Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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      Wenn ich einen Augenblick einmal denke, aber es könnte dir in Zukunft schaden so zu handeln; Possen, fällt mir meine Empfindung ins Wort, und ich bin gewöhnlich schon überführt ehe sie völlig ausgeredet hat.

      *

      Sprich nicht immer: weil nun das ist, so muß dieses so sein, laß deine Empfindung auch einmal zum Wort kommen. Bisher konnte die Vernunft nicht zum Wort kommen, jetzo da sie merkte, daß es etwas stiller ward, so fing sie wie gewöhnlich an, wenn sie lange nicht gesprochen hat.

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      Seinen kleinen Stock brauchte er allerlei zu messen, körperliche sowohl als moralische Dinge, denn er sagte oft: ich bekümmere mich nicht so viel darum, und zeigte mit dem Nagel seines Daumens an dem Stock wie viel er sich darum bekümmerte.

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       Ihr Unterrock war rot und blau sehr breit gestreift und sah aus, als wenn er aus einem Theater-Vorhang gemacht wäre. Ich hätte für den ersten Platz viel gegeben, aber es wurde nicht gespielt.

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      Weil er seinem Vater nun einmal bei der Zeugung mißlungen war, so getraute sich kein Kupferstecher nachher noch einmal sein Heil mit ihm in Kupfer zu versuchen.

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      Taten, die zum Schaden der Täter, allein zum Vorteil anderer eben deswegen gereichten, hat man weil sie ihrer Natur nach keine bare Bezahlung zuließen mit Lob zu bezahlen gesucht, und Ehrengedächtnisse sind Wechsel, die man auf die Nachwelt stellen muß, weil sie oft die lebende Welt mit Protest würde zurückgehen lassen.

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      Leute werden oft Gelehrte so wie manche Soldaten werden, bloß weil sie zu keinem andern Stand taugen, ihre rechte Hand muß ihnen Brod schaffen, sie legen sich, kann man sagen, wie die Bären im Winter hin und saugen aus der Tatze.

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      Die Barbarei ist eine Sündflut über die Wissenschaften gewesen welche der witzelnde Frevel einiger römischen beaux esprits über dieselben gebracht hat, sie ist in beinah 2000 Jahren noch nicht ganz vertrocknet, selbst in Deutschland stehen hier und da noch starke Pfützen, wie Seen, wo gewiß keine Taube ein Ölblatt finden würde.

      *

      Jedermann kennt das Vergnügen und die angenehme Sicherheit mit welcher man in neuen Strümpfen ausgeht, wenn die vorhergehenden schon öfters geflickt worden, und dennoch zuweilen die Aufmerksamkeit der Leute durch ein Loch auf sich gezogen haben.

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      Als den 3. Junii 1769. des Abends die Venus durch die Sonne gehen sollte, so machte man Anstalten vorher und man sah sie um die gehörige Zeit kommen, als aber am 8 ten Julii die Prinzessin von Preußen durch Göttingen kommen sollte, so wartete man bis des Nachts um zwölf Uhr umsonst, sie kam erst den 9 ten früh um 10 Uhr.

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       Wer ist da? Nur ich. O das ist überflüssig genug.

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      Wenn uns ein Engel einmal aus seiner Philosophie erzählte, ich glaube es müßten wohl manche Sätze so klingen als wie 2 mal 2 ist 13.

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      Er konnte nicht begreifen warum zuweilen unwiderstehliche Neigungen in ihm entstunden, wozu ihm doch alle Befriedigung abgeschnitten war. Er richtete diese Zweifel oft als eine Preisfrage an den Himmel und eine befriedigende Beantwortung versprach er mit einer völligen Verleugnung seiner selbst und einer gelassenen Unterwerfung zu erwidern.

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      Wenn ich einen Großen der ein Bösewicht ist in Gedanken gehn sehe, so denke ich immer, nun ist er sein eigener Henker vielleicht und vollzieht eine Strafe an sich selbst, welches jener nicht tun darf und kann.

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      Das älteste Sprüchwort ist wohl: allzu viel ist ungesund.

