Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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besten Gedanken zu haben.

      *

      Wenn ich einmal sein Leben herausgebe, so suchen Sie gleich im Index die Wörter Bouteille und Selbst-Genuß auf, sie enthalten das Wichtigste von ihm.

      *

      Ich fürchte immer, unter den hundert Händen, wodurch mein Brief gelaufen ist, sind ein paar neugierige gewesen, und das schlimmste Maul kann gewiß nicht so viel Unheil anfangen, als ein Paar neugieriger Hände, entweder für andere Leute, oder auch für den, von dessen Schultern sie herabhängen.

      *

      Er bewegte sich so langsam als wie ein Stunden-Zeiger unter einem Haufen von Sekunden-Zeigern.

      *

      Aber der Herr P. kann recht trinken, sagte neulich jemand zu mir, erst zwo Bouteillen Wein und dann 12 Gläser Punsch. Was will er damit? Wenn ich ihn anders recht verstehe, so dünkt mich ich könnte alles viel geschwinder tun, was Herr P... tut, wenn ich mir eine Pistole vor den Kopf schösse.

      *

      Ich weiß in der Tat nicht warum dieser Mensch noch fortlebt in der Welt, keine von den Eigenschaften, die er jetzo besitzt, darf er auf einen höheren Grad der Vollkommenheit bringen, eine jede würde sich im Galgen endigen.

      *

      Es wäre nicht gut, wenn die Selbstmörder oft mit der eigentlichen Sprache ihre Gründe erzählen könnten, so aber reduziert sie sich jeder Hörer auf seine eigene Sprache und entkräftet sie nicht sowohl dadurch, als macht ganz andere Dinge daraus. Einen Menschen recht zu verstehen müßte man zuweilen der nämliche Mensch sein, den man verstehen will. Wer versteht, was Gedanken-System ist, wird mir Beifall geben. Öfters allein zu sein, und über sich selbst zu denken, und seine Welt aus sich zu machen kann uns großes Vergnügen gewähren, aber wir arbeiten auf diese Art unvermerkt an einer Philosophie, nach welcher der Selbst-Mord billig und erlaubt ist, es ist daher gut sich durch ein Mädgen oder einen Freund wieder an die Welt anzuhaken, um nicht ganz abzufallen.

      *

      Heute habe ich im de Lacaille etwas über die Theorie der Kometen nachgelesen, als ich mich etwas ermüdet fand stützte ich mich auf meinen Tisch, weil dieses die Lage ist in welcher ich gemeiniglich an mich selbst denke, so nahmen meine Gedanken jetzo diesen Zug wieder. In den Gedanken gibt es gewisse Passat-Winde, die zu gewissen Zeiten beständig wehen, und man mag steuern und lavieren wie man will, so werden sie immer dahin getrieben. Bei solchen November-Tagen, wie die jetzigen, streichen alle meine Gedanken zwischen Melancholie und Selbst-Verkleinerung hin, wenn übrigens kein besonderer Strom mich seitwärts treibt, und ich würde oft mich nicht mehr zu finden wissen, wenn nicht die beiden Kompasse, Freundschaft und Wein mich lenkten und mir Mut gäben against a sea of troubles zu kämpfen. Mein Verstand folgte heute den Gedanken des großen Newton durch das Weltgebäude nach, nicht ohne den Kützel eines gewissen Stolzes, also bin ich doch auch von dem nämlichen Stoff, wie jener große Mann, weil mir seine Gedanken nicht unbegreiflich sind, und mein Gehirn Fibern hat die jenen Gedanken korrespondieren, und was Gott durch diesen Mann der Nachwelt zurufen ließ wird von mir gehört, da es über die Ohren von Millionen unvernommen hinschlüpft. An diesem Ende folge ich der ehrwürdigen Philosophie, während als am andern Ende zwo Aufwärterinnen (die Stella mirabilis und der Planet) eben diesen Verstand, der sich so über die Erde zu schwingen glaubt, in einem Winkel nicht einmal für wichtig genug halten, allen ihren Witz gegen ihn zu gebrauchen, sondern, ohne ihn erst unter den focum desselben zu bringen, schon mit seinem gemeinen Licht schmelzen. Die Einbildungskraft, mit welcher ich der subtilsten Wendung einer Wielandischen Beschreibung folge, mir selbst meine eigene Welt schaffe durch die ich, wie ein Zauberer, wandele, und die Körner eines kleinen Leichtsinns in ganze Gefilde geistiger Lust aufblühen sehe, diese Einbildungskraft wird oft von einer fein gebogenen Nase, von einem aufgestreiften gesunden Arm in ihrem schnellsten Schwung so heftig angezogen, daß von der vorigen Bewegung nicht ein flüchtiges Zittern übrig bleibt. So hänge ich in der Welt zwischen Philosophie und Aufwärterinnen-List, zwischen den geistigsten Aussichten und den sinnlichsten Empfindungen in der Mitte, taumelnd aus jenen in diese bis ich nach einem kurzen Kampf zur Ruhe meines beiderseitigen Ichs dereinst völlig geteilt hier faule und dort in reines Leben aufdunsten werde. Wir beide, Ich und mein Körper sind noch nie so sehr zwei gewesen als jetzo, zuweilen erkennen wir einander nicht einmal, dann laufen wir so wider einander daß wir beide nicht wissen wo wir sind.

