Essentielles Sein. A.H. Almaas

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Essentielles Sein - A.H. Almaas

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gelebt. Ihr seid nicht die Gefühle oder die Gedanken oder der Inhalt eures Bewußtseins. Nichts davon ist das, was und wer ihr seid. Ihr seid die Fülle eures Seins, die Substanz eurer Präsenz.

      Wer bin ich?

      Vor einiger Zeit habe ich die Frage gestellt: „Warum seid ihr hier?“ Bei einer anderen Gelegenheit habe ich gefragt: „Seid ihr hier?“ Ich weiß nicht, ob ihr bei diesen Fragen geblieben seid und sie für euch selbst untersucht habt. Heute werde ich eine dritte Frage stellen, die eine natürliche Weiterentwicklung dieser Fragen ist: „Wer seid ihr?“

      Die Antwort auf diese Frage ist keine Formulierung. Wenn also euer Kopf eine herbeizaubert, dann beachtet sie nicht. Wir werden erforschen, ob es möglich ist, die Frage zu beantworten: „Wer bin ich?“ Ich werde euch keine Antworten geben, aber ich werde euch helfen, die Untersuchung zu führen, indem ich euch Fragen stelle, und ihr könnt sie erforschen, während wir sprechen.

      Man sagt immer: „Ich bin ...“ und „Ich möchte ...“; wir wollen also sehen, was „ich“ ist. Wir setzen nicht von vornherein voraus, daß es so etwas wie ein „Ich“ gibt. Wir wollen nicht mit Annahmen beginnen. Wir gehen also nicht davon aus, daß es eine Antwort gibt oder daß es eine einzige Antwort gibt oder daß es keine Antwort gibt. Wir gehen nicht davon aus, daß die Antwort, wenn es eine gibt, in Worten ausgedrückt werden kann. Wir wollen für alle Möglichkeiten offen sein. Wir wollen die Frage in vollkommener Offenheit stellen, bei einer vollkommenen Abwesenheit von Annahmen. Diese Untersuchung wird allein auf unserer Neugier und auf unserem Interesse beruhen, die Wahrheit zu finden. Was ist die Wahrheit, die es hier für euch gibt?

      Wenn ihr fragt: „Wer bin ich?“, dann fällt euch vielleicht etwas ein wie: „Ich bin derjenige, der dies und jenes getan hat.“ Oder: „Ich bin einsfünfundachtzig groß.“ oder: „Ich wiege sechundsiebzig Kilo.“ Feststellungen, Bilder und Wahrnehmungen kommen euch vielleicht in den Sinn. Wir sagen nicht, daß ihr all das nicht seid, wir wollen vielmehr erforschen, ob ihr das seid oder nicht.

      Wir gehen nicht von der Annahme aus, daß ein Selbst gefunden werden kann, oder daß man es, wenn es gefunden werden kann, beschreiben kann. Wir wollen untersuchen, wer ihr seid - ob es wirklich so etwas gibt, und wenn es so etwas gibt, was es ist und ob man es kennen kann. Ihr denkt wahrscheinlich: „Natürlich habe ich ein Selbst, und ich weiß, was es ist, oder wenn ich es nicht weiß, dann werde ich es eines Tages wissen.“ Ich sage euch also, geht nicht von dieser Annahme aus. Ihr sagt: „Moment mal, was ist dann noch übrig?“ Nichts ist übrig - das ist der Punkt.

      Ihr merkt, wir gebrauchen die Wörter „Ich“ und „Selbst“, und wir denken, fühlen und verhalten uns, als gäbe es hier etwas, daß unser „Selbst“ ist. Wir haben schon ein Gefühl oder eine Ahnung, daß es ein „Selbstsein“ (selfhood) gibt, daß es ein „Ichsein“ (me-ness) gibt. Jetzt wollen wir untersuchen, was es mit diesem Gefühl eines Selbst auf sich hat. Was ist dieses Gefühl, eine Person, ein Selbst, eine Identität zu sein? Worauf bezieht ihr euch, wenn ihr sagt: „Ich bin“, „Ich möchte“, „Ich mag“, „Ich mache“ oder „Ich mache nicht“?

      Ihr habt in der Vergangenheit vielleicht eine Erfahrung gehabt und dabei das Gefühl gehabt: „Das bin ich.“ Vielleicht hat das gestimmt, vielleicht nicht. Auch wenn es stimmt ist, daß ihr euch damals selbst erkannt habt, habt ihr jetzt vielleicht ein anderes Selbst. Wir wollen wissen, was eure Erfahrung jetzt ist. Wir wollen genau hier sein, genau in diesem Moment. Laßt uns erforschen, was wir glauben, statt es ungeprüft vorauszusetzen. Wenn ihr erfahren habt, was ihr als euer wahres Selbst wahrnehmt, dann kann es leicht sein, daß ihr denkt: „Ich habe mich selbst erfahren und das ist es. Von jetzt an werde ich immer glücklich sein.“ Gut, das kann sein, aber wir wollen wissen, wie es genau jetzt ist. Könnt ihr die Frage mit Bestimmtheit beantworten, ihr selbst in genau diesem Moment, wenn ihr fragt: „Wer bin ich?“

