PLATON - Gesammelte Werke. Platon
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Der jüngere Sokrates: Sehr einleuchtend ist alles gesagt was du bis jetzt ausgeführt hast.
Fremder: So laß uns zusammenrechnend den Umstand betrachten der sich aus dem Gesagten ergibt, und von uns als die Ursache alles wunderbaren angegeben wurde. Dies ist nämlich folgender.
Der jüngere Sokrates: Was für einer?
Fremder: Daß nämlich die Bewegung des Ganzen bisweilen nach der Seite wohin es sich jetzt wälzt sich bewegt, bisweilen nach der entgegengesetzten.
Der jüngere Sokrates: Wie doch eigentlich?
Fremder: Diese Veränderung muß man von allen Umwendungen, welche sich am Himmel ereignen, für die größte und vollständigste halten.
Der jüngere Sokrates: Das scheint allerdings.
Fremder: Daher ist auch zu glauben daß alsdann die größten Veränderungen entstehen für uns, die wir innerhalb desselben wohnen.
Der jüngere Sokrates: Auch das ist wahrscheinlich.
Fremder: Viele wichtige und mannigfaltige Veränderungen aber welche zusammentreffen, wissen wir nicht daß die Natur der Lebenden diese nicht leicht erträgt?
Der jüngere Sokrates: Wie sollten wir das nicht?
Fremder: Die größten Verheerungen also entstehen alsdann notwendig sowohl unter den anderen Tieren, als auch von dem menschlichen Geschlecht bleibt nur weniges übrig. Und für diese Überreste treffen dann viele andere wunderbare und neue Ereignisse zusammen; dieses aber ist das größte und begleitet die Umwälzung des Ganzen notwendig alsdann, wenn die der bisher bestandenen entgegengesetzte Richtung eintritt.
Der jüngere Sokrates: Was für eines denn?
Fremder: Welches Alter jedes lebende Wesen hatte dies blieb ihm zuerst stehn, und alles sterbliche hörte auf je länger je älter auszusehn, vielmehr wendete es sich auf das entgegengesetzte zurück und wurde gleichsam jünger und zarter. Und die weißen Haare der Alten schwärzten sich, die Wangen der bärtigen aber glätteten sich wieder, und brachten jeden zu seiner schon vorübergegangenen Blüte zurück; eben so die Leiber der mannbaren Jugend glätteten sich und wurden jeden Tag und jede Nacht kleiner, bis sie wieder die Natur der kleinen Kinder annahmen, und ihnen an Leib und Seele ähnlich wurden. Nach diesem aber welkten sie dann zusehends und verschwanden gänzlich. Ja auch die Leichname der zur selbigen Zeit gewaltsam verstorbenen trafen die nämlichen Zufälle der Reihe nach insgesamt, so daß sie sich in der Schnelligkeit in wenigen Tagen verzehrten.
Der jüngere Sokrates: Was für eine Entstehung des Lebendigen (271) gab es aber damals, o Fremdling, und auf welche Weise erzeugte es sich aus sich?
Fremder: Offenbar, o Sokrates, gab es auf diese Weise erzeugtes in der damaligen Natur gar nicht; sondern das Geschlecht, wovon erzählt wird, es sei ehedem ein erdgebornes gewesen, das waren eben die damals aus der Erde zurückkehrenden, und wurde so erwähnt von unsern ersten Vorfahren, welche noch der auf Endigung des ersteren Umlaufes folgenden Zeit Grenze erreichten und am Anfange des jetzigen geboren wurden. Denn diese sind uns eben die Verkündiger geworden aller jener Geschichten, welche jetzt mit Unrecht von Vielen ungläubig verworfen werden. Das können wir glaube ich hieraus sehn. Denn damit daß die Alten wieder zur Natur der Kinder zurückkehren hängt ja zusammen, daß auch von den Verstorbenen und in der Erde Liegenden alle diejenigen wieder aufstehend von dort und auflebend jener allgemeinen Umwendung folgten als die gesamte Entstehung sich auf die entgegengesetzte Seite herumwälzte und daß sie als Erdgeborne nach eben diesem Verhältnis notwendig hervorkommend hievon ihren Namen und ihre Erklärung erhielten, so viele nämlich von ihnen Gott nicht schon zu einem andern Geschick erhöht hatte.
Der jüngere Sokrates: Offenbar folgt ja dies aus dem vorigen. .Allein das Leben welches währender Gewalt des Kronos wie du sagst gewesen ist, war dies zur Zeit jener Bewegungen oder der jetzigen? Denn die Veränderung an der Sonne und den Gestirnen muß offenbar mit beiden Bewegungen zusammentreffen .
Fremder: Sehr gut bist du der Rede gefolgt. Das aber wonach du fragst, daß nämlich den Menschen alles von selbst geworden, gehört wohl keinesweges zu der jetzt bestehenden Bewegung, sondern auch dieses war offenbar in der vorigen. Denn damals herrschte zuerst für die ganze Umwälzung Sorge tragend der Gott, wie jetzt aber waren strichweise die verschiedenen Teile der Welt gänzlich unter herrschende Götter verteilt. So auch die lebendigen Wesen nach ihren verschiedenen Gattungen und Herden hatten als göttliche Hüter unter sich verteilt die Dämonen, deren Jeder jedem welches er beherrschte für alles genügte, so daß keines wild war noch auch sie einander zur Speise dienten; und Krieg oder Zwiespalt schon gab es ganz und gar nicht unter ihnen, wie man auch unzählig viel anderes mit dieser Anordnung zusammenhängendes noch anführen könnte. Was aber von der Menschen mühelosem Leben gerühmt wird, wird dieserwegen erzählt. Gott selbst hütete sie und stand ihnen vor, wie jetzt die Menschen als ein anderes göttlicheres Lebendige andere Gattungen des Lebenden geringer als sie selbst hüten. Unter seiner Hut aber gab es keine bürgerliche Verfassungen noch (272) auch häusliche, daß man Weiber und Kinder hatte; denn aus der Erde lebten sie alle auf, ohne sich des vorherigen zu erinnern. Sondern dergleichen fehlte ihnen alles, Früchte aber hatten sie reichlich von Eichen und vielen anderen Gewächsen, nicht durch Ackerbau gezogene, sondern welche die Erde ihnen von selbst gab. Auch unbekleidet und ohne Lagerdecken weideten sie größtenteils im Freien; denn die Witterung war beschwerdenlos für sie eingerichtet, und weich war ihr Lager genug, weil reichliches Gras aus der Erde hervorwuchs. Wie also das Leben unter dem Kronos gewesen, o Sokrates, hörst du; das jetzige aber wie es heißt, unter dem Zeus, kennst du selbst. Könntest du nun wohl und wolltest entscheiden, welches von beiden das glückseligere ist?
Der jüngere Sokrates: Keinesweges.
Fremder: Willst du also, daß ich sie dir auf gewisse Weise vergleiche?
Der jüngere Sokrates: Gar sehr will ich das.
Fremder: Wenn also die Pfleglinge des Kronos, da sie so vieler Muße