Kommunikationswissenschaft. Wolfgang Sucharowski
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SymbolDie arbiträr angelegten Zeichen klassifiziert Peirce als Symbole. Sie können nur funktionieren, wenn der Benutzer aufgrund speziellen Wissens über den Gebrauch des Zeichens von der Zeichengestalt her eine Beziehung über das vorgestellte zum vorfindlichen Objekt herstellen kann. Das setzt einen konventionell angelegten Gebrauch voraus, so dass Nutzer aufgrund des Zeichens auf dasselbe Objekt schließen können, wenn sie die Konventionen kennen, die an den Zeichengebrauch geknüpft sind. Sprache ist dafür das typische Beispiel und die verschiedenen Buchstaben oder Buchstabiersysteme als Morse- oder Flaggenalphabet.
Erklärung
Zeichen leben von der Interpretationsleistung ihrer Benutzer. Diese müssen über Wissen und Erfahrungen im Umgang mit kommunikativen Situationen verfügen, welche ihnen erst die Möglichkeiten geben, aus Datenkonstellationen auf mögliche damit verbundene Zeichen schließen zu lernen. Wissenschaftlich ist der Zugang schwierig, weil faktisch sehr viele Daten mit unterschiedlicher Qualität im Spiel sind, die keineswegs in ihren Details und ihrer Wirkung erklärt werden können, vorausgesetzt sie werden überhaupt bewusst wahrgenommen. Die Herausforderung besteht zu klären, wie aus der vielfältigen Varietät kommunikativ gemeinsames Handeln arrangiert wird.
Der Gebrauch der ZeichenZeichenGebrauch
Das Besondere an Peirce ZeichendarstellungPeirce ist, dass er Zeichen nicht als etwas für sich Gegebenes begreift. Er entwickelte einen dynamischen Zeichenbegriff: Der Nutzer von Zeichen muss Daten, die er vorfindet, in ihrem Zeichencharakter erkennen. Geschwärzte Stellen auf einem Blatt müssen als Buchstaben, Buchstaben als Wörter, Wörter als Sätze und Sätze als Text interpretiert werden. Das Zeichen ist dabei immer ein Ergebnis eines Adaptionsprozesses, bei dem auf dem Hintergrund von Index, Ikon oder Symbol nach passenden Kontexten des Gebrauchs gesucht worden ist. Findet der Akteur einen solchen, kann er die Zeichen lesen und deuten, wobei er ständig herausgefordert ist zu prüfen, ob die gefundene Lesart und Deutung dem erarbeiteten Kontext standhält. Der Akteur wird so permanent mit dem Problem konfrontiert, die sich ihm auftuenden Ordnungen und möglichen Kontexte zu harmonisieren und zu koordinieren. Denn die Offenheit dessen, was als Zeichen erkannt wird, sichert einerseits die Dynamik und Flexibilität im Umgang mit Zeichen, schafft aber andererseits Unsicherheitspotential. Ein gutes Beispiel dafür ist der Umgang mit individuellen Handschriften.
RepräsentamenDer Zeichennutzer kann nach PeircePeirce das Repräsentamen als Rhema, Dicent und als Argument gebrauchen. Auf diese Weise versucht Peirce, Ordnungen zu charakterisieren, wie sie vor allem durch das Zeichensystem der Sprache nahegelegt werden. Deren Wirkmächtigkeit besteht darin, dass sie Objekte, oder allgemeiner formuliert, Entitäten der tatsächlichen oder gedachten Wirklichkeit benennen kann. Dafür werden in der Regel Wortphrasen benutzt. Die Sprache stellt ferner verbale Mittel zur Verfügung, mit denen Eigenschaften und Relationen bezeichnet werden können. So ist es möglich, Objekte zu klassifizieren, zueinander in Beziehung zu setzen und auf diese Weise Ereignisse und Sachverhalte zu besprechen.
Referenz und PrädikationReferenzPrädikationWir können mit sprachlichen Ausdrücken direkt auf Gegenstände hinweisen, sie zeigen und sie uns so verfügbar machen. Sprache erlaubt eine Referenzialisierung und eine Prädikation. Die Prädikation ist ein Akt der Zuschreibung von Eigenschaften, mit denen die Gegenstände charakterisiert werden. Prädikationen können nun aber von den Sprachnutzern aufgrund ihrer Sicht auf die Dinge unterschiedlich bewertet werden, sodass es die Möglichkeit zu ihrer Überprüfung geben muss.
RhemaRhema bezeichnet im Griechischen das Wort. Das Repräsentamen tritt dann als das einzelne Wort in Erscheinung. Es wird gebraucht, um den Bezug zu Objekten zu arrangieren, das geschieht oft durch Nominalphrasen, um Hinweise auf Referenzpunkte in der vorzustellenden Wirklichkeit zu geben. Peter schenkt seiner Schwester eine Blume. Die Wörter Peter, Schwester, Blume lösen Suchvorgänge aus, wir versuchen in einer vorfindlichen oder gedachten Welt Referenzpunkte für sie zu finden.