      Etwas, das uns bei unserer Untersuchung helfen kann, ist, das Gefühl von „Ich“, das Gefühl eines Selbst, mit dem zu verbinden, was man „Identität“ oder „Identifikation“ nennt. Herausfinden, wer ihr seid, heißt in erster Linie eure Identität finden. Ihr könnt die Verbindung zwischen Identität und Identifikation sehen, wenn ihr eure Erfahrung irgendeines Augenblicks betrachtet und seht, daß ihr euch genau in dem Moment mit etwas identifiziert, daß ihr euch für etwas Bestimmtes haltet. Ihr seid euch dessen, wofür ihr euch haltet, vielleicht nicht bewußt, aber in jedem Moment haltet ihr euch für etwas oder für jemanden.

      Wir wollen also untersuchen, für was oder für wen ihr euch in jedem Moment haltet, und es hinterfragen. Seid ihr das wirklich? In jedem Moment gibt es eine Identifikation, in gewissem Sinn das Empfinden eines Selbst: „Ich schaue zu“ oder „Ich sitze“. Wenn ihr „ich“ sagt, dann ist dieses „Ich“ an etwas gebunden. Ist das, woran ihr das „Ich“ festmacht, das, was ihr wirklich seid?

      Wenn ihr zum Beispiel meditiert – wer meditiert dann? Wer sitzt in diesem Moment? Seid eurer Erfahrung gewahr. Schaut, ob ihr diese Frage beantworten könnt. Was ist es, woran ihr das „Ich“ festmacht? Wer bin ich, der sitzt? Mit größter Wahrscheinlichkeit werdet ihr sehen, daß ihr das „Ich“ an eurem Körper festmacht. Es ist der Körper, der sitzt. Wenn ihr also sagt „Ich sitze“, sagt ihr dann damit nicht: „Ich bin der Körper“? Ihr haltet euch nicht für ein Gefühl oder eine Wahrnehmung, weil Gefühle nicht sitzen, weil der Geist (mind) nicht spazierengeht. Der einzige Teil, der sitzt, geht und sich bewegt, ist der Körper.

      Wir sehen, daß die Identifikation mit dem Körper mächtig und beständig ist. Sie ist viel subtiler und tiefer, als wir uns gewöhnlich vorstellen. Natürlich können sich manche Menschen nichts anderes vorstellen - „Was könnte ich denn sonst sein?“ Es ist nicht leicht, die Identifikation mit dem Körper aufzulösen, weil wir uns unser ganzes Leben lang für unseren Körper gehalten haben. Ich sage nicht, daß ihr irgendetwas tun müßt, um das zu ändern; ihr sollt euch nur bewußt sein, daß das der Fall ist. Seid ihr euch wirklich bewußt, daß ihr glaubt, euer Körper zu sein?

      Wenn wir „mein Körper“ sagen, wem gehört dann der Körper? Wenn ich „ich selbst“ (myself) sage, dann ist das genauer, aber was genau bedeutet das? Wer ist es, der einen Körper hat und ein Selbst hat? Wen meint ihr, wenn ihr sagt: „Ich habe einen Körper“? Was ist das „Ich“? Es macht keinen Sinn zu sagen: „Ich habe ein Ich“ oder „Selbst hat ein Selbst“. Gibt es ein großes Selbst, das ein kleines Selbst hat?

      Verwirrt euch das? Das ist gut. Ihr seid verwirrt, und die ganze Zeit habt ihr gedacht, ihr wüßtet. Ein Grund für diese Untersuchung besteht darin, euch zu zeigen, daß ihr nicht wirklich wißt.

      Seht euch jetzt selbst, wie ihr da sitzt und schaut. Wer schaut? Beobachtet jetzt einmal nur euch selbst, wie ihr sitzt und schaut. Was schaut? Was erfahrt ihr? Ihr sagt: „Also ich schaue durch meine Augen und denke in meinem Kopf.“ Was schaut mit euren Augen? Was denkt in eurem Kopf? Was glaubt ihr, was ihr seid?

      Ihr seid eine Präsenz, die da sitzt. Was ist die Präsenz, die ihr erfahrt? Hat sie eine Form? Sehr wahrscheinlich seht ihr gleich, daß die Form eurer Präsenz die Form eures Körpers zu sein scheint. Auch wenn ihr nicht glaubt, euer Körper zu sein, definiert die Form eures Körpers wenigstens, wer ihr seid. Wir wollen damit nicht sagen, daß diese Identifikation schlecht oder falsch ist. Das wissen wir nicht. Wir wollen einfach erforschen - ist das wahr?

      Ihr könnt die Untersuchung weiterverfolgen, indem ihr eure gegenwärtige Erfahrung betrachtet. Was ist für euch „ich“?, Was glaubt ihr in eurer Erfahrung genau dieses Moments was ihr seid? Wenn ihr euch bewußt werdet, daß ihr euch selbst für den Körper haltet, dann führt das Bewußtsein der Identifikation gewöhnlich zu deren Auflösung. Ihr fangt an zu sehen, daß ihr vielleicht doch nicht der Körper seid. Was seid ihr dann?

      Wenn

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