Weiterwohnlichkeit der Welt. Группа авторов
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Solche Worte, die nunmehr schonungslos aussprachen, was sich bis dahin stets im Bereich der Andeutung bewegt hatte, hinderten Jonas allerdings nicht, Scholem wenig später anläßlich von dessen achtzigsten Geburtstag noch einmal die Bedeutung ihrer Freundschaft für sich und seine persönliche Bewunderung vor Augen zu führen. „Ich weiß wohl“, so schloß er seinen herzlichen Brief, „daß Sie oft unzufrieden mit mir waren und es vielleicht permanent sind. Von mir darf ich bekennen, daß ich mich glücklich schätze, einmal in Ihrem näheren Umkreis gewesen zu sein und daß Sie eine bedeutende Figur in meinem Leben waren und geblieben sind. Ich verknüpfe meine Huldigung mit den wärmsten Wünschen für weiteres Leben und Schaffen. Ihr Hans Jonas.“50 Trotz aller Spannungen, die Jonas’ Freundschaft mit Gershom Scholem über die Jahrzehnte immer wieder trübten, und trotz aller Distanz, die wohl mit ihr Wesen ausmachte, kam es nie zum Bruch zwischen ihnen, offenbar weil das in Jerusalem gelegte Fundament tragfähig genug war, um das Aufeinanderprallen zweier starker Persönlichkeiten auszuhalten. Der von Achtung, aufrichtiger Trauer und Dankbarkeit gegenüber dem Freund zeugende Kondolenzbrief von Hans Jonas an Fania Scholem, der in der Charakterisierung Scholems unübersehbar Anklänge an den zu Beginn dieses Aufsatzes zitierten Text im Stile Thomas Manns aufweist, bringt den Wert, den er der in jungen Jahren gewachsenen Freundschaft auch im Alter noch beimaß, unvergleichlich zum Ausdruck:
„Liebe Fania, die Nachricht von Gershoms Tod erfüllt mich mit Trauer um den Verlust, den wir alle und Sie im besonderen erlitten haben. Für mich persönlich bedeutet das Nicht-mehr-Dasein dieses eigenartigsten Geistes, dem mir zu begegnen und zeitweise nahe zu sein vergönnt war, eine klaffende Lücke in der Welt, die ich als die meinige ansehe und trotz der eingetretenen persönlichen Entfernung mit ihm teilte. Erinnerungen, über mehr als fünfzig Jahre sich erstreckend, werden wach. Sein Bild ist unauslöschlich, intensiv, einzigartig, weder aus der Zeit dieses ganzen Jahrhunderts noch aus meinem eigenen Leben wegzudenken, und mit keiner anderen Figur vergleichbar. In ihm konzentrierte sich für mich Jerusalem: gedanklich, temperamentsmäßig, gestenhaft, im Getöse des leidenschaftlichen Gesprächs, in der elektrischen Hochspannung jedes Austauschs, der blitzenden Rede und Widerrede, der unerschöpflichen Originalität, der nie ermüdenden Neugier, dem immer frischen Interesse, der Streitbarkeit gepaart mit generösem Anerkennen des Anderen, souverän in Selbstsicherheit wie freigebigem Wohlwollen, mit Witz im Ernst und Ernst im Witz, Humor inmitten der Passion des Erkennens und Benennens, und in alledem fühlbar die dunklen, unheimlichen, erregenden Tiefen hinter der blendenden Helle des Intellekts – so beherrschte er unsern Kreis PILEGESCH unvergeßlichen Angedenkens, er war der Brennpunkt, wo er war, war das Zentrum, das Bewegende, der aus sich selbst immer neu sich aufladene Akkumulator für die hin und her zuckenden Energien, ein Urphänomen nach Goethes Wort. Vom gewaltigen Denkmal seines Werkes, das ihm in der Nachwelt die Unsterblichkeit sichert, die Sterblichen überhaupt beschieden sein kann, brauche ich nicht zu reden, und der höchsten Anerkennung, die ihm schon die Mitwelt zollte, habe ich nichts hinzuzufügen. Ich durfte mich eine Weile seiner Freundschaft erfreuen und möchte glauben, daß er mir eine gewisse Zuneigung auch in der Distanz noch bewahrte. Meine zu ihm blieb in allen Wechselfällen des Verhältnisses gleich. Sein Hingang ist das Ende einer Epoche. […] Bitte nehmen Sie diesen Ausdruck meines Beileids an und meines Glaubens. Von Ihrem und Gershoms altem Freunde, Hans Jonas.“51
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