Eros und Logos. Группа авторов

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Eros und Logos - Группа авторов Popular Fiction Studies

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Strophe bewegt sich der Blick weg von der Badewanne hin zu den Pflanzen und Geschöpfen auf der Wiese, wo überall Freude und Zufriedenheit herrschen, weil der Winter verschwunden ist und dem lieblichen Mai gewichen ist, worauf alles wieder zu wachsen und zu sprießen beginnt. Erotik und Sexualität durchdringen diese Welt, die kaum deftiger beschrieben werden könnte, ohne ins Obszöne abzugleiten.

      Beim folgenden Gedicht, Kl. 76 Ain graserin durch küelen tou, wird man dies aber nicht mehr so sicher betonen wollen, denn der Dichter bedient sich nun einer kaum noch verhüllten Metaphorik, insoweit als die Arbeit beim Heumachen direkt zum sexuellen Austausch überspringt: „Ain graserin durch küelen tou / mit weissen blossen füesslin zart / hat mich erfreut in grüener ou; / dast ir sichel braun gehart“ (1–4). Nachdem der Liebhaber ihr geholfen hat, das Gatter zu richten – eine Metapher, die sich mühelos in ihrer Anspielung ausdeuten lässt –, bemerkt er, dass ihm die Zeit lang wird und es ihn danach dürstet, ihr erneut seinen Dienst anzubieten: „mein häcklin klain hett ich ir vor / embor zu dienst gewetzet, / gehetzet, netzet; wie dem was, / schübren half ich ir das gras“ (14–17). Während sich die beiden dann zusammentun, d.h. miteinander kopulieren, fordert er sie dazu auf, tüchtig mitzumachen: „,zuck nicht, mein schatz!‘ simm nain ich, lieber Jensel‘“ (18), und so geht es dann noch eine ganze Strophe weiter.13 Hat Oswald dabei die Grenze zum Anstand durchbrochen oder ein Meisterwerk der erotischen Lyrik geschaffen? Wer hieran Anstoß nehmen möchte, dem steht dies ganz frei zu, aber es würde nichts an dem hohen Ansehen ändern, dass Oswald genau für diese und andere Lieder genießt, weil sie so frisch autobiographisch wirken und die Dinge schlicht beim Namen nennen.

      Außerdem wäre zu bedenken, wie umfangreich zeitgenössische Dichter in Verserzählungen (mæren) auf Erotik und Sexualität eingingen, ob wir an Geoffrey Chaucer, Heinrich Kaufringer, Franco Sacchetti oder Poggio Branchetti denken. Einige Beispiele kommen in meinem eigenen Beitrag gesondert zur Sprache, in dem ich aufzeige, inwieweit spätmittelalterliche Dichter auf europäischer Ebene darum bemüht waren, Liebeslust, eheliche Liebe, persönliche Ehre, Geldgier und Profitstreben, Identitätsschwächen gerade männlicher Protagonisten und sozialen Machtkampf zu thematisieren, fast so, als ob sie über unsere eigene Zeit vorausschauend geschrieben hätten.

      II

      Eine Gruppe von Beispielen aus der Zeit der Anakreontik, die Gedichte von Friedrich Hagedorn (1708–1754), bietet uns die Möglichkeit, sowohl die Wandlungen als auch die Kontinuitäten in der erotischen Lyrik wahrzunehmen, während Wolfgang Brylla Einschlägiges zur Barocklyrik beitragen wird, in der viel mehr deftige Erotik, ja Pornographie zu finden ist, als man gemeinhin vermuten würde. Stark auf die klassische Antike zurückgreifend (Horaz, Ovid etc.) operiert Hagedorn laufend mit erotischen Anspielungen, ohne dabei jemals schlüpfrig zu werden, auch wenn die Aussagen ziemlich eindeutig erotisch gezeichnet sind. In dem besonders bekannten humorvollen Gedicht Die Küsse (in Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch, zuerst gedruckt 1738) erfahren wir, dass sich Elisse jeden Kuss, den sie ihrem Geliebten Coridon gewährt, mit dreißig Schafen bezahlen lässt. Sie gewinnt Geschmack daran und begehrt nun selbst, von Coridon geküsst zu werden, so dass er dreißig Küsse für ein Schaf erwirbt. Allerdings erkalten dann bei ihm die Gefühle, was für sie bedeutet, dass sie ihm alle Schafe zurückgeben muss, um überhaupt noch einen Kuss von ihm geschenkt zu bekommen. Zuletzt aber geht dieses Liebesverhältnis in die Brüche, weil sich Coridon einer neuen Dame zugewendet hat, einer Doris, der er kostenlos seine Küsse gewährt.1 Mit am intensivsten mag aber Hagedorn der musa iocosa gefrönt zu haben, als er das Gedicht Der Blumenkranz verfasste, in dem wir erneut auf zwei Liebende stoßen, die sich in freier Natur aufhalten und miteinander zu schäkern beginnen, was schließlich zu den letzten erotischen Freuden führt, über die das poetische Wort aber verschwiegen wird: „Hier schließt sich Buch und Wald / sie huelfreich zu verstecken“ (Erstes Buch, S. 148).

