Eros und Logos. Группа авторов

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Eros und Logos - Группа авторов Popular Fiction Studies

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Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. 5, J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar, 2008.

      Lothar Noack, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616–1679): Leben und Werk, Max Niemeyer, Tübingen, 1999

      Wilhelm Haertel, Johann von Besser. Sein Leben und seine Werke, Felber, Berlin, 1910.

      Franz Heiduk, Die Dichter der galanten Lyrik. Studien zur Neukirchschen Sammlung, Francke, Bern, 1971.

      John B. Hall (Hrsg.), Claudii Claudiani carmina, Teubner, Leipzig, 1985.

      Sabine Horstmann, Das Epithalamium in der lateinischen Literatur der Spätantike, Saur, München/Leipzig, 2004.

      Peter Lüdemann, Virtus und Voluptas. Beobachtungen zur Ikonographie weiblicher Aktfiguren in der venezianischen Malerei des frühen Cinquecento, Akademie-Verlag, Berlin, 2008.

      Dirk Niefanger, „‚Allzu freye Gedancken.‘ Zur Sexualrhetorik in der Neukirchschen Sammlung“, in: Daphnis, 38 (3/4), 2009, S. 673–693.

      Dirk Rose, Conduite und Text. Paradigmen eines galanten Literaturmodells im Werk von Christian Friedrich Hunold (Menantes), Walter de Gruyter, Berlin/Boston, 2012.

      Peter Stocker, Theorie der intertextuellen Lektüre, Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1998.

      Theodor Verweyen/Gunther Witting, Einfache Formen der Intertextualität. Theoretische Überlegungen und historische Untersuchungen, Mentis, Paderborn, 2010.

      „Was ist erquickender als sch

ne Brust-Granaten“

      Barocke Gelüste und lyrische Brüste oder

      Zu erotischen Gedichten des Barock

      Wolfgang Brylla (Zielona Góra)

      „Eröffne mir das Feld der Lüste, /

      Entschleuß die wollustschwangre Schooß,“

      (Johann Christian Günther)

