Allgemeine Staatslehre. Alexander Thiele

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Die ersten vier Fragen behandeln die Grundlagen und beleuchten das Phänomen moderner Staatlichkeit an sich; sie fallen in ihrer vorläufigen Beantwortung kürzer aus. Ab der fünften Frage rücken die Charakteristika und die Struktur des |44|demokratischen Verfassungsstaates in das Zentrum der Betrachtungen – die Antworten werden länger.

      Fußnoten

       251

      H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, Vorwort S. V.

       252

      R. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 15.

       253

      M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 1.

       254

      R. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 15.

      I. Was ist der „moderne Staat“ und wie ist sein

      Verhältnis zur Gesellschaft?

      1. Der moderne Staat als Gegenstand der Allgemeinen Staatslehre

       Zentralisierung der Macht- und Herrschaftsverhältnisse. War die Macht im Feudalismus des Spätmittelalters noch in einem diffusen System auf zahlreiche Personen und die Kirche aufgeteilt,[269] kam es mit dem moralischen Verfall der Kirche und den folgenden Religionskriegen ab dem 14. Jahrhundert zu einer Machtkonzentration beim Monarchen, bei dem sich nicht zuletzt die Streitentscheidungskompetenzen bündelten. Die Stände wurden entmachtet und es folgte die Ära des |47|Absolutismus:[270] „L’État c’est moi!“[271] Theoretisch unterfüttert wurden diese Entwicklungen durch Jean Bodin, der den vielleicht umstrittensten Begriff in die Allgemeine Staatslehre einführte: „Souveränität“. Ein umfassendes, auch faktisches Gewaltmonopol ging mit der Zentralisierung allerdings zu keiner Zeit einher – die lokalen Herrschaftsträger blieben im täglichen Leben auch in der Hochzeit des Absolutismus schon aus organisatorisch-technischen Gründen von großer Bedeutung. Die „Souveränität“ der ersten modernen Staaten nachträglich zu verklären, erscheint daher wenig überzeugend.[272]

       Säkularisierung bei Konfessionalisierung. Die Entdeckung der Vernunft führte zu einer Trennung der geistlichen von der weltlichen Sphäre, wobei sich der weltliche Monarch langfristig den Primat, den „Suprematieanspruch“,[273] sicherte. Er hatte auf seinem Territorium das letzte Wort und zwar auch im Hinblick auf Fragen der Religion. Religion spielte damit in der Anfangszeit noch eine große, vielleicht sogar die bedeutendste Rolle für den modernen Staat. Es kam also zu einer Säkularisierung,[274] aber nicht zu einer Entkonfessionalisierung des Staates. Bis zum „Staat ohne Gott“, wie ihn Horst Dreier zuletzt

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