Eros und Logos. Группа авторов

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Eros und Logos - Группа авторов Popular Fiction Studies

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      Alle einzelnen Aspekte und Funktionen der Liebe erscheinen bei Mechthild als eigentümliche Inszenierungen, die den Allzusammenhang in der Liebe deutlich machen:

      Dis buͦch ist begonnen in der minne; es sol oͮch enden in der minne, wand es ist niht also wise noch also helig noch also schoͤne noch also stark noch also vollekomen als die minne. (IV, 28, 312)

      Die Mystikerin selbst vertrat den Standpunkt, über die ihr geoffenbarten Dinge sprechen zu müssen („Ich muͦs sprechen got ze eren und oͮch durch des buͦches lere“ [IV, 2, 228]). So verwickelte sie sich in eine paradoxe Situation: Sie fürchtete Gott, wenn sie nicht geschrieben hätte, sie fürchtete aber auch die Reaktionen der Menschen, wenn sie schrieb („Ich han da inne ungehoͤrtu ding gesehen, als mine bihter sagent, wan ich der schrift ungeleret bin. Nu voͤrhte ich got, ob ich swige, und voͤrhte aber unbekante lúte, ob ich schribe.“ [III, 1,148]). Sie war sich darüber im Klaren, dass eine Lehre, die den Aufstieg der Seele zu ihrem Einswerden mit Gott und darüber hinaus, ohne Vermittlung der Kirche, mitunter im Widerspruch zu deren bindenden Auslegung, auf Widerstand stoßen konnte. Trotzdem teilte sie mit, was sie glaubte geoffenbart bekommen zu haben: dass die Liebe der Weg zu Gott sei, dass sie den gemeinsamen wesenhaften Nenner darstelle, der Gott und den Menschen zusammenbringe; dass dem Ruf der Liebe nicht folgen zu wollen, ein Leben bedeute, in dem es keinen Platz für Erkenntnis und Freiheit gebe.1

      Bibliographie

      Albrecht Classen, „Worldly Love – Spiritual Love. The Dialectics of Courtly Love in the Middle Ages”, in: Studies in Spirituality, 11, 2001, S. 166–186.

      Albrecht Classen, „Die flämische Mystikerin Hadewijch als erotische Liebesdichterin”, in: Studies in Spirituality, 12, 2002, S. 23–42.

      Albrecht Classen, „The Dialectics of Mystical Love in the Middle Ages: Violence/Pain and Divine Love in the Mystical Visions of Mechthild of Magdeburg and Marguerite Porète”, in: Studies in Spirituality, 20, 2010, S. 143–160.

      Albrecht Classen, „The Quest for Knowledge Within Medieval Literary Discourse: The Metaphysical and Philosophical Meaning of Love”, in: ders. (Hrsg.), Words of Love and Love of Words in the Middle Ages and the Renaissance, Medieval and Renaissance Texts and Studies, 347, 2008, S. 1–51 (Tempe: Arizona Center for Medieval and Renaissance Studies).

      Alois Maria Haas, „Mechthild von Magdeburg. Dichtung und Mystik: Struktur der mystischen Erfahrung“, in: ders.: Sermo mysticus. Studien zur Theologie und Sprache der deutschen Mystik (Dokimion. Neue Schriftenreihe zur Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie, Bd. 4), Universitätsverlag, Freiburg/Schweiz, 1979, S. 67–103.

      Otto Langer, Christliche Mystik im Mittelalter. Mystik und Rationalisierung – Stationen eines Konflikts, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2004.

      Bernard McGinn, Die Mystik im Abendland, Bd. 3: Blüte. Männer und Frauen der neuen Mystik (1200–1350), übers. von Bernardin Schellenberger, Herder, Freiburg i. Br./Basel/Wien, 1999.

      Mechthild von Magdeburg, Das fließende Licht der Gottheit, aus dem Mittelhochdeutschen übers. und hrsg. von Gisela Vollmann-Profe, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 2003.

      Mechthild von Magdeburg, Das fließende Licht der Gottheit, 2. neubearb. Übersetzung mit Einführung und Kommentar von Margot Schmidt, frommann-holzboog, Stuttgart/Bad Cannstatt, 1995.

      Wolfgang Mohr, „Darbietungsformen der Mystik bei Mechthild von Magdeburg“, in: Hugo Kuhn/Kurt Schier (Hrsg.), Märchen, Mythos, Dichtung. Festschrift für Friedrich von der Leyen, C.H. Beck, München 1963, S. 375–399.