      *

      Bei unsrem frühzeitigen und oft gar zu häufigen Lesen, wodurch wir so viele Materialien erhalten ohne sie zu verbauen, wodurch unser Gedächtnis gewöhnt wird die Haushaltung für Empfindung und Geschmack zu führen, da bedarf es oft einer tiefen Philosophie unserm Gefühl den ersten Stand der Unschuld wiederzugeben, sich aus dem Schutt fremder Dinge herauszufinden, selbst anfangen zu fühlen, und selbst zu sprechen und ich mögte fast sagen auch einmal selbst zu existieren.

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      Wie hat es Ihnen in dieser Gesellschaft gefallen? Antwort Sehr wohl, beinah so sehr als auf meiner Kammer.

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      Ich weiß nicht, der Mensch hatte würklich die Miene, die man ein In-sich-kehren der Augen des Geistes nennen könnte, und allezeit ein Zeichen des Genies ist.

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      Derjenige Stand in der Welt, der seine Seele nicht so für nichts und wieder nichts haben will, sondern der sie so anhält, daß sie ihm etwas eintragen soll, ich meine der Stand der Gelehrten, sollte bedenken wie viel auf ihm liegt; daß 4/10 des menschlichen Geschlechts sich dahin mit ihm verglichen haben mit Händen und Füßen ihm zu dienen, wenn er seinerseits ihm wieder mit dem Kopf dienen wollte, den sie, neun Zehenteile, unmöglich so anstrengen könnten. Es findet sich also zwischen diesen beiden Ständen eine Verhältnis wie zwischen Kopf und Leib.

      *

      Nicht jedem ist es gegeben so zu schreiben, wie es dem Menschen in abstracto zu allen Zeiten und in allen Welt-Altern gefallen muß. In einer Verfassung der Welt, wie die jetzige ist, gehört viel Kraft dazu nur immer im Wesentlichen zu wachsen, sehr viel Ballast, um nicht wenn alles schwankt auch mit zu schwanken. Auf diese Art natürlich zu schreiben erfordert unstreitig die meiste Kunst, jetzo da wir meistens künstliche Menschen sind; wir müssen, so zu reden, das Costume des natürlichen Menschen erst studieren, wenn wir natürlich schreiben wollen. Philosophie, Beobachtung seiner selbst und zwar gnauere, Naturlehre des Herzens und der Seele überhaupt, allein, und in allen ihren Verbindungen, diese muß derjenige studieren der für alle Zeiten schreiben will. Dieses ist der feste Punkt, wo sich gewiß die Menschen einmal wieder begegnen, es geschehe auch wenn es wolle, ist ein solcher Geschmack der herrschende, so ist der Wert des menschlichen Geschlechts, mit den Mathematikverständigen zu reden, ein größtes, und kein Gott kann es höher bringen. Wer nur für etliche Jahre schreibt, nur für eine Messe, oder nur für eine Woche, kommt mit wenigerem aus. Er darf nur neuere Schriftsteller lesen, die Gesellschaften seiner Zeit besuchen, so gibt sich, wenn er nur ein Mensch ist so wie man ihn in die Haushaltung braucht, das übrige von selbst. Der Gedanke, daß es so außerordentlich leicht ist schlecht zu schreiben, hat mich daher oft beschäftigt. Ich meine nicht daß es leicht sei etwas Schlechtes zu schreiben, das man selbst für schlecht hält, nein sondern daß es so leicht ist etwas Schlechtes zu schreiben, das man für sehr schön hält, hierin liegt das Demütigende. Ich zeichne eine gerade Linie und die ganze Welt sagt, das ist eine krumme, ich zeichne noch eine, diese wird gewiß grade sein, und man sagt gar, O diese ist noch krümmer. Was ist da zu tun? Das Beste ist keine gerade Linien mehr gezeichnet und dafür anderer Leute gerade Linien betrachtet, oder selbst nachgedacht.

      *

      Kein Schriftsteller muß je

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