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      Nimm dich in acht, daß meine Gedult nicht über deiner Langsamkeit ablauft. Auf meine Ehre, ich ziehe sie deinetwegen nicht noch einmal auf.

      *

      Es ist zum Erstaunen wie sehr unsere Eitelkeit mit jedem Bettel schachert, was der Arme nicht mehr nützen kann wirft er auf den ersten den besten Weg hin umsonst. Wir, die wir uns mehr dünken als Bettel-Leute, geben unsere abgenutzte Kleider zuweilen dem ersten dem besten Armen gegen Erlegung von etwas weit Wichtigerm, als es uns zu stehen kam, gegen Dank und Verbindlichkeit.

      *

      Liebste Freunde

      Bei jeder Veränderung unseres Zustandes werden uns gewöhnlich eine Menge von Dingen bald zu weit und bald zu enge, kurz unbrauchbar. So wie wir ein paar Hosen verwachsen, so verwachsen wir Umgang, Bibliotheken, Grundsätze und dergleichen, zuweilen ehe sie abgenutzt sind, und zuweilen, welches der schlimmste Fall ist, ehe wir neue haben. Ich werde meinen Zustand bald verändern, eine gewisse Sehnsucht Diese hat eine Ähnlichkeit mit der Neigung sich zu dehnen beim physischen Wachsen nach einem andern Leben, und ein inneres Gefühl meiner Fähigkeit dazu lassen mich diesen wichtigen Schritt nicht um eine Woche weiter hinaussetzen, als die Ostermesse 1770. Meine Füße wollen den Körper nicht mehr mit der Leichtigkeit tragen, die dem Studenten geziemt, sondern fallen öfters ohne daß ich es weiß in den mehr abgemessenen säenden Tritt der höhern Geschäfte. Im Kolleg werde ich für einen einzigen Platz zu breit, kurz ich fühle mich reif dieses angenehme Leben zu verlassen, und mich meinen Vätern immer mehr und mehr zu nähern.

      Außer meinem unsichtbaren Vermögen, etlichen Kleidungsstücken, und ein paar Büchern werde ich alles zurücklassen, auch einige Lebens-Regeln, für welche ich reelle Auslage getan habe und für welche man mir nirgends etwas gibt, werde ich nicht mitnehmen. Um aber eine Plünderung ab intestato zu vermeiden, so habe ich meinen letzten Willen hiermit bekannt machen wollen.

      Du mein lieber L. würdest mich sehr verbinden wenn du meine Stube nehmen wolltest. Ich habe allezeit von einer Stube größere Begriffe gehabt, als der gewöhnliche Teil der Menschen. Ein großer Teil unserer Ideen hängt von ihrer Lage ab, und man kann sie für eine Art von zweitem Körper ansehen. Ich sähe sie nicht gern entheiligt, du bekommst wenn du sie nehmen willst meinen sehr rechtschaffenen Wirt, mein Barometer, und 6 Land-Charten, die ich an die Tapete geklebt habe, auch das Thermometer in der Kammer ist dein. Du wirst dafür das kleine onus tragen einem ehrlichen gebrechlichen Armen, der alle Sonnabend an das Fenster kommen wird, jedesmal 4  Symbol zu geben. 144 solcher Almosen machen erst den Wert eines gemeinen Barometers, das meinige kostet wohl mehr.

      Du mußt bedenken daß, hätte ich 50 Schritte weiter hinunter, um die Ecke herum, gewohnt, ich so wenig der Mensch wäre, der ich jetzo bin, als wenn ich 100 Meilen mehr mittäglich wäre empfangen worden. Einen gewissen herrschenden Grundsatz meines Tuns hätte ich noch nicht gefunden, wenn damals der Tisch vor meinem einen Fenster gestanden hätte der jetzo da steht, so leicht läßt sich das Fahrzeug drehen, das wir, mit unserer zeitlichen und – ewigen Glückseligkeit an Bord, durch diese Zeit fortzutreiben haben, die mindeste Bewegung teilt sich dem Steuerruder mit. Morgen ist es Sonntag, wenn ich wüßte wo diejenige Stube sein wird, die für die beste Observation vom Fenster die glücklichste Lage hat, ich böte dem Menschen der darauf wohnt 100

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