Evangelisch für Dummies. Marco Kranjc

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Evangelisch für Dummies - Marco Kranjc

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der Bibel orientieren sollen. Aber auch den einzelnen Gläubigen kann man auffordern oder ermutigen, sein Leben »unter der Schrift« zu führen.

       dass nicht das Amt, sondern sein Verhalten dem Papst seine Autorität verleihen sollte. Nur wer nach Jesu Beispiel demütig, friedvoll und in Armut lebt, könne Papst werden.

       dass die Geistlichen ein heiliges Leben führen sollten und Vorbilder für die Gläubigen sein müssten. Auch wendete er sich gegen Reliquien und den Ablasshandel – Gottes Gnade kann niemals käuflich sein.

      Das alles konnte natürlich auch diesmal nicht geduldet werden, und Hus’ Gegner verklagten ihn beim Papst. Doch Hus war ein aufrechter Mann und ganz von der Richtigkeit seiner Sache überzeugt: Er forderte seine Gegner auf, ihn beim Konzil (eine Art von Versammlung der Kirchenoberen) in Konstanz am Bodensee zu treffen und die Sache dort mit ihm auszudiskutieren.

      

Das Konzil tagte in Konstanz von 1414 bis 1418 und sollte die Herrschaft von drei verschiedenen Päpsten beenden – siehe weiter oben.

      Zwar bekam Hus einen Geleitbrief von König Sigismund (1368–1437), der ihm persönlichen Schutz zusicherte. Doch als Hus in Konstanz eintraf, erreichten seine Gegner, dass er angeklagt und verhaftet wurde. Er wurde zwar mehrfach verhört, doch eine Auseinandersetzung mit seinen Anliegen fand nicht statt. Es war klar: Hus war schon in dem Moment ein toter Mann gewesen, als er Konstanz betrat. Als König Sigismund endlich Konstanz erreichte, stand er vor vollendeten Tatsachen: Er konnte Hus nicht mehr helfen, ohne das eigentliche Ziel des Konzils, die Einigung der Kirche unter einem Papst, zu gefährden. Er brach sein Wort und opferte Jan Hus, der am 6. Juli 1415 zusammen mit seinen Schriften verbrannt wurde. Doch durch Böhmen lief daraufhin ein Sturm der Empörung und in den nächsten zwanzig Jahren lieferten sich die Anhänger von Jan Hus erbitterte Kriege mit den böhmischen Herrschern, die sogenannten Hussitenkriege. Bis in Luthers Zeit fast hundert Jahre später brodelte es in Böhmen – und im Jahre 1618 brach dort auch der Dreißigjährige Krieg aus.

      Jan Hus und Martin Luther und viele ihrer Zeit- und Weggenossen haben es vorgemacht und bis heute berufen sich evangelische Gläubige auf ihr Gewissen, wenn sie Entscheidungen treffen müssen. Und wer weiß – so mancher Protestant wünscht sich vielleicht gelegentlich insgeheim einen »Papst«, der ihm einfach sagt, was er tun und glauben soll, statt immer wieder selbst prüfen und entscheiden zu müssen – und dann auch noch Gott persönlich dafür verantwortlich zu sein.

      Das Gewissen – ein evangelisches Schlüsselwort

      Allerdings darf man nicht davon ausgehen, dass die Evangelischen eine fixe »Lehre vom Gewissen« haben. Bei Luther war das Gewissen noch an das gebunden, was man in der Bibel liest und wie man es versteht – danach war zu handeln, auch gegen Autoritäten. In Kapitel 2 erfahren Sie, wie Martin Luther seinem Gewissen folgte. Heute ist die Bibel auch für viele Evangelische nicht mehr so sehr maßgebend. Manchem scheint sie zu veraltet und zu wenig zeitgemäß, um das Gewissen noch daran binden zu können. Auch geht das Bibelwissen den Menschen (evangelischen ebenso wie katholischen) heute mehr und mehr verloren. Stattdessen folgt man vielleicht den Menschenrechten oder Aussagen wie dem Deutschen Grundgesetz: »Die Würde des Menschen ist unantastbar«. Oder einfach dem, von dem man denkt, dass es richtig ist.

