Eros und Logos. Группа авторов

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Eros und Logos - Группа авторов Popular Fiction Studies

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das Ehepaar den schweren Streit überwunden hat, finden sie harmonisch wieder zueinander und erfreuen sich aneinander bis zu ihrem Tode. Das mære erweist sich mithin als eine Meistererzählung, weil es fundamentale Probleme zwischen Mann und Frau aufgreift und sie auf überraschende und doch produktive Art und Weise zu lösen vorschlägt. Wie überaus deutlich wird, versagt Kuonrât vor allem deswegen, weil er seiner eigenen Frau aus Eifersucht weniger traut als einem Diener, weil er Angst vor der Auseinandersetzung mit ihr hat und lieber vor ihr flieht, als sie mit der Anklage auf Ehebruch zu konfrontierten. Ob sich all dies letztlich als Rechtfertigung konstruieren ließe, dass sie in ihrer Entscheidung gerechtfertigt gewesen wäre, aus dem Grund mit dem fremden Ritter zu schlafen, um dessen Gürtel für ihren eigenen Ehemann zu erwerben, bleibt etwas in der Schwebe. Aber ob es sich bei diesem Ritter wirklich um eine wahre Person handelt, lässt sich auch nicht sicher bestätigen, denn sie spottet ja nach dem Geschlechtsverkehr, der seltsamerweise auch mit einem Kuss zwischen beiden endet, obwohl sie ihn vorher so ablehnend behandelt hatte, über ihn als Ritter, der all seine Attribute verloren und mithin gar nicht mehr als männlich angesehen werden könnte: „Irn’ sît niht wol gemuot“ (V. 365).

      Wie dem auch sein mag, sie hat durch ihr kalkulierendes Handeln die wichtigsten Instrumente gewonnen, um ihrem Ehemann dazu zu verhelfen, die höchsten gesellschaftlichen Ehren zu gewinnen. Im Grunde setzt Kuonrât natürlich die gleiche Strategie ein, erweist sich aber als viel eher dazu bereit, seinen Körper zu prostituieren, um eines der Tiere zu gewinnen. Seine Frau verfolgt zwar eher ideelle Ziele, aber die Erzählung belässt es doch ziemlich unbeantwortet, wer von beiden mehr verantwortlich für den schwerwiegenden Konflikt zwischen beiden anzusehen wäre.

      Von hier aus ergeben sich viele weitere Fragen, die den ganzen Text durchziehen, denn bei genauerer Betrachtung beobachten wir noch eine Reihe von Widersprüchen, die sich der leichten Erklärung entziehen. Entscheidend bleibt aber, worauf Dietrich an zentraler Stelle hinzielt, nämlich die Reflexion über ein gutes Eheleben, das niemals ganz einfach zu gewinnen ist. Wie unsere Verserzählung deutlich vor Augen führt, leidet die innere Harmonie leicht darunter, wenn einer der zwei Eheleute innere Schwäche demonstriert und unsicher ist, vergeblich nach Anerkennung strebt und nicht genau weiß, wie er oder sie seine/ihre Rolle im Leben zu finden vermag.

      Im Grunde spielt sich hier vor unseren Augen ein dramatischer Kampf zwischen Mann und Frau ab, ohne dass ein wahrer Streitpunkt vorläge. Sie schläft mit dem fremden Ritter, um Kuonrât zu helfen; er vernimmt diese schlimme Nachricht, versteht aber nicht den Hintergrund und verurteilt sie daher von vornherein als Ehebrecherin. Seine Handlung darauf ist aber wiederum als schwächlich zu bezeichnen, denn er trennt sich nicht offiziell von ihr, er bestraft sie nicht, er spricht nicht mit ihr oder über sie und geht dafür sozusagen ins selbstgewählte Exil, wo sich jedoch für ihn gar nichts Besonderes ergibt, ja wo er sogar bei einem Turnier, an dem inzwischen auch seine als Ritter verkleidete Frau teilnimmt, kläglich gegen einen Briten scheitert, der ihn nur so von seinem Pferd fegt. Erst Heinrich zeigt, was einen ‚Mann‘ wirklich ausmacht, aber er/sie verfügt ja über Zaubermittel, was das gesamte Prozedere des Turniers und des Rittertums in ein etwas schräges Licht wirft, ohne dass dadurch die wichtigste Thematik vergessen werden würde, wie nämlich ein junges Ehepaar wirklich zueinander finden und eine harmonische, glückserfüllte Partnerschaft über viele Jahre hinweg entwickeln kann.