      Gall Morel, „Vorrede und Einleitung“, in: ders. (Hrsg.), Offenbarungen der Schwester Mechthild von Magdeburg oder das fliessende Licht der Gottheit, Georg Joseph Manz, Regensburg, 1869, S. III–XXII.

      Hans Neumann, „Beiträge zur Textgeschichte des ‚Fliessenden Lichts der Gottheit‘ und zur Lebensgeschichte Mechthilds von Magdeburg“, in: Kurt Ruh (Hrsg.), Altdeutsche und Altniederländische Mystik, Wissenschaftliche Buchhandlung, Darmstadt, 1964, S. 175–239.

      Hans Neumann, „Mechthild von Magdeburg“, in: Kurt Ruh (Hrsg.), Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 6: ‚Marienberger Osterspiel‘ – Oberdeutsche Bibeldrucke, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 2010, S. 260–270.

      Ursula Peters, Religiöse Erfahrung als literarisches Faktum: Zur Vorgeschichte und Genese frauenmystischer Texte des 13. und 14. Jahrhunderts, Walter de Gruyter, Berlin/New York, 1988.

      Kurt Ruh, Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 2: Frauenmystik und franziskanische Mystik der Frühzeit, C.H. Beck, München, 1993.

      Gisela Vollmann-Profe, „Mechthild von Magdeburg“, in: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, hrsg. von Walther Killy, 15 Bände, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh-München, 1988–1993, Bd. 8, S. 40–43.

      Erotik und Sexualität im Märe des Spätmittelalters

      Sprachwitz, Intelligenz, Spiel und sexuelle Erfüllung

      Albrecht Classen (Tucson, Arizona)

      I

      Was wäre die Weltliteratur ohne das große und unerschöpfliche Thema von Erotik und Sexualität? Das menschliche Leben ist bis heute stets noch von dem Verlangen nach erotischer oder sexueller Erfüllung bestimmt, wenngleich sich die sozialen, ökonomischen, politischen und religiösen Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit erheblich gewandelt haben. Liebe gehört zum A und O der menschlichen Existenz, wie uns bereits das Hohelied im Alten Testament deutlich zu erkennen gegeben hat. Zugleich handelt es sich um eines der schwierigsten Probleme in unserem Dasein, das uns quält, beglückt, zufrieden oder unzufrieden stellt, leicht zu Hass und Streit führt und unablässig Unruhe, ja sogar Konflikte auslöst, immer wieder unendliche Freude bereitet und die Erfüllung all unserer Wünsche repräsentiert.1

      Ob wir an Ovid in der römischen Antike oder an Shakespeare im 17. Jahrhundert denken, die Spannungen zwischen Liebenden oder Ehepartnern treten immer wieder auf, denn nicht nur gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Geschlechtern, sondern die Intensität und Art der Gefühle variieren ununterbrochen. Das ganze menschliche Leben findet sich vielfach gebrochen und reflektiert vor allem im literarischen Diskurs über die Liebe, die als ‚Grundton der Weltmusik‘ stets gleich bleibt, die aber im Laufe der Zeit in ihrer gesellschaftlichen Ausprägung beträchtlichen Abwandlungen unterworfen ist. Hinsichtlich des Liebesdiskurses können wir sogar einen gemeinsamen Nenner auf den verschiedenen Kontinenten über alle Zeiten hinweg feststellen, womit wir über soziale und kulturelle Barrieren hinweg ein gleichartiges Interesse im menschlichen Leben wahrzunehmen vermögen. So findet sich das Genre des Tageliedes auf der ganzen Welt verbreitet und hat noch jede Generation von Dichtern zu neuen Schöpfungen angeregt.2 Wir dürfen trotzdem grob einschätzend postulieren, dass das spezifische Wesen von Liebesbeziehungen als Charakteristikum von kulturellen Epochen angesehen werden kann, was ja die bisherige Forschung im großen Umfang und in korrespondierender Intensität sehr deutlich vor Augen geführt hat. Literaturwissenschaft ist oftmals mit nichts anderem als mit dem Erotik-Diskurs beschäftigt, d.h. mit der zentralen Thematik des Lebens. Schließlich ergänzt ja das Streben nach Liebe den grundsätzlichen Überlebenstrieb, wobei die materielle Dimension mittels der Liebeserfahrung ihre faszinierende Überhöhung/Sublimierung erfährt.

      Bei

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