Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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und Spekulationen finden? Das Publikum war verwoͤhnt, bei allen wichtigen Werken ihre Stimme zu erwarten, und ihr Correſpondent wird doch gewiß mit andern Journaͤlen haben buhlen muͤſſen, um die Merkwuͤrdigkeiten alle zu erfahren. — Jhre Philoſophie iſt nach dem Ausſpruche Cicerons: „Philoſophire! aber mit wenigem„ und dieſe Maͤſſigung hat ſie, als Leitband, vor dem Sinken bewahrt. Jn deſſen faͤllt es mir ein, daß einſt in Athen zween Kuͤnſtler ſtritten; jener betrog die Voͤgel, und dieſer gar ſeinen Miteiferer, der nach dem Vorhange grif, und blos ein Gemaͤlde ertappete. Wenn die Litteraturbriefe in ihren Urtheilen oft einfaͤltige Leſer bei dem Naſchen zum beſten haben, ſo geht dies noch hin; wenn aber der Ordensbruder, der Philoſoph ſelbſt, nach ihren allgemeinen Anmerkungen greift und ſie verſchwinden; ſo iſts beinahe wider die Zunftgeſezze.

      Beide Werke, die ich ohngeachtet ihrer Verſchiedenheit vergleiche, haben ſich indeſſen alle beide um den deutſchen Geſchmack ſehr verdient gemacht, und werden merkwuͤrdig ſeyn, wenn gleich die Nachrichten des einen und der homiletiſche Eifer des andern nicht mehr zum Neueſten der Litteratur gehoͤren werden.

      Jch liefere die vornehmſten Stellen der Litteraturbriefe ausgezogen, und betrachtet: daher kann meine Arbeit vielleicht fuͤr einen Realauszug aus denſelben gelten. Wenn ich ihnen widerſpreche oder beiſtimme, citire ich blos, und uͤberlaſſe dem Leſer, der jenes Werk beſizzet, die Citationen ſelbſt aufzuſchlagen. So vermeide ich den Ton eines Tadlers und Lobredners, und ſpreche mit einigen Verfaſſern Pantomimiſch: wie es dort von jenem Griechiſchen Orakel hieß: ουτε λεγει, ουτε κρυπτει; αλλα σημαινει.

      Fragmente.

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Die Sprache iſt ein Werkzeug der Wiſſenſchaften, und ein Theil derſelben: wer uͤber die Litteratur eines Landes ſchreibt, muß ihre Sprache auch nicht aus der Acht laſſen.

      Ein Volk, das ohne poetiſche Sprache große Dichter, ohne eine biegſame Sprache gute Proſaiſten, ohne eine genaue Sprache große Weiſe gehabt haͤtte, iſt ein Unding. Wenigſtens muͤſten bei einer unausgebildeten Sprache die Geiſter, die gebohren ſind, Hinderniſſe zu uͤberwinden, ſelbſt erfinden, ſie muͤſten verwuͤſten und ſchaffen: ſchwaͤchere Nachfolger aber quaͤlen ſich, ohne nachher zeigen zu koͤnnen: das habe ich geliefert. Lernet alſo, ihr Kunſtrichter! eure Sprache kennen: und ſucht ſie zur Poeſie, zur Weltweisheit und zur Proſe zu bereiten. Alsdenn ebnet ihr einen Boden, damit er ein Gebaͤude trage. Oder noch mehr! ihr liefert Werkzeuge fuͤr den Schriftſteller: fuͤr den Dichter ſchmiedet ihr Donnerkeile; fuͤr den Redner glaͤnzet ihr ſeine Ruͤſtung; fuͤr den Weltweiſen ſchaͤrfet ihr die Waffen.

      Sie iſt aber mehr als Werkzeug: Worte und Jdeen ſind genau in der Weltweisheit verwandt: wie viel haͤngt vom Ausdrucke in der Critik der ſchoͤnen Wiſſenſchaften ab: durch die Sprache lernen wir beſtimmt denken, und bei beſtimmten, und lebhaften Gedanken ſuchen wir deutliche und lebendige Worte: unſre Waͤrterinnen, die unſre Zunge bilden, ſind unſre erſte Lehrer der Logik.

      Der Genius der Sprache iſt alſo auch der Genius von der Litteratur einer Nation. Die Sprache, ſagt Jſokrates, war die Bezaͤhmerin der alten Wilden, und man ſezze dazu auch die Bilderin jeder Nation in den Wiſſenſchaften. Die Griechen, die Roͤmer, wie arbeiteten ſie nicht in ihrer Sprache. Die Araber, die die Grammatik das Salz der Wiſſenſchaften benannten, hatten ſo viel Critiker, daß jener Rabbi 60 Camele mit Woͤrterbuͤchern bepacken konnte, wie ein arabiſcher Schriftſteller mit arabiſcher Genauigkeit, berichtet.

      Jhr koͤnnt alſo die Litteratur eines Volks ohne ihre Sprache nicht uͤberſehen, ihr koͤnnt jene durch dieſe kennen lernen, ihr koͤnnt beide durch einander ausbeſſern, denn ihre Vollkommenheit geht mit ziemlich gleichen Schritten fort.

      „Wie fern hat auch die natuͤrliche Den„kungsart der Deutſchen einen Einfluß in „ihre Sprache? Und die Sprache auf ihre „Litteratur. Von ihren Elementen, ihrer „Ausſprache und Sylbenmaas an. Wie viel „kann aus der Beſchaffenheit ihrer Umſtaͤnde „und Sprachwerkzeuge erklaͤrt werden? Wie „fern kann ihr Reichthum und ihre Armuth „nach den Zeugniſſen der Geſchichte von ihrer „Denkund Lebensart entſproſſen ſeyn? Wie„fern die Etymologie ihrer Woͤrter aus den „Geſichtspunkten beſtimmt werden, die ih„nen mit andern Nationen gemein, oder ei„gen geweſen? Wiefern halten auch die „Sprachregeln, mit den Geſezzen ihrer Denk„art eine Parallele? und wie koͤnnen die Jdio„tismen aus ihr erklaͤrt werden? Welche „Revolutionen hat die deutſche Sprache in „ihrem Weſentlichen erfahren muͤſſen? Und „wie weit iſt ſie jezt fuͤr den Dichter, den „Proſaiſten und den Weltweiſen?„ Eine große Aufgabe! Denn das Wie fern fordert nicht blos Exempel „daß ſo etwas ohnge„faͤhr ſeyn koͤnnte„ ſondern Beweiſe, Sammlungen von Beiſpielen, die das Allgemeine zeigen, und philoſophiſche Beobachtungen, die bis zu den Grundſaͤzzen heraufſteigen.

      Man hat noch in der That wenig uͤber unſre Sprache philoſophiret: Breitinger, Bodmer, Boͤdicker, Heinze, Oeſt, Klopſtock haben zerriſſene Anmerkungen geliefert; und von ſo vielen deutſchen Geſellſchaften haben nur zwey oder drey gezeiget, daß ſie auch nur ſo etwas zu liefern im Stande waͤren — Jch kann verſchiedene Litteraturbriefe nennen, die nuͤzliche Beobachtungen in dieſem Felde geliefert: ich ſamle ſie, und ſchreibe meine Einfaͤlle dazu — weil nach dem Zuſtand unſerer Philoſophie uͤber die deutſche Sprache, man ſich nicht der Fuͤllſteine ſchaͤmen und noch lange nicht an ein ganzes Gebaͤude denken darf.

      2.

       Inhaltsverzeichnis

      Jch bin nicht

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