Gesammelte Werke. Sinclair Lewis

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Gesammelte Werke - Sinclair Lewis

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      Die Lustige Siebzehn (deren Mitgliederzahl zwischen vierzehn und sechsundzwanzig wechselte) war die Krone des gesellschaftlichen Lebens von Gopher Prairie. Sie war der Landklub, die Diplomatengesellschaft, das runde Zimmer bei Ritz, der Club de Vingt. Ihr anzugehören, hieß »dabei« sein. Obgleich ein Teil ihrer Mitglieder auch dem Thanatopsis-Studierklub angehörte, verlachte die Lustige Siebzehn als Ganzes den Thanatopsis und betrachtete seine Mitglieder als Mittelklasse, und sogar als »Gescheittuer«.

      Zum größten Teil waren die Angehörigen der Lustigen Siebzehn junge verheiratete Frauen, deren Ehemänner als Gäste im Klub verkehrten. Einmal wöchentlich hatten sie eine Nachmittags-Bridgepartie für Frauen, einmal im Monat sahen sie ihre Männer zum Abendessen und einer abendlichen Bridgepartie bei sich; und zweimal im Jahr tanzten sie im Saal des Ordens der ›Sonderbaren Brüder‹. Bei diesen Gelegenheiten explodierte die Stadt. Ella Stowbody war einmal sogar in der Mietskutsche der Stadt zu einer Soiree der Lustigen Siebzehn erschienen, und Harry Haydock und Dr. Terry Gould kamen immer in den beiden einzigen Frackanzügen der Stadt.

      Das Nachmittagsbridge der Lustigen Siebzehn, das auf Carolas einsame Zweifel folgte, fand in Juanita Haydocks neuer Villa statt, in dem Haus mit der polierten Eichentür und den Spiegelglasfacetten, mit dem Farnkraut in der getünchten Diele, dem Lehnstuhl, den sechzehn Farbdrucken und dem viereckigen, lackierten Tisch im Wohnzimmer; auf diesem Tischchen lagen immer auf einer Decke aus Zigarrenbauchbinden ein illustriertes Geschenkwerk und ein Paket Karten in einem Lederkästchen.

      Carola kam in ein überheiztes Zimmer. Man spielte bereits. Trotz ihrer matten Entschlüsse hatte sie noch immer nicht Bridge spielen gelernt. Sie entschuldigte sich deshalb auf gewinnende Weise bei Juanita und schämte sich, daß sie sich noch immer entschuldigte.

      Frau Dave Dyer, eine dürftig hübsche, bleiche Frau, die sich Experimenten über Religionskulte, Krankheiten und dem Verbreiten von Skandalgeschichten hingab, drohte Carola mit dem Finger und zirpte: »Sie sind ein Nichtsnutz! Ich glaube, Sie wissen gar nicht, was für eine Ehre es für Sie ist, daß Sie so leicht in die Lustige Siebzehn kommen!«

      Frau Chet Dashaway am zweiten Tisch stieß ihre Nachbarin an. Aber Carola blieb, so gut sie konnte, bei ihrer rührenden Jung-Frauenart; sie zwitscherte: »Sie haben ganz recht, ich bin ein faules Ding. Ich werde noch heute abend anfangen, mit Will zu lernen.« Innerlich tobte sie: »So, das wird wohl Sacharin genug gewesen sein.« Sie saß im kleinsten Schaukelstuhl, ein Muster victorianischer Bescheidenheit. Aber sie sah, oder bildete sich ein, daß die Frauen, die sie so überströmend begrüßt hatten, als sie nach Gopher Prairie kam, ihr jetzt nur kurz zunickten.

      Während der Pause nach der ersten Partie bat sie Frau Jackson Elder: »Glauben Sie nicht, daß wir bald wieder Bobsleigh fahren sollten?«

      »Es ist so kalt, wenn man in den Schnee fällt«, sagte Frau Elder gleichgültig.

      »Mir ist es ekelhaft, wenn ich Schnee in den Hals krieg'«, rief Frau Dave Dyer mit einem unfreundlichen Blick auf Carola und sagte dann, ihr den Rücken kehrend, zu Rita Simons: »Liebste, wollen Sie nicht heute abend auf einen Sprung zu mir kommen? Ich hab' entzückende neue Schnittmuster bekommen, die ich Ihnen zeigen möchte.«

      Carola zog sich in ihren Stuhl zurück. Im eifrigen Diskutieren über das Spiel ignorierte man sie. Sie war es nicht gewohnt, Mauerblümchen zu sein. Sie kämpfte dagegen an, überempfindlich zu werden, unbeliebt zu werden durch das unfehlbare Mittel, sich für unbeliebt zu halten; aber sie hatte keine große Reserve an Geduld, und als Ella Stowbody sie nach dem zweiten Spiel schnippisch fragte: »Werden Sie Ihr Kleid für die nächste Soirée in Minneapolis bestellen? Ich hab' so was gehört«, sagte Carola mit unnötiger Schärfe: »Ich weiß noch nicht.«

      Die Bewunderung, mit der das junge Mädchen Rita Simons die Stahlschnallen an ihren Pumps betrachtete, erleichterte sie ein wenig, aber sie ärgerte sich wieder über Frau Howlands bissige Frage: »Glauben Sie nicht, daß Ihr neues Ruhebett zu breit ist, um praktisch zu sein?« Sie nickte, dann schüttelte sie den Kopf und überließ es gereizt Frau Howland, damit anzufangen, was ihr beliebte. Gleich darauf wollte sie wieder Frieden machen. Mit einer Freundlichkeit, die schon fast süßlich war, fragte sie Frau Howland: »Ich finde den Fleischextrakt, den Ihr Mann im Laden hat, ausgezeichnet.«

      »O ja, Gopher Prairie ist nicht ganz so zurückgeblieben«, stichelte Frau Howland.

