Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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Menschen dreckig wurden.

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      August 1776.

      Man muß zuweilen trinken um den Ideen, die in eines Gehirn liegen, und den Falten mehr Geschmeidigkeit zu geben, und die alten Falten wieder hervor zu rufen.

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      Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel heraus gucken.

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      Wenn ich ein deutsches Buch mit lateinischen Buchstaben gedruckt lese, so kommt es mir immer vor, als müßte ich es mir erst übersetzen, eben so wenn ich das Buch verkehrt in die Hand nehme und lese, ein Beweis, wie sehr unsere Begriffe selbst von diesen Zeichen abhängen.

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      Es ist die Frage ob man nicht, Denker zu ziehen, die Kinder alles auf das Letzte hinaus untersuchen lassen muß, selbst bis auf Eigenschaften, die nicht mehr in die Sinne fallen, als sie mit vielerlei bekannt machen.

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      Der Umgang mit vernünftigen Leuten ist deswegen jedermann so sehr anzuraten weil ein Dummkopf auf diese Art durch Nachahmen klug handeln lernen kann, denn die größten Dummköpfe können nachahmen, selbst die Affen, Pudelhunde und Elefanten können es.

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      Was mag wohl die Ursache sein, daß einen unangenehme Gedanken viel lebhafter schmerzen, des Morgends, wenn man erwacht, als einige Zeit nachher, wenn man weiß, daß alles wacht, oder auch wenn man aufgestanden ist, oder mitten am Tage, oder auch des Abends, wenn man zu Bette liegt? Ich habe davon vielfältige Erfahrung gehabt, ich bin des Abends ganz beruhigt über gewisse Dinge zu Bette gegangen, über die ich gegen 4 Uhr des Morgends wieder sehr bekümmert gewesen bin, so daß ich oft einige Stunden wachte und mich herumwarf, um 9 Uhr oder auch noch vorher war schon Gleichgültigkeit oder Hoffnung wieder da.

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      Empfindsam zu schreiben, dazu ist mehr nötig als Tränen und Mondschein.

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      Wenn man manche Histörchen gnau untersucht, so wird man immer finden daß etwas Wahres darunter steckt, und zuweilen etwas ganz anderes, als man gemeiniglich sich vorstellt, so sind z. E. die Hexen, die man ehmals so sehr mit Feuer und Wasser verfolgte, gar die Geschöpfe nicht gewesen, die man sich gemeiniglich vorstellt – auch hat man das Verbrennen derselben ein wenig zu früh eingestellt. Ich habe an die 150 Loca gesammelt, woraus ich beweisen kann, daß die Hexen der vorigen Welt eigentlich die so genannten Kaffeeschwestern der jetzigen sind. Unter dem Namen Kaffeeschwester verstehe ich alle alte Frauenspersonen, die in ihrer Jugend so viel gelernt haben, daß sie die Bibel bis auf einige Nomina Propria im alten Testament ziemlich fertig weglesen und alle Zahlen aussprechen können, wenn sie mit Worten geschrieben sind, und die, nächst den Biblischen Geschichten, hauptsächlich sich auf die Privat-Geschichte aller Familien in ihrem Städtgen gelegt haben, und über Schwangerschaften, Ehverlöbnisse, Hochzeit-Tage, und Kopfzeuge Register halten, die in jeder Krankheit eines jungen Mädgens den Bastard reifen sehen, und den Mann und den Ball erraten, der die Ursache und die Gelegenheit dazu war, die hypothetische Ehen zwischen ledigen Personen und nicht selten reelle Ehescheidungen mit ihrem Geschwätz stiften, kurz alle unverständige plappernde, besuchen gehende alte Weiber, so sehr die Pest und das Verderben der guten Gesellschaft als hingegen die reinliche verständige Matrone und ehrwürdige Mutter die Zierde derselben ist. Die Hexen schwammen auf dem Wasser ist ein bloß figürlicher Ausdruck und soll nur so viel heißen, daß eigentlich Tee und Kaffee ihr Element sei, und ich glaube im Ernst, daß unsere neuern Hexen im Kaffee nicht ersäuft werden können, denn ich habe selbst eine einmal 14 Tassen trinken sehen, da die frischsten Westfälischen Viehmägde an vieren sterben. Daß sie am ersten Mai auf einem Besen reiten hat mir von Anfang am meisten zu schaffen gemacht, denn ich habe zwar öfters in meinem Leben Birkenbesen und Kaffeeschwestern beisammen gesehen, allein allemal ritt das Birkenholz auf der Kaffeeschwester. Ferner da im mittlern Latein ein Busch oder Besen Boessonus heißt, so hätte es leicht sein können, daß jemand den Bösen als welches den Teufel bedeutet, mit dem allerdings die Hexen so wohl als Kaffeeschwestern viel zu tun haben, mit dem Besen verwechselt. Aber so wahrscheinlich auch dieses manchem scheinen mögte, so wird doch der Denker auch hier die Schwierigkeit finden, die wir oben beim Birkenholz antrafen. Denn nach dieser Erklärung hätten die Hexen zwar den Teufel geritten, aber sie könnten alsdann unsere Kaffeeschwestern nicht sein, denn die reitet umgekehrt der Teufel. Sonst heißt ja bekanntlich die großbärtige Schwalbe, die Ziegenmelkerin wegen ihrer Neigung zum Trinken (Hirundo Caprimulga), in manchen Ländern Hexe, was war also natürlicher als daß man die Melkerinnen der Kaffee-Kannen eben so nannte?

