Evangelisch für Dummies. Marco Kranjc

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Evangelisch für Dummies - Marco Kranjc

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von vergangenen Zeiten handeln, sollte man nicht vergessen, dass es auch heute immer noch viele Menschen gibt, die auf der Suche nach Gott, nach Vergebung und Erlösung sind. Vielleicht geschieht das heute oft ganz anders als im Mittelalter, aber die Suche nach Erlösung und ewigem Leben gab es damals wie heute.

      Die römische Kirche versprach Hilfe in diesen Glaubensängsten. Folgende Einrichtungen der Kirche ebneten den Menschen den Weg in den Himmel:

       der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden,

       die Heiligen, die genug gute Taten vollbracht hatten, um »normalen Gläubigen« etwas davon abzugeben,

       das Fegefeuer, das nur zeitlich begrenzte Leiden umfasste und von den noch lebenden Angehörigen verkürzt werden konnte, und

       die Messe, in der der einzelne Gläubige die Nähe Gottes und die Gemeinschaft mit Christus erfahren konnte.

      Der Papst und die Einheit der Kirche

      Auch wenn die katholische Kirche im Apostel Petrus ihren ersten Papst sieht, war das Oberhaupt der Gemeinde von Rom in den ersten Jahrhunderten lediglich der Bischof von Rom. Erst nach und nach entwickelte sich die herausragende Stellung des »Bischofs von Rom« als Herr über die ganze Kirche. Wichtiger Architekt dieser Konzentration der Kirche auf Rom war Papst Gregor VII. (Papst von 1073 bis 1085). In den nächsten Jahrhunderten arbeiteten viele Päpste an dieser Einheit der Kirche unter Rom, sodass bis zum 13. Jahrhundert in Westeuropa ein Kulturraum entstanden war, in dem alle einflussreichen Menschen aus Kirche, Wissenschaft und Politik Latein sprachen. Aus welchem Winkel des katholischen Europas man auch kam, mit Latein konnte man sich verständigen. Immer mehr gelang es den Päpsten, das kirchliche Leben von Rom aus zentral zu steuern. Und nicht weniger erfolgreich wurde die Kirche darin, das Leben der einzelnen Gläubigen zu kontrollieren und zu beeinflussen:

       Die christliche Sicht auf die Sexualität geriet in eine totale Schieflage. Schon mit dem Auftreten der ersten Eremiten und Mönche stieg die Wertschätzung von Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit. Im Gegensatz dazu wurde die Sexualität bis zu dem Punkt entwertet, an dem sie gerade noch zur Fortpflanzung in der Ehe halbwegs »sündlos« praktiziert werden konnte.

       Mit der Beichte, also damit, dass man dem Priester seine Sünden erzählte, erlangte man durch die Vermittlung des Priesters die Vergebung der Sünden und das Heil. So einfach – oder schwer? – war es für den einfachen Gläubigen, das ewige Leben zu haben. Wer eine »Todsünde« beging und starb, ohne beichten zu können, konnte nur in der Hölle landen. Wer aber seine Sünden bereute – auch die Todsünden! –, konnte sich durch den Zuspruch des Priesters der Vergebung gewiss sein.

       Mit der »Erfindung« des Fegefeuers fand die Kirche einen Weg, die Verbindung zwischen den Lebenden und ihren verstorbenen Liebsten aufrechtzuerhalten. Denn viele Sünder mussten erst einmal durch das Leiden im Fegefeuer »gereinigt« werden, bevor der Weg in den Himmel frei war. Wie gut, dass die Hinterbliebenen es durch Gebete und (Geld-)Gaben in der Hand hatten, den Verstorbenen die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen.

      Das Fegefeuer (lateinisch purgatorium, Ort der Reinigung)

      Der Glaube an eine Art »Zwischenaufenthalt« der Toten wurde notwendig durch die katholische Ansicht, dass niemand in den Himmel kommen kann, der unrein ist. Wenn aber jemand zwar in der Gnade Gottes, aber ohne volle Vergebung der Sünden starb, war er eben noch nicht ganz fit für den Himmel. Von einem Zwischenaufenthalt der Verstorbenen gab es zwar auch in der frühen Kirche schon vage Ideen, aber erst Papst Gregor I. (der Große, Papst von 590 bis 604) baute das konkret in die katholische Glaubenslehre mit ein.

