessiv vertiefende Imagination bestimmter Bilder aus. Mit der Chinesischen Truhe wird Cunxiang in die Psychotherapie eingeführt. Anhand einer Reihe gut handhabbarer Fragen wird der Klient angeleitet, Symbol und Träger mental von abstraktem Denken über das bildliche Denken zum konkreten Denken hin zu vertiefen, sodass Symbol und Träger vom »Wahrnehmungsbild« zum »Objektbild« übergehen. Dies führt über eine Imagination, wie sie in der modernen Psychologie beschrieben ist, hinaus und verstärkt die Wirkung der symbolischen Behandlung.
Der Unterschied zwischen Imagination in der Psychologie und Cunxiang im mentalen Training liegt in der Unterscheidung von »Wahrnehmungsbild« zu »Objektbild«, von bildlichem Denken zu konkretem Denken.
Mit der Chinesischen Truhe werden Symbol und Träger im Prozess des »Cunxiang« dynamisch bearbeitet, wobei vielfältige Interventionsmöglichkeiten angeboten werden. Die Veränderung der psychischen Realität des Klienten im Behandlungsverlauf erscheint so unbegrenzt. »Cunxiang« stellt insofern eine methodische Ergänzung zur Psychotherapie dar, während das Ruhen als Erweiterung des Therapieziels zu sehen ist.
Psychotherapeutisches Vorgehen