Mauerwerk-Kalender 2022. Detleff Schermer
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Die Biegezugfestigkeit von Mauerwerk ist von großer Bedeutung bei Ausfachungsflächen und Verblendschalen von zweischaligem Mauerwerk bei Einwirkung von Windlasten (Sog und Druck), aber auch bei mit Erddruck belasteten Kellerwänden. Bei dem anisotropen Baustoff Mauerwerk wird unterschieden zwischen den Beanspruchungen senkrecht zur Lagerfuge und parallel zur Lagerfuge. In einigen Fällen, z. B. bei Ausfachungsflächen oder bei Verblendschalen, treten meist zweiaxiale Beanspruchungen auf, d. h. eine Kombination der Beanspruchungen senkrecht und parallel.
Die Überschreitung der Biegezugfestigkeit einer Mauerwerkwand führt bei einer Biegebeanspruchung parallel zu den Lagerfugen zur Bildung einer Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen, während aus einer Biegebeanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen eine Bruchebene parallel zu den Lagerfugen resultiert. In beiden Fällen können, wie bei der Zugfestigkeit, die Versagensfälle Stein und Fuge unterschieden werden. Die Bestimmung der Biegezugfestigkeit von Mauerwerk kann getrennt nach der Beanspruchungsrichtung sowohl rechnerisch als auch experimentell erfolgen.
Experimentell wird die Biegezugfestigkeit im Vierpunkt-Biegeversuch nach DIN EN 1052-2 [27] ermittelt.
In Bild 6 sind Ergebnisse zu Untersuchungen der Biegezugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge dargestellt, die in [13] ausgewertet wurden. Neuere Erkenntnisse sind in [9] enthalten. Die Bandbreite der Werte in Bild 6 ist je nach Materialkombination verhältnismäßig groß. Die Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen fxk1 (mit einer Bruchebene parallel zu den Lagerfugen) darf in tragenden Wänden nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] nicht in Rechnung gestellt werden. Lediglich bei Wänden aus Planelementen, die kurzzeitig rechtwinklig zur Wandebene beansprucht werden, darf normgemäß ein Wert fxk1 = 0,2 N/mm2 zugrunde gelegt werden. In Abhängigkeit der gewählten Materialkombination wäre der Ansatz eines höheren Wertes gerechtfertigt, vgl. Bild 6.
Die charakteristische Biegezugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen fxk2 (mit einer Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen) wird nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] als Kleinstwert aus den Kriterien Fugen- und Steinversagen bestimmt. Die dort angegebenen Berechnungsgleichungen basieren auf den Berechnungsansätzen zur Bestimmung der Zugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen gemäß Abschnitt 6.2.3.
Bild 6. Bandbreite der Biegezugfestigkeitswerte senkrecht zur Lagerfuge (aus [13])
Eine genauere Analyse geometrischer Einflussgrößen hat gezeigt, dass neben den mechanischen Eigenschaften und dem Überbindemaß auch die Wanddicke einen maßgeblichen Einfluss auf die Biegezugfestigkeit des Mauerwerks parallel zu den Lagerfugen ausübt, s. [9]. Durch den Ansatz baustoffspezifischer Werte für die Steinlängszugfestigkeit und die Anfangsscherfestigkeit der gewählten Mauerstein-Mauermörtel-Kombination besteht die Möglichkeit, über die nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] anzusetzenden Werte hinaus höhere Biegezugfestigkeiten zu erzielen, vgl. Abschnitte 2.1.3 und 5.2.
6.2.5 Schubfestigkeit
Durch horizontale Lasten wie Erddruck, Wind oder auch Erdbeben können Mauerwerkwände sowohl in Wandebene auf Scheibenschub als auch senkrecht zur Wandebene auf Plattenschub beansprucht werden. Die Scheibenschubbeanspruchung ist insbesondere bei aussteifenden Wänden von Bedeutung.
Für die Bestimmung der Schubfestigkeit von Mauerwerk existiert kein genormtes Prüfverfahren. Neben der experimentellen Bestimmung besteht die Möglichkeit, die Schubfestigkeit von Mauerwerk rechnerisch zu ermitteln.
