Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen. Группа авторов

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Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen - Группа авторов Kompendium DaF/DaZ

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der Merkmale, das den Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist seine Fähigkeit zu differenzierter, sprachlicher Kommunikation. Sprache ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Entstehung und Weitergabe von Wissen und Kultur (Tradierungsfunktion). Weiterhin ermöglicht sie, anderen Menschen sowohl abstrakte als auch konkrete Sachverhalte etwas mitzuteilen sowie Gefühle, Stimmungen oder Meinungen mitzuteilen (Kommunikationsfunktion). Außerdem prägt sie die Beziehungen zwischen Personen (soziale Funktion) und eröffnet die Möglichkeit, diese zu beeinflussen. Sprache hilft uns, die Welt zu ordnen und Sachverhalte zu durchdenken (Kognitionsfunktion) oder uns völlig neue Sachverhalte zu erschließen (Erkenntnisfunktion). Sprache ist Mittel der Kreativität und Phantasie und des individuellen Ausdrucks (expressive Funktion). Die Funktion der Sprache wird durch den sprachlichen Ausdruck realisiert. Das bedeutet, dass die sprachliche Form sich ändert, wenn unterschiedliche Zwecke damit verbunden sind. Im Folgenden wollen wir uns ansehen, was das für die fachliche Kommunikation bedeutet.

      In den vorangegangenen Lerneinheiten haben wir uns damit befasst, was ein Fach ist und welche Bestandteile es beeinflussen. Dazu zählen die dort behandelten fachliche Gegenstände, Akteure und Situationen. Im Rahmen dieser fachlichen Umgebung erfüllt Fachsprache bestimmte Funktionen, die wiederum die Auswahl der sprachlichen Mittel bestimmt. Fachkommunikation hat häufig entweder deskriptive, direktive oder instruktive Funktionen. Deskriptive Textedeskriptive Texte beschreiben und erklären einen Sachverhalt möglichst objektiv und neutral. Wir finden diese Funktion bei Lehrbüchern ebenso wie bei wissenschaftlichen Abhandlungen. Direktive Textedirektive Texte hingegen verfolgen die Funktion etwas anzuweisen oder festzulegen, wie etwas getan werden soll, wie beispielsweise Vorschriften und Regelwerke. Instruktive Texteinstruktive Texte sind Anleitungen, Gebrauchsanweisungen und Schritt-für-Schritt-Darstellungen, deren Zweck es ist, mitzuteilen, wie etwas getan werden soll.

      Doch was ist eigentlich mit Funktion gemeint? Der Text? Oder vielleicht die Absicht, mit der dieser Text angefertigt wurde? An diesen Fragen lässt sich erkennen, dass wir hier genauer hinschauen müssen. Der kommunikative Zweck ist dabei ein wichtiger Gesichtspunkt, der bestimmt, welche DarstellungsverfahrenDarstellungsverfahren genutzt werden. Darstellungsverfahren wiederum prägen die Ausgestaltung unterschiedlicher Textsorten (vergleiche Möhn & Pelka 1984: 45). Das wollen wir uns an einem Beispiel ansehen: Denken Sie an die Kommunikation zwischen Fachleuten – beispielsweise zwei Forschern oder Forscherinnen unterschiedlicher Universitäten, die sich jeweils mit der Gestaltung eines neuen Bauteils zur Energieoptimierung befassen. Sie arbeiten an unterschiedlichen Standorten und kommunizieren miteinander in der Form von E-Mails, um sich über neue Forschungsergebnisse auszutauschen. Außerdem tauschen sie sich mündlich und schriftlich mit Werkstatt-Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus, die die Bauteile in der Praxis erproben. Die Erkenntnisse ihrer Forschungen vermitteln sie schließlich an Studierende.

      Abbildung 1.12:

      Funktionen der Fachkommunikation

      Wie sich an dem Beispiel erkennen lässt, ist der kommunikative Zweck hier ein deskriptiver. Dieser wird in unterschiedlichen TextfunktionenTextfunktionen umgesetzt, nämlich durch Informieren, Unterrichten und so weiter. Textfunktionen sind also bestimmte Absichten, die beim Verfassen des Textes im Vordergrund stehen. Damit verbunden sind verschiedene Textsorten (vergleiche Lerneinheit 1.2) wie das Lehrbuch, der wissenschaftliche Bericht etc.