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      So wie man den Heiligen eine Nulle über den Kopf malt.

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      Warum die Menschen so wenig behalten können was sie lesen ist, daß sie so wenig selbst denken, wo ein Mensch was andre gesagt haben gut zu wiederholen weiß, hat er gewöhnlich selbst viel nachgedacht, wenn sein Kopf anders nicht ein bloßer Schrittzähler ist, und dergleichen sind manche Köpfe, die des Gedächtnisses wegen Aufsehen machen.

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      Die letzte Hand an sein Werk legen, das heißt verbrennen.

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      Kaufleute, die täglich oft ganz entgegengesetzte Moden rühmen hören, und das von Leuten, die sie übrigens hochachten, bekommen einen so gemischten Geschmack, daß ihnen endlich alles gefällt. Sie sagen also mit Recht, dieses hat dieser und jener Mann gewählt, anstatt zu sagen, das ist schön, und das nicht.

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      Es gibt noch eine Art das Leben zu verlängern, die ganz in unserer Macht steht. Früh aufstehen, guter zweckmäßiger Gebrauch der Zeit, Wählung der besten Mittel zum Endzweck, und so bald sie gewählt sind muntere Ausführung. Auf diese Art läßt es sich sehr alt werden, so bald man das Leben nicht mehr nach dem Kalender schätzt, und was das Beste ist, so wird auch jenes Leben, das wir mit Kalendern ausmessen, durch jenes, wovon Verdienst der Maßstab ist, verlängert. Wenn man einmal eine Arbeit vor hat, so ist es gut bei der Ausführung nicht das Ganze sich vorzustellen, dieses hat bei mir wenigstens viel Niederschlagendes, sondern man arbeite grade an dem was man vor sich hat und das klar, alsdann gehe man an das nächste. Herr Hofrat Heyne machte einmal eine ähnliche Anmerkung, wegen der Schwierigkeiten in der Archäologie. Eine Sache gleich den Augenblick angefangen, und nicht eine Minute aufgeschoben, viel weniger eine Stunde oder einen Tag, ist ebenfalls ein Mittel die Zeit zu strecken.

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      Eine einzige Seele war für seinen Leib zu wenig, er hätte zwoen zu tun genug geben können.

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      Die eine Seite seines Gehirns war weit härter und älter als die linke, und das gab seinen Gedanken das Sonderbare, er hatte oft Gedanken, die gar nicht wie Gedanken aussahen.

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      Wenn man sich an einem Tage nicht von seinem Zweck ableiten läßt, ist auch ein Mittel die Zeit zu verlängern, und ein sehr sicheres, aber schwer zu gebrauchen.

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      Nichts erklärt Lesen und Studieren besser, als Essen und Verdauen. Der philosophische eigentliche Leser häuft nicht bloß in seinem Gedächtnis an, wie der Fresser im Magen, da hingegen der Gedächtnis-Kopf mehr einen vollen Magen, als einen starken und gesunden Körper bekömmt, bei jenem wird alles was er liest und brauchbar findet, dem System und dem inneren

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