      Bis zur Zeit von Martin Luther im 15. Jahrhundert war das System des Fegefeuers so weit ausgeklügelt, dass den Hinterbliebenen genau gesagt werden konnte, welche Gabe oder welches Gebet den verstorbenen Angehörigen wie viele Jahre im Fegefeuer ersparte. Letztendlich entzündete sich am Fegefeuer und dem damit verbundenen Handel mit der Vergebung der Sünden (Ablasshandel) der Protest Martin Luthers.

      Die Heiligen

      Wie das Fegefeuer haben auch die »Heiligen« kirchengeschichtlich einen langen Weg hinter sich. Von der Verehrung der ersten christlichen Märtyrer als Vorbilder führte der Weg über die Verehrung ihrer Grabstätten als Gedenkorte bis hin zu der Ansicht, dass die Heiligen die Menschen begleiten und schützen können und vor Gott für die Menschen eintreten. Nach und nach entwickelte sich der Glaube, dass bestimmte Heilige für bestimmte Bereiche zuständig sind: So betet man zum Schutz gegen Feuer zum Heiligen Florian (der auch die Feuerwehrleute besonders schützt). Die Besenbinder beschützt die Heilige Anna und bei Heiserkeit hilft der Heilige Bernhardin von Siena.

      Im Mittelalter wurden dann zusätzlich sogenannte Reliquien (lateinisch für Zurückgelassenes, Überbleibsel) verehrt – meist waren es Körperteile (Knochen, Haare, manchmal ein Schädel) oder Gegenstände aus dem Besitz von Heiligen. Diese Reliquien sollten eine besondere Verbindung und Nähe zum entsprechenden Heiligen schaffen.

       Grundsätzlich nahm man an, dass jedes Unrecht beziehungsweise jede Sünde eine Wiedergutmachung erforderte, so wie vor einem weltlichen Gericht auch. Geistlich gesehen erwartet nun aber auch Gott von jedem Sünder irgendeine Handlung (zum Beispiel ein Gebet, eine gute Tat oder eine Spende), die beweist, dass er es mit seiner Reue ernst meint.

       Diese erste Annahme verband man mit einer zweiten, die besagt, dass Christus, die Jungfrau Maria und die Heiligen so viele gute Taten vollbracht haben, dass dieser angesammelte »Schatz« an guten Taten für alle Gläubigen reicht. Der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden ist nun dafür zuständig, diesen Schatz von Verdiensten an die bedürftigen Sünder zu verteilen. Der Schatz von guten Werken dient also dazu, den Sündern – ob schon verstorben oder noch unter den Lebenden – die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen. Diese »Umbuchung« von guten Werken vom Guthabenkonto der Heiligen auf das Minuskonto der einfachen Gläubigen konnte mit Gebeten, aber noch mehr mit Geld erworben werden und wurde »Ablass« genannt.

      

Wen die oft krassen Geschichten der Heiligen interessieren, der kann sich von Albert Christian Sellners Immerwährender Heiligenkalender (Frankfurt/Main, 1993) durchs Jahr begleiten lassen. Er enthält außerdem einen interessanten Artikel darüber, wie die katholische Kirche eigentlich Menschen heiligspricht. Arnold Angenendt bearbeitet das Thema historisch in Heilige und Reliquien: Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart (München, 1997). Beide Bücher sind leider nur noch antiquarisch oder in der Bibliothek erhältlich.

      Martin Luthers Kritik an der römischen Kirche wird sich später zunächst auf den Missbrauch dieses Ablasssystems beziehen. Ausführlicher werden Sie darüber in Kapitel 2 lesen.

      

In engem Zusammenhang mit der Verehrung der Heiligen stand auch die Verehrung der Mutter Jesu. Auch sie wurde um Schutz in schwierigen Zeiten gebeten und als Fürsprecherin bei Gott angesehen. Schon früh lehrte die Kirche, dass Maria mit unversehrtem Körper und ohne Todesqualen in den Himmel aufgefahren sei. Deshalb konnte es von Maria natürlich auch keine Reliquien geben. An den ihr geweihten

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