DicentDer Begriff Dicent leitet sich vom Verb dicere her und bezeichnet Reden. Peirce charakterisiert damit den Umstand, dass durch Äußerungen ein Reden über etwas tatsächlich Existierendes möglich ist. Die Referenzpunkte gewinnen für die Akteure erst Bedeutung, wenn sie auf etwas hin ausgerichtet für die Akteure Sinn erzeugen. Das Dicent oft als Verb realisiert erfüllt diesen Zweck, indem es tatsächliche oder gedachte Objekte in einen bestimmten Zusammenhang rückt und einen Wirklichkeitsanspruch damit verbindet. Der Satz Peter schenkt seiner Schwester Blumen. beinhaltet: Es gibt Peter und er hat eine Schwester und verfügt zum Zeitpunkt der Äußerung über Blumen, und die Blumen werden von Peter an die Schwester gereicht, so dass diese in den Besitz von Peters Schwester gelangen.
ArgumentArgumentMit dem Einbezug der argumentativen Ordnung geht Peirce über die Prädikation hinaus, denn einer Prädikation kann widersprochen werden. Geschieht das, bedarf es einer Bewertungsmöglichkeit. Mit dem Argument wird das Repräsentamen zur Möglichkeit, die dann die innere Logik und verknüpfte WahrheitsansprücheWahrheitsanspruch verbindet. Wenn eine Prädikation als Argument gedeutet wird, folgt sie einer neuen Ordnung. Betrachten wir die Äußerung: Peter schenkt seiner Schwester Blumen. Sie war so unglücklich. In ihr ist Peter jemand, der seiner Schwester etwas schenkt, und es gibt die Schwester von Peter, die zu diesem Zeitpunkt unglücklich ist. Beide Prädikationen können in ein logisches Verhältnis zueinander gebracht werden. Peter schenkt etwas, weil die andere Person unglücklich ist oder er schenkt etwas, damit die Beschenkte glücklich wird.
Erklärung
Um über Dinge miteinander reden zu können, nutzen wir Sprache. Sie erlaubt Aussagen über Gedachtes oder Vorfindliches und stellt dafür sprachliche Mittel zur Verfügung. Kommunikation wird sichtbar, wenn gegen die Aussagen Einspruch erhoben wird. Ein Dialog eröffnet sich und schafft einen Raum gegenseitiger Erfahrung.
Selbstvergewisserung des ZeichengebrauchsPeirceDie Ideen der Zeichentheorie von Peirce stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entwicklung von Kommunikationstheorien. Im Zuge der Aufarbeitung seiner Schriften wurde aber die Dialogizität von Zeichen als ein wichtiges Element für eine Kommunikationstheorie erkannt. Dialogizität beginnt nämlich nicht erst mit der Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, sondern setzt bereits mit der präkommunikativen Semiose ein. Bevor wir kommunikativ handeln, sprechen wir quasi probeweise zu uns selbst, um die Wirksamkeit der kommunikativen Handlung zu testen, denn
„[…] eine Person ist nicht völlig ein Individuum. Seine Gedanken sind das, was es sich selbst sagt, d.h. was es jenem anderen Selbst sagt, welches im Fluss der Zeit gerade in Erscheinung tritt.“ (Peirce CP, 421)
Im Alltag erleben wir immer, dass einem ein Wort begegnet, das man zwar zu kennen glaubt, bei dem man aber unsicher ist, ob es nicht auch andere Bedeutungen haben könnte. Entsprechend wird nach Gebrauchssituationen gesucht, in denen sich eine andere Lesart finden lässt. Wir versichern uns unseres Verstehens einer Sache, indem wir mithilfe der Zeichen unsere Erfahrungen prüfen, wie mit den Zeichen auch alternativ umgegangen werden könnte und ob es einen optimaleren Handlungskontext gibt.
Die ständige Benutzung von Zeichen schafft unter den Nutzern gemeinsame Hintergrunderfahrungen, sodass beim Auftreten bestimmter Zeichen feststellbar ist, ob diese zu den den Nutzern bereits bekannten Bezugsgrößen passen oder nicht. PeircePeirce beschreibt das Phänomen mit der Bemerkung, der Interpret habe es mit einer „Nachkopie dieses kopierten Fetzens“ zu tun und müsse wissen, wo genau in seinem Panorama des universellen Lebens er diese einfügen könne. (Peirce Mikrofilm 318, 194–195)
Verstehenshorizonte greifen zu kurz, wenn sie nicht mit anderen geteilt werden. Deshalb fordert Peirce vom Interpretanten, dass er nicht nur kognitiv seinen Standpunkt bestimmt, sondern zu klären versucht, was der Mit-Interpretant denken