      Wie gesagt: Es gibt in den evangelischen Kirchen keine Autorität, die festschreibt, was geglaubt werden muss. Es gibt »Bekenntnisse« (davon mehr in Kapitel 15), auf die sich Kirchen und Gemeindeglieder verpflichten – wenn ihr Gewissen es erlaubt.

      Natürlich spielt das Gewissen auch bei Katholiken, Muslimen, Atheisten und allen anderen Menschen eine Rolle. Nur gibt es bei den Evangelischen vielleicht eine stärkere und bewusstere Tradition des »Sich-auf-sein-Gewissen-Berufens«. Am Fall der Berliner Mauer und des DDR-Regimes waren wohl nicht zufällig so viele evangelische Pastoren beteiligt.

      Das Gewissen – ein fleißiger Gründer neuer Kirchen

      

In diesem Zusammenhang begegnen einem oft zwei Begriffe: »Konfession« und (seltener) »Denomination«. Beide Begriffe bezeichnen eine Untergruppe innerhalb einer Religion, die sich in Lehre und Praxis etwas von anderen unterscheidet. Christliche Konfessionen wären zum Beispiel die römisch-katholische Kirche und die evangelische Kirche. Diese teilt sich wieder in weitere Konfessionen, also zum Beispiel die lutherische, die reformierte, die methodistische oder die baptistische Kirche.

      Dass sich dann unter dem Deckmantel des Gewissens manchmal auch einfach nur Stolz, Dickköpfigkeit, Machtstreben oder auch Dummheit verbergen – nun, das ist wohl menschlich und umso weniger zu vermeiden, je mehr Freiheit die Menschen genießen.

      Noch ein weiteres Merkmal des evangelischen Glaubens wird Sie durch dieses Buch begleiten: der Glaube an die Bedeutung des »Wortes«. Das bedeutet zunächst einmal die Bibel, die nach evangelischer Sichtweise jeder Christ lesen, verstehen, auslegen und als Richtschnur für sein Leben gebrauchen können sollte. Doch der Respekt vor dem »Wort« gilt auch allen anderen Büchern, dem gesprochenen Wort (Kapitel 9 widmet sich der Predigt) und der Bildung. Schulen gründen, die Menschen lesen und schreiben lehren und Bücher drucken – das war von Anfang an eine evangelische Leidenschaft.

      Zum »Mann des Jahrtausends« wurde folgerichtig auch weder Luther noch Calvin gewählt. Es war Johannes Gutenberg (eigentlich Johannes Gensfleisch, circa 1400–1468). Er erfand den modernen Buchdruck und löste damit eine Medienrevolution aus. Vorher mussten Bücher und andere Schriften handschriftlich kopiert werden. Beim Kopieren von Handschriften kam es auf extreme Genauigkeit und Sorgfältigkeit an. Wer hatte dabei schon Zeit, über das Gelesene auch noch nachzudenken? Außerdem konnte man unbequeme Texte in wenigen Exemplaren viel besser unter Kontrolle halten.

      Und plötzlich die Druckerpresse: Das Kopieren besorgte eine Maschine, man brauchte nur noch zu lesen oder sich vorlesen zu lassen. Den Druck besorgte jemand anders und man hatte Zeit zum Nachdenken. Ausverkauft, verbrannt, verboten? Egal, man druckte eben nach! Martin Luthers Schriften wurden Bestseller – und er wusste, wie man schreibt und die Menschen bewegt. Der evangelische Glaube ruht auf dem »Wort« – dem der Bibel ebenso wie darauf, was Christen bis heute schreiben und lesen.

      

Ein auch handwerklich äußerst schön gemachtes Buch ist die Gutenberg-Biografie von Klaus-Rüdiger Mai Gutenberg:Der

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