Der Nachweise des Tragwiderstands bei Querkraftbeanspruchung erfolgt über den Grenzwert fvlt der charakteristischen Schubfestigkeit. Analog zur rechnerischen Ermittlung der Biegezugfestigkeit besteht auch bei der Berechnung des Grenzwerts fvlt die Möglichkeit, baustoffspezifische Werte für die Steinlängszugfestigkeit (Scheibenschub) und die Anfangsscherfestigkeit (Scheiben- und Plattenschub) der gewählten Mauerstein-Mauermörtel-Kombination anzusetzen, um höhere Schubfestigkeitswerte zu erzielen, vgl. Abschnitte 2.1.3 und 5.2.
6.3 Verformungseigenschaften
6.3.1 Elastizitätsmoduln
Der Elastizitätsmodul von Mauerwerk ist eine wichtige Eigenschaftskenngröße, die das Verformungsverhalten von Mauerwerk bei kurzzeitiger Lasteinwirkung in dem Last- bzw. Spannungsbereich von einem Drittel der Höchstspannung kennzeichnet. In diesem Bereich kann der Zusammenhang zwischen Belastung bzw. Spannung und der daraus resultierenden Verformung (Dehnung) näherungsweise als linear angesehen werden.
Für bestimmte Bemessungsfälle und für die Beurteilung der Risssicherheit sind der Druck-E-Modul senkrecht bzw. parallel zu den Lagerfugen sowie der Zug- E-Modul parallel zu den Lagerfugen von Relevanz.
Der Druck- bzw. Zug-E-Modul kann in Druck- bzw. Zugversuchen an Mauerwerk mitbestimmt werden, wenn die Verformungen in den jeweiligen Belastungsrichtungen miterfasst werden. Bei zusätzlicher Verformungsmessung quer zur Belastungsrichtung kann zudem der Querdehnungsmodul bzw. die Querdehnzahl ermittelt werden.
Rechnerisch kann der Druck- bzw. Zug-E-Modul in Abhängigkeit von der Mauerwerkdruck- bzw. -zugfestigkeit beschrieben werden. Da die Mauerwerkdruckfestigkeit nicht immer bekannt ist, kann es hilfreich sein, Werte für den Druck-E-Modul (senkrecht) in Abhängigkeit von der Steindruckfestigkeit anzugeben. In Tabelle 9 werden Gleichungen für die Berechnung des Druck-E-Moduls (senkrecht und parallel) sowie des Zug-E-Moduls (parallel) angegeben. Die Gleichungen entsprechen dem Stand in [1]; sofern nachvollziehbar, wurden Bestimmtheitsmaße (Best.) ergänzt. Die Werte für eine Druckbeanspruchung parallel zur Lagerfuge beziehen sich auf Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen. Für Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen ergeben sich nach [1] etwa halb so hohe Druck- E-Modul-Werte wie bei Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen.
Wie aus Tabelle 9 ersichtlich, ergeben sich für eine Druckbeanspruchung senkrecht zur Lagerfuge Verhältniswerte Druck-E-Modul/Mauerwerkdruckfestigkeit in etwa zwischen 500 und 1500. Dieser Verhältniswert, bezogen auf den charakteristischen Wert der Mauerwerkdruckfestigkeit fk, wird in DIN EN 1996-1-1/NA [17] als Kennzahl KE differenziert nach Mauersteinart angegeben.
Werte für den Druck-E-Modul (senkrecht) in Abhängigkeit von der Mauersteinsorte, der Steinfestigkeitsklasse sowie der Mauermörtelart sind in [1] tabelliert. Diese Werte wurden aus Regressionsgleichungen berechnet.
Tabelle 10 enthält Werte für die Längsdehnung bei Höchstspannung (Bruchspannung) und die Querdehnzahl bei einer Druckbeanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen. Die Werte gelten für Mauerwerk mit Normalmauermörtel.
6.3.2 Feuchtedehnung, Kriechen, Wärmedehnung
Die Verformungskennwerte werden vorwiegend für die Beurteilung der Risssicherheit,