Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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Logau angerechnet; — und aus den alten Schwaͤbiſchen Poeſien iſt doch, meinem Erachten nach, wenigſtens in der Sprache weit mehr zu lernen, als aus Logau. Nur freilich ſollten die Schweizer auch mehr Muͤhe ſich dabei gegeben haben, die Jdiotismen zu zeigen, zu pruͤfen, und kritiſch einzufuͤhren. Wenn ſie auch dieſe Woͤrter verſtehen; wer Deutſches in lateiniſchen Lettern leſen kann, iſt ja nicht deswegen ein Schweizer!

      Jch rede von ihren Deutſchen Verdienſten, denn von ihren Nachbildungen aus dem Griechiſchen muͤſte ich vielleicht anders urtheilen: ich rede von ihrem Verdienſt um die Sprache, denn von ihrer Dichterei und von ihrer Abneigung gegen die Philoſophie, gegen die ſie aus den Zuͤrchiſchen freimuͤthigen Nachrichten ſo lange Zeit Calefonium-Blizze geſandt, urtheile ich jetzt nicht; und in dieſem eingeſchraͤnkten Geſichtspunkt kann ich ſelbſt ihre Hizze entſchuldigen, die den Gottſchedianern die Stange halten muſte. Zwei Gegner, die auf beiden Seiten ausſchweifen, und beide ohne Weltweisheit ſtreiten; — da kam zum Gluͤck eine dritte Parthei, die Baumgartenſche Schule, die Soͤhne des Deutſchen Athens, und brachten ſie beide aus einander.

      Jn der Dichtkunſt Ramler, Kleiſt, und inſonderheit Gleim; in der Proſe Leßing und Abbt; wenn man dieſe lieſet, wie bedauret man nicht den Sulzerſchen Einfall, uns keine Jdiotismen zu laſſen. Gleims Kriegslieder und ſein verſificirter Philotas inſonderheit iſt voll von dieſer Deutſchen Staͤrke. — Eine fleißige Seele in Liefland hat einen Anhang zu Friſchens Woͤrterbuch, aus der Bibliothek der ſchoͤnen Wiſſenſchaften, Litteraturbriefen, Leßings, Uz und dergleichen Schriften gemacht; aus dem ich, weil er doch zu gut iſt, um in einem Winkel ohne Anwendung zu vermodern, wenn er vollendet ſeyn wird, einen Auszug liefern werde. Aus den Zeiten der Meiſterſaͤnger, des Opitz und Logau, des Luthers u. ſ. w. ſollte man die Jdiotismen ſammlen, und inſonderheit mehr von Klopſtock lernen, dieſem Genie in Schoͤnheiten und Fehlern, der ſelbſt in der Deutſchen Sprache ſich den Schoͤpfungsgeiſt anmaaßte, und auch dieſen Geiſt der Freiheit eigentlich in Deutſchland zuerſt ausbreitete: wirklich ein Genie, das ſelbſt in ſeiner Eccentricitaͤt groß iſt, und das, ſo wie Alexander Macedonien, die damalige Deutſche Sprache nothwendig fuͤr ſich zu enge finden muſte.

      Auch die Kuͤhnheit in Jdiotismen bei einem einzelnen Autor gibt Gelegenheit, auf ſein Genie Acht zu haben. Derſelbe Blick, der die Begriffe, wie die Farben im Sonnenſtral, theilt, nimmt auch die Lichtbrechung in den Nuancen der Sprache wahr. Der mittelmaͤßige Scribent bequemt ſich, nach dem ordentlichen Wege, um ins Cabinett ſeines Fuͤrſten zu gelangen; dieſer beſticht jener betriegt, ein andrer ſchmeichelt: ein gewiſſer Deutſcher Pythagoras laͤßt ſich beſchneiden, um hinter die Vorhaͤnge der Weisheit zu kommen; das kuͤhne Genie durchſtoͤßt das ſo beſchwerliche Ceremoniel: findet und ſucht ſich Jdiotismen; graͤbt in die Eingeweide der Sprache, wie in die Bergkluͤfte, um Gold zu finden. Und betriegt es ſich auch manchmal mit ſeinen Goldklumpen: der Sprachenphiloſoph probire und laͤutere es: wenigſtens gab er Gelegenheit zu chymiſchen Verſuchen. Moͤchten ſich nur viele ſolche Bergleute und Schmelzer in Deutſchland finden, die, wenn die Deutſche Sprache eine Bergund Weidſprache iſt, auch als Graͤber und Jaͤger ſie durchſuchten. Caͤſar ſchrieb uͤber die Aehnlichkeit der Sprachen; Varro uͤber die Etymologie; Leibniz ſchaͤmte ſich nicht, ein Sprachforſcher zu ſeyn, und wir, trotz unſrer Deutſchen Geſellſchaft, haben hierinn wenig oder nichts gethan.

      7.

       Inhaltsverzeichnis

      Wir bemuͤhen uns alſo mehr um Hausgeraͤth:) Kunſtwoͤrter: buͤrgerliche Ausdruͤcke: Redensarten des Umganges ſind die haͤufigſten Scheidemuͤnzen im muͤndlichen und Buͤchercommerz: die Alten hingegen wechſelten mit Goldſtuͤcken: ſie ſprachen durch Bilder; wir hoͤchſtens mit Bildern, und die bildervolle Sprache unſrer ſchildernden Dichter verhaͤlt ſich zu den aͤlteſten Poeten, wie ein Exempel zur Allegorie, wie eine Allegorie zum Bilde in einem Zuge. Leſet den Homer, und denn leſet Klopſtock; jener malet, indem er ſpricht; er malet lebende Natur und Politiſche Welt: dieſer ſpricht um zu malen, er ſchildert; und um neu zu ſeyn: eine ganz andre Welt; die Welt der Seele und der Gedanken, da jener ſie hingegen in Koͤrper kleidet und ſpricht: Laß ſie ſelbſt reden!

      Die Oekonomie der Morgenlaͤnder war reich an Knechten; ſo iſt es auch ihre Sprache.) Die Erfinder der Sprachen, ohne Zweifel nichts minder als Philoſophen, druckten natuͤrlicher Weiſe das durch ein neues Wort aus, was ſie noch nicht unter einen andern Begrif zu ordnen wußten. So entſtanden Synonyme, die dem Dichter eben ſo vortheilhaft waren, als ſie dem Grammatiſchen Philoſophen zum Aergerniß gereichen. Der Arabiſche Dichter, der zum Loͤwen 500 Woͤrter hat, die verſchiedene Zuſtaͤnde deſſelben bedeuten, z. E. junger, hungriger Loͤwe ꝛc. kann durch ein Wort malen, und durch dieſe mit einem Zuge entworfne Bilder vielſeitiger ſprechen, wenn er ſie gegen einander ſezzt; als wir, die dieſen Unterſcheid blos durch dazu geſezzte Beſtimmungen deutlich machen. Die Choͤre der Morgenlaͤnder koͤnnen ſich in ihren beiden Gegenſaͤzzen beinahe wiederholen; allein das Bild, oder die Sentenz bekommt durch eine Wendung, oder ein Wort Neuheit. Das Kolorit veraͤndert ſich, und dieſe Veraͤnderung gefaͤllt dem Ohr der Morgenlaͤnder; hingegen unſre Sprache, die an dieſen beinaheSynonymen gefeſſelt iſt, muß entweder die Wiederholungen ohne dieſen Nebenzug ausdruͤcken;

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