PLATON - Gesammelte Werke. Platon
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Fremder: Und damals schienst du mir wenigstens, obschon du nur einen Teil herausgenommen, zu glauben, daß du alles übrige auch wieder als Eine Art zurückließest, weil du für Alle einerlei Namen hattest sie damit zu benennen, und sie Tiere hießest.
Der jüngere Sokrates: So war es auch.
Fremder: Allein so würde vielleicht, mein wackerster Sokrates, wenn es noch ein anderes verständiges Tier gäbe wie man die Kraniche dafür hält, oder irgend ein anderes solches auf gleiche Weise seine Benennungen bilden wie du, so daß es die Kraniche als Eine Gattung allem übrigen lebendigen entgegensetzte und sich selbst rühmend heraushöbe, alle übrigen aber mit Inbegriff des Menschen in Eins zusammenfaßte, und ebenfalls nicht besser als etwa Tiere nennete. Deshalb wollen wir uns bemühen dergleichen alles zu vermeiden.
Der jüngere Sokrates: Wie doch?
Fremder: Indem wir nicht gleich alles Lebendige insgesamt teilen, damit uns das weniger begegne.
Der jüngere Sokrates: Das darf es freilich nicht.
Fremder: Aber auch jenes Mal schon war auf dieselbe Art gefehlt worden.
Der jüngere Sokrates: Wie das?
Fremder: Unser gebietender Teil der Einsicht hatte es doch in der Gattung der Auferziehung des lebendigen mit dem in Herden lebenden zu tun. Nicht wahr?
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Also war uns schon damals das gesamte lebendige (264) eingeteilt in zahmes und wildes. Denn die es in der Art haben sich aufziehn und bändigen zu lassen nennen wir zahme, die dieses nicht haben, wilde.
Der jüngere Sokrates: Schön.
Fremder: Die Erkenntnis nun der wir nachspüren, hatte es und hat es noch mit den zahmen zu tun, und muß unter dem geselligen Vieh gesucht werden.
Der jüngere Sokrates: Ja.
Fremder: Laß uns also nicht so teilen wie damals, daß wir auf das Ende sehen oder eilen, um nur geschwind zur Staatskunst zu kommen. Denn deshalb ist es uns auch jetzt nach dem Sprichwort ergangen.
Der jüngere Sokrates: Nach welchem?
Fremder: Daß weil wir uns nicht genug verweilt und gut eingeteilt haben, wir später fertig geworden sind.
Der jüngere Sokrates: Da ist es uns ganz recht ergangen, Fremdling.
Fremder: Gut denn, so laß uns noch einmal anfangen die Gemeinzucht einzuteilen; vielleicht wird auch das worauf du ausgehst die gehörig durchgeführte Rede selbst dir nur noch schöner herausbringen. Sage mir also.
Der jüngere Sokrates: Was denn?
Fremder: Dieses, ob du wohl schon von jemand gehört hast, denn selbst weiß ich daß du nicht dabei gewesen bist wie die Fische im Nil gefüttert werden und in den Teichen des großen Königes. In Quellen aber hast du es vielleicht selbst gesehen?
Der jüngere Sokrates: Allerdings habe ich dies gesehen und jenes von Vielen gehört.
Fremder: Und wie Gänse und Kraniche zusammen weiden hast du, wenn du auch nicht die Thessalischen Ebenen durchstreift hast, doch wohl erfahren und glaubest es.
Der jüngere Sokrates: Wie sollte ich nicht!
Fremder: Deshalb aber habe ich dich dies alles gefragt, weil es Herdenzucht gibt auf dem Wasser und auch auf dem Trockenen.
Der jüngere Sokrates: Das gibt es allerdings.
Fremder: Dünkt dich also nicht auch, daß wir so sollten die Wissenschaft der Gemeinzucht teilen, um jedem von diesen beiden seinen eignen Teil anzuweisen, den einen die Schwimmtierzucht nennend, den andern die Landgängerzucht?
Der jüngere Sokrates: Mich auch.
Fremder: Zu welchem nun von beiden die Herrscherkunst gehöre dürfen wir nicht erst fragen; denn das sieht ja Jeder.
Der jüngere Sokrates: Freilich.
Fremder: Diesen Zweig der Herdenzucht aber, die Landgängerzucht kann wohl jeder teilen.
Der jüngere Sokrates: Wie?
Fremder: Wenn er geflügeltes und zu Fuß gehendes von einander trennt.
Der jüngere Sokrates: Vollkommen richtig.
Fremder: Und wie? ob es die Staatskunst mit dem zu Fuß gehenden zu tun hat, fragen wir danach erst? Oder meinst du nicht, daß auch der unverständigste dies bejahen würde?
Der jüngere Sokrates: Gewiß.
Fremder: Die Zucht des auf dem Lande gehenden nun muß wieder, wie die gerade Zahl wenn sie zerschnitten wird, in zwei Teilen erscheinen.
Der jüngere Sokrates: Offenbar.
Fremder: Nach der Seite nun wohin unsere Rede sich wendet glaube ich zwei gebahnte Wege zu sehen, einen schnelleren, wenn man einem großen Teil einen kleineren gegenüberstellt; (265) einen anderen der davon, was wir vorher sagten, daß man mitten durchschneiden müsse, mehr an sich hat, aber länger ist er freilich. Es steht also bei uns, welchen von beiden wir wollen, zu gehn.
Der jüngere Sokrates: Können wir denn nicht beide?
Fremder: Zugleich wenigstens nicht, du Wunderlicher, aber nach einander können wir es freilich.
Der jüngere Sokrates: Ich wähle also nach einander beide.
Fremder: Das geht auch gern; denn nur weniges ist uns noch übrig. Im Anfang freilich und als wir noch auf der Hälfte des Weges waren wäre die Aufgabe schwierig gewesen. Nun aber, da es dir so gefällt, wollen wir den längeren zuerst gehn. Denn so lange wir noch frischer sind, werden wir leichter darauf fortkommen. Die Einteilung nun siehe.
Der jüngere Sokrates: Sprich.
Fremder: Das Fußvolk unter den zahmen, was in Herden lebt, ist schon von Natur in zwei Teile geteilt.
Der jüngere Sokrates: Wonach?
Fremder: Daß einige ihrer Art nach ungehörnt sind, Andere hörnertragend.
Der jüngere Sokrates: Das ist deutlich.
Fremder: Teile also die Zucht des Fußvolkes so daß du jedem einen Teil gibst,