Epidemiologie für Dummies. Patrick Brzoska

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Epidemiologie für Dummies - Patrick Brzoska страница 15

Epidemiologie für Dummies - Patrick Brzoska

Скачать книгу

Auf gut Epidemiologisch ist dies die exponierte Bevölkerung.

       Eine zweite Bevölkerung zum Vergleich, die die interessierende Verhaltensweise nicht hat – in unserem Beispiel: die keine Vitaminpillen einwirft. Das ist die nicht exponierte Bevölkerung.

      Die Epidemiologen beobachten beide Bevölkerungen, oftmals über viele Jahre – sie nennen das Kohortenstudie, siehe Kapitel 10. Sie vergleichen dann die Häufigkeit von Erkrankungen oder Todesfällen (Outcomes) in beiden Gruppen.

      

»Exposition« klingt negativ und gefährlich. Epidemiologen benutzen den Begriff aber auch im positiven Sinne: Wenn sie untersuchen, ob eine »Mittelmeerdiät« (viel Obst und frisches Gemüse, Olivenöl, wenig Fleisch) vor Herzinfarkt schützt, betrachten sie die Menschen mit solchen Essgewohnheiten als »exponiert«. Die Kloß-und-Braten-Fraktion ist in diesem Fall nicht exponiert. Die Epidemiologen messen die positive Wirkung der Exposition Mittelmeerdiät und haben vielleicht auch einmal gute Nachrichten (zumindest für Kloßverächter).

      Eine Definition von Epidemiologie

      Aus unseren Beispielen haben Sie schon eine Menge darüber erfahren, was Epidemiologen tun. Daraus können Sie eine Definition von Epidemiologie herleiten. Hier ist ein Vorschlag:

      

Die Epidemiologie untersucht die Verteilung von Gesundheitsproblemen und Risikofaktoren in der Bevölkerung oder in Untergruppen der Bevölkerung. Sie wendet das dabei gewonnene Wissen an, um die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.

      Die untersuchten Gesundheitsprobleme sind keineswegs nur Seuchen oder nicht übertragbare Krankheiten wie Herzinfarkt. Epidemiologen untersuchen zum Beispiel auch die Verteilung und die Risikofaktoren von Verkehrsunfällen. Auch hier gibt es »Epidemien«, also Anstiege innerhalb bestimmter Zeiträume über das gewohnte Maß hinaus.

      

Freitag- und Samstagnacht kommt es zu einer Epidemie von Verkehrsunfällen, weil junge Männer nach dem Discobesuch betrunken Auto fahren. Sie können zur Vorbeugung beitragen: Nehmen Sie Ihrem Freund den Autoschlüssel weg und bestellen Sie ein Taxi.

      

Wie kommt die Epidemiologie zu ihrem Namen? »Epidemiologie« setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern epi (über), demos (Bevölkerung) und logos (Wort oder sinngemäß »Lehre«). Epidemiologie ist damit die Lehre von der Bevölkerung – und von den Dingen, die über die Bevölkerung kommen, wie beispielsweise Seuchen.

      Manchmal würden wir Epidemiologen uns gerne im sogenannten »akademischen Elfenbeinturm« (das ist die Universität – für zwei von uns übrigens eher eine Betonburg) verschanzen und dort still vor uns hin forschen. Oft finden wir aber Ergebnisse, die eine Bedeutung für die Gesellschaft haben. Solche Ergebnisse müssen wir an die Öffentlichkeit bringen – und zwar so, dass Laien und Journalisten verstehen können, was wir zu sagen haben.

      Sie haben ein Recht auf Information

      Leider sind epidemiologische Studien häufig kompliziert und ihre Ergebnisse sind nur selten ganz eindeutig. Daher sind sie schwer zu erklären. Hinzu kommt, dass wir Epidemiologen etwas über die Gesundheitsrisiken ganzer Bevölkerungsgruppen herausfinden. Wir können jedoch keine Aussage darüber treffen, ob eine bestimmte Person aus dieser Bevölkerungsgruppe erkranken wird oder nicht. Wenn Sie diese Person sind, interessiert Sie aber vor allem, ob Sie persönlich gesund bleiben.

      Dazu ein Beispiel: Bergleute im Kalisalz-Bergbau sind unter Tage häufig Dieselruß ausgesetzt (sie arbeiten dort unter anderem mit riesigen, dieselgetriebenen Lastwagen). Epidemiologen haben herausgefunden, dass Kali-Bergleute durch das Einatmen von Dieselruß ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko haben, an Lungenkrebs zu erkranken. Ein Kali-Bergmann, der eine entsprechende Meldung im Fernsehen sieht oder in der Zeitung liest, ist aber nicht so sehr an der Information interessiert, wie stark das Risiko in seiner Berufsgruppe erhöht ist. Er möchte vielmehr wissen, ob er persönlich an Lungenkrebs erkranken wird oder nicht. Diese Frage können wir Epidemiologen aber nicht beantworten.

      

Die verständliche Kommunikation von Risiken ist schwierig (siehe dazu auch Kapitel 23), aber wichtig. Gerade im Bereich Gesundheit müssen Menschen gut informiert sein, wenn sie Entscheidungen treffen wollen. In Kapitel 22 erklären wir Ihnen das am Beispiel der Krebsvorsorge (Screening). Die Alternative wäre, Entscheidungen allein den Ärzten und Politikern zu überlassen. Davon raten wir nachdrücklich ab.

      Wir haben ein Sprachrohr

      Wenn wir Epidemiologen zu gesundheitsbezogenen Themen öffentlich Stellung beziehen, tun wir das meist über unsere wissenschaftlichen Fachgesellschaften – das sind sozusagen die Sprachrohre der Epidemiologie. In Deutschland gibt es mehrere davon:

       Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi)

       Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (aus historischen Gründen mit gmds abgekürzt) und weitere Gesellschaften

      Die Fachgesellschaften äußern sich, wenn Politiker wichtige Erkenntnisse aus der Forschung nicht wahrnehmen oder die Gesundheitspolitik nicht danach ausrichten. Unsere Stellungnahmen enthalten daher oft Kritik an bestehenden Empfehlungen oder Gesetzen. Die Kritik stützt sich immer auf solide epidemiologische Studienergebnisse und beinhaltet konkrete Forderungen oder Verbesserungsvorschläge. Die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie hat unter anderem zu folgenden Themen Stellung bezogen:

       Nichtraucherschutz. Wenn Nichtraucher Tabakrauch einatmen (Passivrauchen), steigt ihr Risiko, an Lungenkrebs oder Herzinfarkt zu erkranken. Das belegen epidemiologische Studien eindeutig. Eine Aufweichung des Rauchverbots in Kneipen gefährdet also die Gesundheit aller Gäste. Daher forderte die Fachgesellschaft das Gesundheitsministerium auf, den Nichtraucherschutz in Deutschland umfassend und einheitlich zu regeln.

       Früherkennung von Hautkrebs (Screening). Früherkennung kann vor schweren Verläufen einer Krebserkrankung schützen (siehe Kapitel 22). Bis heute gibt

Скачать книгу