      III

      In Ruprechts von Würzburg Zwei Kaufmänner und die treue Hausfrau (1. Hälfte des 14. Jahrhunderts) begegnen wir einer leicht anderen Konstellation, denn das junge Ehepaar leidet im Grunde niemals unter dem Problem der Eifersucht, obwohl gerade sie auf eine ungeheure Probe gestellt wird, die sie aber letztlich glänzend besteht.1 Wir befinden uns hier in der Welt von Kaufleuten, und sogar die Ehe der Protagonisten wird fast kommodifiziert, denn der Wirt Hogier und Bertram wetten darum, ob die Frau des jungen Mannes, Irmengart, wirklich treu sein würde oder ob sie nicht wie alle anderen Frauen durch finanzielle Versprechungen verführt werden könnte (Prostituierung). Hogier ist davon überzeugt, dass das monetäre Angebot nur groß genug sein muss, um selbst die ehrenvollste Ehefrau dazu zu bringen, ihre Tugend hintanzustellen und den Gewinn einzustreichen. In diesem Fall scheint aber der Plan des Wirtes nicht zu funktionieren, obwohl am Ende sogar die Verwandten und Eltern der jungen Frau sie ernsthaft davon überzeugen wollen, das große Geldangebot anzunehmen, auch wenn sie sich dafür dem fremden Mann hingeben würde. Keiner weiß aber von der Wette und den dahinterstehenden Bedingungen, die darauf hinauslaufen, dass Bertram sein gesamtes Vermögen abgeben müsste, wenn sich seine Frau tatsächlich verführen lassen würde. Hogier weiß also genau, warum es sich für ihn lohnt, seinen Einsatz immer höher zu schrauben, denn persönlich hat er ja gar kein Interesse an Irmengard, sondern er will nur Bertrams Besitz durch diese Wette gewinnen.

      In ihrer Verzweiflung wendet sich schließlich Irmengart an ihre Magd Amelin und überredet sie, an ihrer Statt die Liebesnacht mit Hogier zu verbringen – eine Operation, die sich häufiger in der Literatur des Mittelalters findet, so wenn wir an Gottfrieds von Straßburg Tristan (ca. 1210) oder an Heinrich Kaufringers Die unschuldige Mörderin (ca. 1400) denken. Der Wirt plant sein Vorhaben sorgfältig, genießt die Nacht mit seinem ‚Opfer‘, zückt jedoch am Ende ein Messer und schneidet der Sexpartnerin an seiner Seite im Bett den kleinen Finger ab, den er dann im öffentlichen Prozess als Beweis hochhält, dass er tatsächlich mit Irmengart geschlafen habe. Diese aber kann bei der Verhandlung ihre zwei heilen Hände vorzeigen und damit den Gegenbeweis erbringen, was Bertram höchst erfreut und damit schnell die Handlung zum Abschluss bringt, insoweit als das Ehepaar den gesamten Besitz von Hogier übernehmen darf, sich aber als gnädig zeigt und ihn mit der Magd verheiraten, die an Stelle ihrer Herrin die Liebesnacht mit dem Werber verbracht hatte.

      So schlicht auch diese Erzählung auf erstem Blick sein mag, ergeben sich doch viele spannende und aussagekräftige Fragen bezogen auf das Verhältnis des Ehepaars zueinander, bezogen auf die gesamte Kaufmannsfamilie und die Gesellschaft insgesamt, in der solch ein „Kaufkontrakt“ überhaupt als möglich oder befürwortbar angesehen wurde, dann bezogen auf männliche Vorstellungen von weiblicher Verführbarkeit und das grundsätzliche Verhältnis zwischen den Geschlechtern.2

      Obwohl Bertram und Irmengard ihre Heirat auf Wunsch der Eltern schließen, entwickelt sich offensichtlich ein herzhaftes und liebendes Verhältnis zwischen ihnen.

      Trotzdem ergeben sich signifikante Probleme, nicht aus Eifersucht, sondern aus dem übermäßigen Vertrauen des Ehemanns, denn Bertram gibt in der Fremde mit der Treue seiner Frau an und sieht sich damit dem Widersacher Hogier ausgesetzt, laut dessen Weltsicht Frauen generell schwach seien und sich leicht verführen ließen. Man könnte zwar Bertram Anerkennung dafür aussprechen, dass er sogar soweit geht, sein gesamtes Vermögen auf seine Frau zu setzen, auf die er sich vollkommen verlässt, aber es trifft trotzdem zu, dass er leichtfertig mit dem Feuer spielt, denn er hat nicht mit der kommerziellen Mentalität seiner Familie gerechnet. Außerdem unterwirft er seine Gattin dem ungeheuren Druck des Werbers und dann zusätzlich der verschiedenen Familienangehörigen, die alle Irmengart dazu drängen, für die gebotene hohe Summe Hogier eine Liebesnacht zu gewähren, obwohl dies vollkommen ihrer Ehrvorstellung widerspricht.

      Mit anderen Worten, die Mitglieder dieser Kaufmannswelt verraten hemmungslos all ihre eigenen Werte, wenn ein gewisser Profit daraus zu schlagen ist. Ironischerweise ist ihnen aber gar nicht bewusst, welch großer Verlust für Bertram eintreten würde, wenn seine Frau tatsächlich mit Hogier geschlafen hätte, wie ihre entsetzte Reaktion zeigt, als die Hintergründe des Abkommens zwischen den zwei Männern bekannt werden (900–901), Sie zeigen sich überhaupt nicht entrüstet wegen des vermeintlichen Ehebruchs, sondern sind zutiefst geschockt wegen des großen ökonomischen Verlusts, den sie mitverschuldet haben könnten.

      Im Wesentlichen wird hier Sex verhandelt, denn für Hogier sind alle Frauen schlicht kaufbar, solange nur der richtige Preis geboten wird. Bertram hofft darauf, dass seine Ehefrau diesem Stereotyp misogyner Art nicht entspreche, aber er hätte fast die Wette verloren, wenn nicht Irmengart eine intelligente Gegenstrategie entwickelte, durch

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