      Barocke sexuelle Revolution

      Auf dem Gemälde des italienischen Malers Bartolomeo Passerotti, Die verrückten Liebenden – Ende des 16. Jahrhunderts entstanden –, fasst von seiner Physio­gnomie her eher ein ruppig, fast eklig aussehender Mann die ausgemergelte nackte Brust seiner weiblichen Partnerin an. Beide Figuren entsprechen nicht dem damals gängigen Schönheitskanon und -ideal. Passerotti entwirft und skizziert eine Mann-Frau-Konstellation, die von Kargheit und einer Unästhetik des Schönen geprägt ist, die wiederum im völligen Gegensatz steht zu den Werken von bspw. Velasquez – erwähnt sei bspw. Die Venus mit dem Spiegel – oder Rubens mit seinen Venusvorstellungen, in denen füllige aneinandergereihte Frauenkörper in Feierlaune ausgiebig und unbeschränkt ihren Lüsten freien Lauf lassen.1 In der Zusammenstellung dieser und ähnlicher barocken Bilder wird die innere Zerrissenheit der Epoche und das für sie so charakteristische Merkmal der Kontrastivität und Diffusität offensichtig.2 Es gibt keine einzige Norm und keine einzig geltende Kunstregel, an die man sich hat halten müssen, obwohl Johann Christoph Gottsched und seine anderen aufklärerischen Gleichgesinnten im 18. Jahrhundert eben die Normativität des Barock und dessen kodifizierte Schemenpoetik scharfer Kritik unterzogen3; der Schaffenskraft und dem Interpretationstrieb sind keine Grenzen gesetzt, der Mensch des 17. Jahrhunderts legt die Moralfesseln ab und fängt an, ein Leben zu führen, das man als freizügig bezeichnen könnte. Vor kurzer Zeit hat der britische Historiker Faramerz Dabhoiwala bewiesen, dass es in der Barockzeit zu einer Art sexuelle Revolution gekommen sei, in der Sexualität und Kopulation zu einer privaten Angelegenheit wurden, die nicht von höheren weltlichen oder sakralen Instanzen gesteuert worden wären.4 Sex wurde nicht mehr aus der Perspektive der Religion, sondern aus der Perspektive des persönlichen Welt- und Anschauungsbildes betrachtet, was heißt, dass die Kirche(n) in Sachen Sexualmoral keine relevante Rolle mehr spielte(n), sondern in den operativen Handlungshintergrund gerückt ist/sind, aus dem sie keinen Einfluss mehr auf die Ausübung der rechten und der natürlicherweise aus dem Blickwinkel der Kirche korrekten Sexualität hat(te). Der im und durch den Barock ausgelöste Sexboom fand seinen Niederschlag in der Kunst, wenn er nicht sogar von der Kunst – der Malerei, der Poesie – mit eingeleitet wurde.5 Schaut man auf die Unmenge von Gedichten, die in dieser Zeit verfasst worden sind, und vergleicht sie unter anderem mit den typischen barocken christlichen Lyrik-Texten, in denen Gott gehuldigt wurde, fragt man sich eigentlich, um es salopp auszudrücken, wie „deftig“ war eigentlich das Perlen-Zeitalter? Denn in vielen der Gedichte, die man in der Regel dem Barock zuschreibt und die in diesem Geiste geschrieben wurden, sind Szenen zu finden, die nicht nur an zarte Erotik und außergewöhnliche Sexualität erinnern, sondern auch in Richtung Perversität oder Gewaltmissbrauch gehen. Man orientierte sich nicht an Vorschriften, stattdessen schuf man sich neue, die einerseits sich auf das vorhandene Verhaltens-Reglement und das etablierte Weltkonstrukt beziehen, andererseits damit auch bewusst brechen und im Endeffekt in einem dialektischen Verhältnis stehen. Quasi antithetisch profiliert sich die deutsche Barocklyrik, indem sie mit Gegensätzen und textlichen Referenzen gezielt spielt, Stoffe und Inhalte ummodelt, um letztendlich die vonstatten ge­hende oder schon stattgefundene Bruchsituation offen zu legen. Mehr oder weniger wird im Barock der Reflex der sexuellen Befreiung und Neubestimmung antizipiert, der für die Nach-Moderne prototypisch und symptomatisch erscheint. Auch die Sprache, trotz eines 300 bzw. 400 Jahre langen Abstandes, ist ähnlich, die Metaphern und Symbolsemantik sowie -semiotik, die zur Verbildlichung und Darstellbarkeit des Sexparadigmas zu Rate gezogen werden, fußen auf demselben verbalen Kern. „Schönes Fräulein Lust auf mehr / Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr / Schnaps im Kopf du holde Braut / Steck Bratwurst in dein Sauerkraut“, singt die Band Rammstein in dem lange indizierten Song Pussy. Dieses „Steck Bratwurst in dein Sauerkraut“, das ein eindeutiges Szenario vor Augen führt, hat einen barocken Vorläufer, und zwar bei Georg Rodolf Weckherlin, der in Garten Buhlschafft / oder Kraut Lieb auch eine sexuelle Annährung beschreibt:

      Liebstöckel mögen wir auch wagen /

      Dieweil sie gut für die / die blaich /

      So stöck es tief in das Glidweich.

      Glidkraut mein glid mit lust durchdringet /

      Wan es kein Muterkraut mit bringet:

      Auch leb vnd süß ist die Manstrew /

      Mit Zapfen-kraut die frewd wirt new: […]6

      Wenn man Weckherlins Lyrik, also die eines Dichters an der Schwelle zum 17. Jahrhundert, als ästhetisch hochwertig bewertet – so die Tendenz –, da sie unter anderem in den kleinen Reclam-Gedichtband zum Thema Erotik herausgegeben von Harry Fröhlich aufgenommen wurde, dann müsste dasselbe Prinzip auch für die Industrial Metal-Band aus Ostberlin gelten. Überhaupt ist das Relationsgeflecht zwischen Rammstein und den Barockdichtern ziemlich eng gesponnen, es gibt Berührungspunkte und Überschneidungsflächen. So ist das Cover von Liebe ist für alle da eine Hommage an Rembrandt und an Rubens, die auf eine visuell-plastische Art und Weise mehrfach zitiert werden. „Ich schleich mich an / Und rede fein / Wer ficken will / Muss freundlich sein“ heißt es in Liebe ist für alle da; ein ganz ähnlich anmutendes Diktum findet sich ebenfalls bei Weckherlin, bei dem die Redegewandtheit des jungen Mannes zum sexuellen Akt führen soll:

      Ach! was empfind ich in dem hertzen /

      Sprach sie / ich antwort / laß vns schertzen:

      Je läng’r je lieber bist du mir /

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