Sittes Welt. Группа авторов

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zu erwarten, dass auch ein Künstler wie Willi Sitte im Laufe seines Lebens, besonders vor dem Hintergrund der vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungen und der ihn ganz persönlich betreffenden existenziellen Krisen, die er erlebte, regelmäßig und wiederholt sich selbst künstlerisch befragt und dargestellt hätte. Dem ist jedoch nicht so. Eine wirkliche künstlerische Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich setzt in Sittes Schaffen erst um dessen Emeritierung Mitte der 1980er Jahre ein. Bis dahin kommen zwar immer wieder Selbstdarstellungen in der Grafik und selten in der Malerei vor. Eine ernst zu nehmende Relevanz erhält dieses Genre in seinem Œuvre jedoch erst sehr spät. Insgesamt ist derzeit von knapp vierzig Gemälden und etwa fünf Zeichnungen sowie zwei Druckgrafiken mit direkten Selbstbildnissen auszugehen, die nahezu vollständig in den 1980er und 1990er Jahren entstanden.

      Die erste überlieferte verbürgte Selbstdarstellung ist das in Mailand geschaffene Ölgemälde aus dem Jahr 1946 S. 148. In einer traditionellen Malweise in erdigen Tönen stellt sich der junge Maler am Beginn seines bewussten Schaffens als Künstler in einer typischen Pose dar: Den Blick über die Schulter werfend schaut er frontal auf den Betrachter, in der rechten Hand hält er als Attribut seiner Tätigkeit einen Pinsel. Das Bild erinnert an Künstlerselbstbildnisse des 17./18. Jahrhunderts. Ein Jahr später hat sich die Lebenssituation Willi Sittes grundlegend verändert: Er ist aus Italien zurückgekehrt, wurde aus seiner Heimat ausgesiedelt und kam in eine ihm neue Region, nach Mitteldeutschland, wo er als politisch aktiver Künstler tätig zu werden begann. Aus dieser Zeit stammt die in das Jahr 1947 datierende Bleistiftzeichnung auf grundiertem Papier S. 122. Auch hier nimmt der Künstler direkt den Blick des Betrachters auf und fokussiert diesen nahezu beklemmend eindringlich. Kopf und die ihn stützende Hand scheinen gleichsam aus der indifferenten Tiefe des imaginären Bildraumes aufzutauchen. Künstlerisch fügt sie sich in Sittes symbolistischen Stil der Jahre 1947/48 ein. Aus demselben Jahr stammt eines der beiden bekannten druckgrafischen Selbstporträts image 1. Die Kaltnadelradierung zeigt den Maler en face, wieder taucht das Porträt aus einer unklaren Tiefe auf, die diesmal ein dunkler Schatten ist, der die linke Gesichtshälfte vollkommen verunklart. Unsicherheit, etwas Fragendes vermittelt diese Darstellung.

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      Die nächsten Selbstbildnisse entstehen erst etwa 20 Jahre später, Mitte der 1960er Jahre. In den 1950er und frühen 1960er Jahren, in denen Sitte sich als Künstler durch die Partei immer wieder infrage gestellt sah, entstehen überraschenderweise keine Selbstdarstellungen, zumindest sind keine überliefert. Das verwundert insofern sehr, als sich Sittes Lebenssituation um 1960 derart zuspitzte, dass er 1961 zwei Selbstmordversuche unternahm. Nichts davon reflektiert er in seinem Schaffen mithilfe seines ihm zur Verfügung stehenden künstlerischen Talents.

      Zwischen 1975 und 1986 entsteht etwa ein Dutzend gemalter Selbstbildnisse des Künstlers, wobei auffällt, dass er sich in diesen Jahren selten in seiner Rolle als Maler darstellt, sondern in der Hauptsache privatim als Mann. Charakteristisch ist der direkte Blickkontakt mit dem Betrachter, wie er ihn seit seinem ersten Selbstbildnis entwickelt hat – entweder en face oder mit mehr oder weniger ausgeprägtem Schulterblick. Es fällt auf, dass Sitte sich oft in einem bedrohlich wirkenden Ambiente darstellt – wie

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