Eros und Logos. Группа авторов

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Eros und Logos - Группа авторов Popular Fiction Studies

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gewesen sei, ohne eigene Schuld erniedrigt zu werden“ („Do hatte ich lange vor gegert, das ich ane mine schulde wurde versmaͤhet“). Nach ihrem ca. vierzig Jahre dauernden Aufenthalt im Beginenhof, dessen Vorsteherin sie später wahrscheinlich wurde, begab sie sich um 1270 aus nicht ganz ersichtlichen Gründen – vielleicht in Folge der Bestimmungen „einer Magdeburger Dominikanersynode von 1261 gegen das Beginentum“5, vielleicht – wie Kurt Ruh vermutet – „auf Anlaß der Familie bzw. ihres Bruders Balduin oder Heinrichs von Halle“6, vielleicht aber – wie Ursula Peters und Otto Langer wollen – wegen der „Unsicherheit und Gefährdung der semireligiösen Existenz“7 – in das Zisterzienserinnenkloster Helfta bei Eisleben, wo sie unter der Äbtissin Getrud von Hackeborn in die Ordensgemeinschaft aufgenommen wurde. Dort starb sie um 1282.

      1250 hatte Mechthild mit der Niederschrift des Fließenden Lichts begonnen. Zwar wurde sie dazu direkt durch ihren Beichtvater, den Dominikaner Heinrich von Halle, bewogen, doch glaubte sie damit primär der Aufforderung Gottes („du hies mich es selber schriben“ [II, 26, 136]; „Hette es got vor siben jaren nit mit sunderlicher gabe an minem herzen undervangen, ich swige noch und hette es nie getan“. [III, 1, 156]) Genüge zu leisten. Die durch Neumann ermittelte Chronologie sieht drei Entstehungsstufen des Werkes: Bücher I-V (zw. 1250–1259), VI (zw. 1260–1270/71), VII (zw. 1271–1282).8 Das niederdeutsche Original des Fließenden Lichts ist verschollen; auf uns gekommen ist nur eine lateinische, wahrscheinlich kurz nach Mechthilds Tod entstandene Übersetzung der ersten sechs Bücher und eine etwas spätere, auf ca. 1343/45 datierte oberdeutsche Übertragung des ganzen Textes. Der Mangel an tieferer Bildung, den die Mystikerin selbst als ein Handicap ansah und der die lateinunkundige Frau dazu zwang, sich bei der Niederschrift ihres Werkes mit einem deutschen Dialekt zu behelfen, erwies sich im Nachhinein als Glücksfall. Auch in dieser Hinsicht markiert Mechthilds Buch einen tiefen Einschnitt, da es „ein herausragendes Beispiel für den in der Geschichte der abendländischen Mystik epochalen Schritt vom Latein zur Volkssprache“9 darstelle.

      2. Zur Eigenart der Erotik im Fließenden Licht

      Den Namen der vielleicht „kühnste[n] erotische[n] Dichtung, die wir aus dem Mittelalter besitzen“1 verdiente sich das Fließende Licht nicht nur dank seiner „unverhüllt erotischen Metaphorik“.2 Otto Langer stellt als eine besondere Eigentümlichkeit Mechthilds heraus, dass sie in ihrem „Ansatz Brautmystik und Passionsmystik zu einer spannungsvollen Einheit“3 verbinde. Gemeint ist die ausufernde Ekstatik des Liebeserlebnisses, aus der sich auf einer höheren Stufe dessen paradoxe Ambivalenz ergibt. Für die durch Gott liebevoll gegrüßte Seele stellt die traditionell höchste Stufe der mystischen Erfahrung, die unio mystica, d.h. die in Form einer mystischen Hochzeit vollzogene Vereinigung mit Christus als Bräutigam, hier lediglich eine Zwischenetappe dar. Die Bewusstwerdung der verworfenheit der Liebe, deren Ausformung Kurt Ruh übrigens für den originellsten Beitrag Mechthilds hält4, führt zur freiwilligen Entfernung von Gott als Folge des graduell verlaufenden Entfremdungsprozesses. Als der Aufstieg in einen Abstieg umschlägt, sinkt die Seele in die Tiefe ab. Ihre „sinkende Demut“ lässt sie bis auf den Grund der Hölle fallen, wo sie einen Platz unter Lucifers Schwanz einnimmt.

      und bringet si denne an die stat, da si nit fúrbas mag, das ist under Lucifers zagel. Moͤhte si denne in der gerunge nach irem willen gotte ze eren da wesen, da woͤlte si nút fúr nemen. (V, 4, 328)

      Der Gedanke, dass die freiwillige, Gott zuliebe erlittene Not eine Steigerung der Liebe bedeutet, lässt sich bei Mechthild relativ früh finden. Einige Forscher5 vermuten hinter dieser systemischen Denkfigur, die im Endeffekt darauf hinausläuft, die angenommene Qual als das schlechthinnige Glück der Seele zu verstehen, einen Nachhall der Idee der resignatio ad infernum. Diese später besonders durch Luther popularisierte Anschauung, die von den Gläubigen sogar bedingungslose Akzeptanz der Verwerfung durch Gott fordert, wird im dritten Buch des Fließenden Lichts als eine „dialektische Versöhnung“6 von Liebe und Erniedrigung thematisiert: „von minnen wirt man schoͤne und lobesam, von smacheit wirt man vil hohe in gotte erhaben“ (III, 24, 220, 222): „Das Heilsgeschehen setzt Freiheit voraus, die resignatio ad infernum ist ein Akt der Selbstverantwortung.“7 Mit ihr schließt die große Epopöe, deren eigentlicher Sinn die Reifung der Seele ist. Sie kann zwar mittelfristig durch die Entbindung vom Körper geschehen; letztendlich führt aber kein Weg an der Selbstaufgabe der Seele vorbei:

      Als si alsus ufgestigen ist in das hoͤhste, das ir geschehen mag, die wile si gespannen ist ze irme lichamen, und har nider gesunken ist in das tieffeste, das si vinden mag, so ist si denne vollewahsen an tugenden und an helikeit. (V, 4, 330)

      Der hier grob skizzierte Prozess vermittelt zwar erste Einsichten in die eindrucksvolle Spannbreite des Erotischen im Fließenden Licht, sagt aber wenig über den systemischen Ansatz Mechthilds mit all den einzelnen Etappen, Stufen und Facetten aus. Und die Mystikerin entpuppt sich hier als Morphologin und Systematikerin der Liebe, die nach scholastischer Art gern katalogisiert und systematisiert, schlechthin. So unterscheidet und charakterisiert sie u.a. sieben Stationen der Liebe (I, 44), sieben Formen der Gottesliebe (II, 11), sechzehn Arten von Liebe (III, 13), sieben Formen der Liebe (III, 24), zwanzig Wirkkräfte der Gottesliebe (V, 30), zehn Wirkkräfte der Liebe (V, 31), vier Eigenschaften der lauteren Liebe (VI, 30), sieben Aspekte des Liebesbegehrens (VII, 45) u.a.m. Das typologische Dickicht macht den Eindruck, als ginge es um die Fundierung einer Wissenschaft der Liebe, eine Tendenz, deren Ursprung womöglich teilweise in der wissenschaftsfreundlichen Atmosphäre Helftas in der Zeit der Äbtissin Gertrud von Hackeborn zu suchen wäre. Trotz ihrer Überzeugung, dass „wenn der Eifer für die Wissenschaft verloren geht, so werde auch die Pflege der Religion aufhören“8, war das Fließende Licht für das auf dem materialistischen Axiom aufbauende 19. Jahrhundert verständlicherweise schon eindeutig dem „Gebiet der Poesie als der Wissenschaft”9 zuzuordnen:

      Poesie sind diese Ergüsse einer entzückten Seele und entbehren desswegen aller jener Formen der Wissenschaft, welche so oft nur zu sehr von dem Schönen sich entfernen. Es finden sich daher auch keine Citate, nicht einmal solche aus der heiligen Schrift, denn da ist Alles nur unmittelbare Schilderung innerer Seelenzustände.10

      Gleichwohl darf man die Tatsache nicht ignorieren, dass Mechthilds systematischer Einsatz nicht nur nicht im Widerspruch zum dichterischen Charakter ihres Werks steht, sondern ihn erst recht ermöglicht. Man nehme als Beispiel das achtzehnte Kapitel des siebten Buches von den „sieben Tageszeiten, die der Marter unseres Herrn gedenken“, in dem die Ordnung der Zeiten ein Anlass für ausgedehnte Metaphorisierungsmaßnahmen, Bilderreichtum und fortgeschrittene Literarisierung der Sprache ist.

      Die Liebe beschreibt Mechthild, indem sie sich generell der Metapher eines Weges bedient, der allerdings alles andere als einheitlich oder strikt auf einen Punkt ausgerichtet ist. Seine Heterogenität setzt nicht nur verschiedene Stufen und Etappen, sondern auch eine Vielfalt der Ziele voraus. Dass es sich am Ende dennoch um den einen Weg handelt, gibt den universellen Zusammenhang allen Streben, Dinge und Erscheinungen in Gott wieder.

      Paradigmatisch für die Ekstatik der liebevollen Vereinigung der Seele mit Gott steht der Verlauf ihrer Reise an den Hof des Herrn:

      So wiset er ir mit grosser gerunge sin goͤtlich herze. Das ist gelich dem roten golde, das da brinnet in einem grossen kolefúre. So tuͦt er si in sin gluͤgendes herze. Alse sich der hohe fúrste und die kleine dirne alsust behalsent und vereinet sint als wasser und win, so wirt si ze nihte und kumet von ir selben. Alse si nút mere moͤgi, so ist er minnesiech nach ir, als er ie was, wan im gar zuͦ noch abe. So sprichet si: »Herre, du bist min trut, min gerunge, min vliessender brunne, min sunne und ich bin din spiegel.« (I, 4, 26, 28)

      Das spielerisch-erotische Fundament der Szene bildet die für Mechthilds Ansatz wesentliche Komponente der Gegenseitigkeit.11 Die Liebe stellt für die Seele nicht nur den Anlass dar, sich auf den Weg zu ihrem Geliebten zu machen, sondern lässt auch den himmlischen Bräutigam schmachtend nach ihr glühen.12 Auf dem Höhepunkt

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