Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen. Группа авторов

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Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen - Группа авторов Kompendium DaF/DaZ

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unter anderem die Lerneinheit 4.1 zum Thema Bildungssprache).

      Sehen wir uns folgendes Beispiel an:

      Abbildung 1.13:

      E-Mail-Beispiel

      Der betreffende Student hat einen Ausdruck gewählt, der bei den Adressaten oder Adressatinnen der Mail – seinen Dozentinnen und Dozenten – nicht wohlwollend angekommen ist. Hier hat sich der Absender der E-Mail (abgesehen von Problemen in Satzbau und Wortschatz) im Ton vergriffen. Formen wie Wissen Sie, Ich muss für Konferenz arbeiten. Ich habe viel zu tun. haben den Anschein, der Absender nähme sich selbst ziemlich wichtig. Dieser Eindruck von Unhöflichkeit und Frechheit dürfte seitens des Schreibers nicht intendiert sein, immerhin möchte er etwas vom Adressaten – der kommunikative Zweck wird wahrscheinlich eine respektvolle Anfrage gewesen sein. Im Regelfall wird eine solche Mail wohl einfach unbeantwortet bleiben. Der Verfasser verwendet nicht die passende Varietät beziehungsweise die betreffende Varietät ist nicht Teil seines persönlichen RegistersRegister, was die Kommunikation erschwert oder gar zunichtemacht.

      Der Begriff Register bezieht sich auf Varianten einer Sprache, im Unterschied zu Varietäten steht jedoch die individuelle Nutzung des Sprachgebrauchs im Vordergrund. Varietäten beziehen sich auf die Unterschiede der jeweiligen Nutzer und Nutzerinnen von Sprache (Herkunft, Alter, soziale Schicht und so weiter), Register hingegen auf die Anforderung der jeweiligen Situation, in der Sprache verwendet wird (vergleiche Hess-Lüttich 1999: 208). Eine Person verfügt über unterschiedliche sprachliche Register, die je nach Situation und Kontext gezogen werden können. Wenn jemand zum Beispiel mit einem Familienmitglied kommuniziert, wird er oder sie eine andere sprachliche Form wählen, als wenn er oder sie mit einem Vorgesetzten in Kontakt tritt. Diese Unterschiede betreffen wieder die Wortwahl, die Grammatik, den Satzbau und ähnliches. Registerkompetenz meint, dass ein Mensch seine unterschiedlichen Register zielgerichtet, adressatengerecht und zweckorientiert einsetzen kann. Damit gehen Höflichkeit, Gewandtheit und Eloquenz einher – ein Mensch, der registerkonform kommuniziert, fällt in einer Gruppe nicht negativ auf und erreicht die Ziele, die er sprachlich verfolgt, deutlich problemloser, als jemand, der nicht registersicher ist.

      Bedeutsam bei der Vorstellung unterschiedlicher sprachlicher Register ist, dass diese nicht auf eine einzige Sprache beschränkt sind. Mehrsprachige Personen verfügen häufig in ihren verschiedenen Sprachen über unterschiedliche Registerkompetenzen. Eine Person, die ausschließlich in einer ihrer Fremdsprachen studiert hat, kann akademische Themen und Diskurse unter Umständen nicht in ihrer Muttersprache ausdrücken. Dafür hat dieselbe Person Schwierigkeiten, Begriffe und Kontexte des häuslichen Zusammenlebens in der Fremdsprache zu kommunizieren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Menschen ein Register nur erwerben, wenn sie darin auch sprachlich handeln. Die Person, die auf Deutsch studiert und lernt, Referate hält und Arbeiten schreibt, lernt damit auch die Registerausprägungen in dieser Sprache. Damit verbunden werden bestimmte GenresGenre und Textsorten erlernt, die für einen fachlichen oder sozialen Zusammenhang maßgeblich sind.

      Genres können als spezialisierte Formen des Diskurses, die bestimmten Traditionen, Konventionen und Erwartungen entsprechen, beschrieben werden (vergleiche Vollmer 2009: 5). Zentral dabei ist, dass Genres immer in spezifische soziale Situationen eingebettet sind. Es handelt sich um sprachliche Ausprägungen, die eine spezifische, festgelegte Form haben, mit einer bestimmten Bezeichnung versehen sind und spezifische Charakteristika beinhalten, die sie strukturieren und von anderen abgrenzen. Dazu zählen zum Beispiel eine bestimmte Örtlichkeit, in der das Genre Anwendung findet, Personen, die daran beteiligt sind, oder ein spezielles Medium. Genres werden einerseits von Aspekten wie der sozialen Situation, dem Kommunikationsziel, der medialen Form und der Art der sozialen Interaktion bestimmt, andererseits gründet sich auf ihnen auch die Art, wie kommuniziert und interagiert wird. Im Rahmen eines Gebets wird das Ziel verfolgt, sich an ein höheres Wesen zu richten. Die mediale Form ist häufig so gestaltet, dass ein Priester oder eine Priesterin das Gebet in der Gruppe spricht und die Gläubigen entweder leise oder lautlos mitsprechen oder zuhören.