      Diese Abweisungen machten sie hochmütig; ihr Hochmut provozierte noch deutlichere Abweisungen; man war auf dem Wege zu offenem Kriegszustand, als das hereinkommende Essen Rettung brachte.

      Obgleich Juanita Haydock in Angelegenheiten wie Fingerschalen, kleinen Servietten und Badezimmermatten sehr fortgeschritten war, waren ihre »Imbisse« typisch für alle Nachmittagskaffees. Juanitas beste Freundinnen, Frau Dyer und Frau Dashaway, reichten große Fleischteller herum, auf jedem war ein Löffel, eine Gabel und eine Kaffeetasse ohne Untersatz. Sie entschuldigten sich und besprachen die Partien, während sie sich durch das Dickicht der Füße durcharbeiteten. Dann verteilten sie heiße Butterbrötchen, Kaffee, der aus einer glasierten Steingutkanne eingeschenkt wurde, gefüllte Fleischrouladen, Kartoffelsalat und Backwerk.

      Sie aßen ungeheuerlich. Carola hatte den Verdacht, die sorglichen Hausfrauen wollten sich bei den Nachmittagseinladungen ihr eigenes Abendessen ersparen.

      Sie versuchte wieder in den Strom zu gelangen. Sie ging zu Frau McGanum. Die kräftige, liebenswürdige junge Frau McGanum, die Arme und Brust wie ein Milchmädchen hatte und mit völlig ernsthaftem Gesicht laut und dünn zu lachen pflegte, war die Tochter des alten Dr. Westlake und die Frau von Westlakes Kompagnon McGanum. Kennicott behauptete, Westlake, McGanum und deren verdorbene Familie seien hinterlistig, aber Carola hatte sie angenehm gefunden. Sie bat um Freundlichkeit, indem sie Frau McGanum fragte: »Wie geht's dem Kleinen jetzt mit dem Hals?« und lauschte voll Aufmerksamkeit, während Frau McGanum schaukelte, strickte und in aller Ruhe einzelne Symptome schilderte.

      Nach der Schule kam Vida Sherwin und brachte die Stadtbibliothekarin Fräulein Ethel Villets mit. Fräulein Sherwins optimistische Person ließ Carola etwas zuversichtlicher werden. Sie redete. Sie erzählte: »Vor ein paar Tagen bin ich mit Will fast bis nach Wahkeenyan hinausgekommen. Das Land ist doch zu schön! Und ich bewundere die skandinavischen Farmer dort draußen so: ihre großen roten Scheunen und Silos und Melkmaschinen und alles. Kennen Sie die einsame Lutheranerkirche dort, mit dem Turm, der eine Blechhaube hat, sie steht ganz allein auf einem Hügel? Sie ist so düster; irgendwie sieht sie tapfer aus. Ich glaube wirklich, die Skandinavier sind die stärksten und besten Menschen.«

      »So, glauben Sie?« protestierte Frau Jackson Elder. »Mein Mann sagt, die Schweden, die in der Hobelwerkstatt arbeiten, sind einfach entsetzlich – sie reden nie und sind so komisch, und so egoistisch mit ihrem ewigen Geschrei nach Lohnerhöhungen. Wenn man ihnen ihren Willen ließe, würden sie ganz einfach das Geschäft ruinieren.«

      »Ja, und sie sind ganz einfach schauderhafte Dienstmädel!« klagte Frau Dave Dyer. »Ich kann einen Eid darauf schwören, ich schind' mich selber ab, um es meinen Dienstmädchen recht zu machen, wenn ich überhaupt welche kriegen kann! Ich tu' alles für sie. Sie dürfen sich, wann sie wollen, von ihren Freunden in der Küche besuchen lassen, und sie kriegen genau dasselbe zu essen wie wir, wenn was übrigbleibt, und ich mach' ihnen eigentlich nie einen Krach.«

      Juanita Haydock sagte knarrend: »Sie sind undankbar, alle diese Leute. Ich glaube, die Dienstmädchenfrage wird ganz einfach fürchterlich. Ich weiß nicht, wohin das Land kommen wird, wenn diese skandinavischen Bauernlümmel jeden Cent von einem haben wollen, den man sich absparen kann, und dann sind sie so ungebildet und unverschämt und verlangen, mein Wort darauf, Badewannen und alles mögliche – als ob sie zu Hause nicht zufrieden und glücklich wären, wenn sie sich in einem Waschzuber baden können.«

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