      Ganz ähnlich wie bei Walther bekommen wir freilich nur Andeutungen mitgeteilt, denn Hagedorn gelingt es genauso gut wie seinen Vorläufern, die Erotik in der Schwebe zu halten, wenn er zum Abschluss formuliert:

      Man glaubt/sie thaten dieß/was einst Aeneas that /

      Als Dido und der Held in einer Hoehle waren.

      Was aber thaten die? Wer das zu fragen hat /

      Der ist nicht werth, es zu erfahren. (S. 148).

      Hagedorn bietet die gesamte Palette einschlägiger poetischer Sinnbilder und Motive, Themen und Stoffe auf, um sein Anliegen, Liebe, sexuelle Erfüllung, physische Freuden, Gesang und körperliche Schönheit zu besingen und wird damit zu einem der hervorragendsten erotischen Dichter seiner Zeit. Die Antike wirkte natürlich stark auf ihn ein, aber er besticht noch heute durch seine unbändige Lust daran, das Leben in vollen Zügen so zu genießen, dass die Erotik zwar voll ausgeschöpft werden kann, aber ohne die Grenzen des öffentlichen Anstands zu übertreten.2 Und von hier könnten wir mühelos auf viele zeitgenössische deutsche, französische, italienische oder auch außereuropäische Autoren ausgreifen, ohne zu wesentlich anderen Ergebnissen zu kommen, denn der erotische Diskurs übte allenthalben zutiefst Attraktion aus, wurde aber von Epoche zu Epoche unterschiedlich ausgeprägt.

      III

      Springen wir von hier zu Goethes Römischen Elegien, die während seines Aufenthalts in der Ewigen Stadt und auf der Reise durch Italien 1786–1788 bzw. unmittelbar im Anschluss daran entstanden sind. Bereits die erste Elegie endet mit den vielsagenden Versen: „Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe / Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom“.1 In der zweiten Elegie betont er sogleich, welch attraktive Position er bei der römischen Geliebten einnimmt, im Gegensatz zu den Einheimischen: „Mutter und Tochter erfreun sich ihres nordischen Gastes, / Und der Barbare beherrscht römischen Busen und Leib“. Mit deutlichem Rückgriff auf die römische Antike, d.h. wiederum auf Ovids Metamorphosen2, hebt Goethe in der dritten Elegie das dort gebotene Vorbild für die unerwartete und überwältigende Liebeserfahrung, die sich aus der günstigen Gelegenheit ergibt, wie die vierte Elegie umschreibt, hervor.

      Der Höhepunkt ist aber erst in der fünften Elegie erreicht, wo Goethe davon berichtet, wie er zwar tagsüber durch Rom streift und die klassische Antike studiert, nachts aber bei der Geliebten liegt und durch die lustvolle Erfahrung mit ihr wesentlich tiefere Erkenntnisse gewinnt als alle theoretischen Studien es ihm sonst ermöglichen würden. Stärkste Sinnlichkeit durchglüht ihn, die es ihm erst ermöglicht, die ästhetische Dimension der alten Ruinen zu begreifen und poetisch selbst schöpferisch zu werden: „Und belehr ich mich nicht, indem ich des lieblichen Busens / Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab? / Dann versteh ich den Marmor erst recht: ich denk und vergleiche, / Sehe mit fühlendem Aug, fühle mit sehender Hand.“3 Unverhüllt und ganz selbstbewusst entwirft der Dichter ein Glückserleben höchst erotischer Art, wobei die Schönheit des nackten Frauenkörpers unmittelbar mit der Schönheit der antiken Skulpturen in Verbindung gebracht wird und die erotische Empfindung als Anlass für eine ganze Kette an kreativen Leistungen dient. Der Dichter selbst vermag so erst vollständig die Ideen der Antike zu begreifen und auf diesem Wege innovativ neue Verse zu schaffen. Erotik entpuppt sich damit als ein wesentliches Instrumentarium für die Schaffung neuer Lyrik, neuer Kunst und für die Entwicklung eines neuen Weltverständnisses. In Bezug auf moderne erotische Gedichte definiert Veronika Neumann daher das erotische Element folgendermaßen:

      das nachhaltig Affizierende, d.h. das durch die Gestaltung des Gedichtes auf die Lesenden spezifisch erotisch Wirkende, zweitens eine Mittlerstellung des Erotischen zwischen den Bereichen Liebe und Sexualität, drittens der zugleich verhüllende und enthüllende sprachliche Schleier und viertens ein eingeschriebenes Streben.4

      Wie wir oben bereits gesehen haben, lässt sich genau diese Begriffsbestimmung auch auf die Werke der älteren Literaturgeschichte übertragen, womit interessante Gemeinsamkeiten kulturhistorischer Art zwischen allen Epochen

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