      Wie wir in den vergangenen Lerneinheiten gesehen haben, sind Fachsprachen durch ihre Funktions- und Gruppenbezogenheit gekennzeichnet. So entstehen unterschiedliche Genres innerhalb der Fachsprachen, die sich durch ebenso individuelle Strukturen und Formen auszeichnen, wie wir das eben anhand der nicht-fachlichen Genres behandelt haben. Aufgrund dieser strukturellen Fixiertheit sind die fachlichen Genres auch für Laien, wenn schon nicht nachvollziehbar, dann doch zumindest erkennbar. Da Genres fest mit sozialen Situationen verbunden sind, in denen sie eine Rolle spielen, sind in bestimmten Situationen nur bestimmte Genres wählbar. In einigen Genres von Fachsprachen dominieren elliptische Strukturen, zum Beispiel in Fahrplänen oder Durchsagen an das Personal in Kaufhäusern. Die Äußerung Lokführer 70667 Anschluss 1665 entspricht einem Imperativ, der dem Lokführer der Regionalbahn von Bayreuth nach Weiden über Kirchenlaibach mitteilt, dass er die Ankunft des ICE aus Nürnberg abzuwarten habe (Beispiel aus Roche 2003: 149). Auch hier ist der Zweck der Kommunikation die Form für die sprachlichen Mittel. Möglichst kurz und eindeutig sollen Informationen von Fachleuten für Fachleute übermittelt werden. Das jeweilige Genre dient als eine Art Raster, dem bestimmte Merkmale von vornherein zugeordnet sind (wer, was, wo, warum, wie), und teilt den Beteiligten mit, was sie zu erwarten haben und welche Verhaltensmuster von ihnen gefordert sind. Gleichzeitig prägt das Wissen über Genres unsere Vorerwartung, die wir an einen Text haben.

      Im Gegensatz zum Register wird im Genrebegriff also die Verarbeitung durch die Rezipienten mitgedacht. Ist ein Text nicht registerkonform, wirkt das irritierend. Das wollen wir uns an einem Beispiel ansehen:

      Rotkäppchen 1

      Als in unserer Stadt wohnhaft ist eine Minderjährige aktenkundig, welche infolge ihrer hierorts üblichen Kopfbedeckung gewohnheitsrechtlich "Rotkäppchen" genannt zu werden pflegt. Vor ihrer Inmarschsetzung wurde die R. seitens ihrer Mutter über das Verbot betreffs Verlassens der Waldwege auf Kreisebene belehrt. Sie machte sich infolge Nichtbeachtung dieser Vorschrift strafbar und begegnete beim Überschreiten des diesbezüglichen Blumenpflückverbotes einem polizeilich nicht gemeldeten Wolf ohne festen Wohnsitz. Dieser verlangte in unberechtigter Amtsanmaßung Einsicht in den zum Transport von Konsumgütern dienenden Korb und traf zwecks Tötungsabsicht die Feststellung, dass die R. zu ihrer verwandten und verschwägerten Großmutter eilends war. Da bei dem Wolf Verknappungen auf dem Ernährungssektor vorherrschend waren, beschloss er, bei der Großmutter der R. unter Vorlage falscher Papiere vorstellig zu werden. Da dieselbe wegen Augenleidens krankgeschrieben war, gelang dem Wolf die diesfällige Täuschungsabsicht, worauf er unter Verschlingung der Bettlägerigen einen strafbaren Mundraub ausführte. Bei der später eintreffenden R. täuschte er seine Identität mit der Großmutter vor, stellte der R. nach und durch Zweitverschlingung derselben seinen Tötungsvorsatz unter Beweis. …

      Rotkäppchen 2

      Für das aus der Reaktion eines unbekannten Chemikers mit seinem weiblichen Reaktionspartner, der im folgenden kurz mit dem Trivialnamen Mutter bezeichnet wird, hervorgegangene Produkt hat sich in der internationalen Nomenklatur der Name ’Rotkäppchen’ allmählich durchgesetzt, da das seinen Kopf bedeckende Kunstfasergewebe mit dem roten Phenazinfarbstoff Safranin gefärbt war. Aus einer Veröffentlichung in Carnevalistica Chimica Acta 11,11 entnahm die Mutter, dass der weibliche Reaktionspartner der Reaktion, bei der sie ihrerseits gebildet worden war – im folgenden mit Großmutter bezeichnet – einem Angriff von Stoffwechselprodukten von Bakterien ausgesetzt war. Die Großmutter reagierte exotherm, was an einer negativen Reaktionswärme zu erkennen war, die von ihrer Oberfläche an die sie umgebende Gasphase abgegeben wurde. Zur Erhöhung ihrer Aktivierungsenergie hatte sich die Großmutter auf einem sonst zu Recreationszwecken des menschlichen Körpers dienenden Gestell ausgebreitet. Die Mutter entnahm ihrer Chemikaliensammlung einige Flaschen mit Reagenzien, die geeignet waren, die schädlichen bakteriellen Stoffwechselprodukte nebst ihren Präparatoren aus der Großmutterlauge

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