      Die bisherigen Beispiele zeigen, dass Fachsprache in der Regel einer neutralen Form der Kommunikation dienen soll. Im Gegensatz zu Werbesprache und politischer Sprache soll sie nicht durch rhetorische Mittel überzeugen, sondern durch den ausgedrückten Inhalt. Das geht soweit, dass angenommen wird, dass Fachsprache insgesamt ein neutrales, für alle Menschen gleich verständliches Medium des fachlichen Austauschs sei. Das dies eine verkürzte Meinung ist, haben wir in Lerneinheit 1.1 erörtert. Trotzdem kann man für die Fachsprachen besonders folgende Bedingungen hervorheben, die sich in der sprachlichen Gestaltung wiederfinden lassen: Deutlichkeit, Verständlichkeit, Ökonomie, Anonymität und Identitätsstiftung (vergleiche Roelcke 2010: 25ff):

Deutlichkeit Fachsprachen sollen Inhalte darstellen, indem sie einen möglichst adäquaten Bezug zu fachlichen Gegenständen, Prozessen und Verfahren herstellen.
Verständlichkeit Fachsprachen dienen der möglichst fehlerfreien und eindeutigen Vermittlung fachlicher Inhalte. Der sprachliche Aufwand, mit dem fachliche Inhalte vermittelt werden, wird fälschlicherweise häufig mit minimalem Einsatz sprachlicher Mittel bei maximaler fachlicher Darstellung gleichgesetzt. Beide Größen müssen jedoch als veränderlich gesehen werden, da sie immer in Abhängigkeit von Produzierenden und Rezipierenden fachsprachlicher Kommunikation zu betrachten sind. Was für die eine Zielgruppe verständlich ist, ist für die andere nicht mehr nachvollziehbar.
Ökonomie Der Bezug zu fachlichen Gegenständen und Sachverhalten soll durch die Fachsprache unmittelbar hergestellt werden. Damit ist gemeint, dass Akteure außen vor bleiben und lediglich die Sachverhalte und die sie betreffenden Bestandteile oder Abläufe benannt werden. Dies gilt besonders für naturwissenschaftlich-technische Fachsprachen, die darum häufig im Passiv formuliert sind.
Anonymität Die mit der Ökonomie einhergehende Anonymität ist keine Unterstützung der Darstellungsfunktion von Fachsprache, sondern beruht auf der historischen Entwicklung der Fachsprache als objektive, nicht an menschliche Erfahrung gebundene Darstellung von Welt. Fachsprachen sollen Gegenstände so darstellen, dass sie allgemeingültig wirken und von einzelnen Personen oder Orten unabhängig sind.
Identitätsstiftung Wie bereits erwähnt, sind Fachsprachen an Personenkreise gebunden, die mit ihnen über bestimmte Gegenstände kommunizieren. Damit stellen Fachsprachen Gruppensprachen dar, und ihre Beherrschung definiert die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft derer, die über einen Kenntnisbereich kommunizieren (vergleiche Lerneinheit 1.2).

      Tabelle 1.1:

      Kriterien für Fachsprachen

      Mit der identitätsstiftenden Funktion von Fachsprache wird darauf Bezug genommen, dass Menschen bestimmte sprachliche Repertoires haben und nutzen, die als eine Art Ausweis oder Zugehörigkeitsbeleg der jeweiligen Gruppe dienen. Damit wollen wir uns im nächsten Kapitel befassen.

      1.3.2 Varietäten, Register und Genres von Fachsprachen

      Da Fachsprachen Gruppen voneinander abgrenzen, sind sie als Subsprachen bestimmt, die sich von anderen Subsprachen mehr oder weniger stark unterscheiden. Der Begriff VarietätVarietät umfasst

      ein sprachliches System, das einer bestimmten Einzelsprache untergeordnet und durch eine Zuordnung bestimmter innersprachlicher Merkmale einerseits und bestimmter außersprachlicher Merkmale andererseits gegenüber weiteren Varietäten abgegrenzt wird. (Roelcke 2010: 16)

      Die außersprachlichen Merkmale können sein: geografisch-regional, sozio-demographisch, historisch und so weiter. Ein bestimmter räumlich gebundener Dialekt ist ebenso eine Varietät einer Sprache wie die Kommunikation unter Jugendlichen (Jugendsprachen) oder unter Fachleuten (Fachsprachen). Diese sozial oder räumlich definierten Gruppensprachen sind innersprachlich durch eine bestimmte Lexik, Syntax, Lautung, Schrift und Textgestaltung charakterisiert. Da Fachsprachen Gruppensprachen sind, stellt die soziale Komponente des Varietätsbegriffs eine wichtige Funktion dar: Durch den Gebrauch der Fachsprache zeigen sich Fachleute der jeweiligen Disziplin zugehörig. Wer in einer fachlichen Gruppe nicht angemessen kommunizieren kann, wird von

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