Inselromane. Julia Meier

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Inselromane - Julia Meier Beiträge zur nordischen Philologie

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wir beide von unserem Luther, dem Verfasser der herrlichen Kirchenlieder, geerbt“ (IS II: 89–90). Zwischen Albert und seinem Bruder entspinnt sich ein längeres Gespräch über den Sängerwettstreit auf der Wartburg, über die Minnesänger und ihre Lieder, die Rudolf als formelhaft und monoton verspottet; er findet, es sei „eine französische Mode, den Frauen gar zu viele geschnörkelte Artigkeiten zu sagen“ (IS II: 98) – ein Seitenhieb auf französisches à la mode-Wesen –, während Albert an den Minneliedern auch Schönes entdecken kann, aber die Volkslieder bei weitem mehr schätzt (IS II: 106), – eine Vorliebe, die sein Urgrossneffe Eberhard teilt (IS I: 140–141).

      Bei der Hochzeit seiner Tante Ursula, einem mit allen Ingredienzen des Schwanks ausgestatteten Ereignis, trifft Albert auf einen alten Meistersinger, von dem er sich Erkenntnisse über das Wesen der Dichtkunst erhofft. Doch als dieser ihm erklärt, Dichtkunst sei nichts anderes als „gute Gedanken in guten Reimen vorzutragen“ (IS II: 132), und ihm die normativen Grundbegriffe des Meistergesangs beibringen will, flieht Albert entsetzt vor diesem „langweiligen Wortkrame“ (IS II: 135).

      Nachdem Mutter und Tante gestorben sind und der Bruder Rudolf sich vom protestantischen Herzog für den Kriegsdienst hat anwerben lassen, verlässt Albert Eisenach und gesellt sich zu Seifert und seinen Freunden, einer Gruppe herumziehender Jenaer Studenten (IS II: 157–158). Seifert wird in einem ausführlichen Porträt dargestellt, das gleich zu Beginn auf seine Beziehung zur Dichtkunst eingeht: „Obschon er selten Gedichte las, und eigentlich die Poesie wenig liebte […], war doch sein ganzes Wesen sehr poetisch“ (IS II: 193). In diesem poetischen Geist gründet er mit seinen Kameraden eine wandernde Schauspieltruppe. Nachdem sie dieses Leben eine Zeitlang ausgekostet haben, tritt Seifert mit seinen Getreuen in Gustav Adolfs Dienste, während Albert sich von einem Dorfpfarrer als Vertreter des Küsters anstellen lässt.

      Im dritten Band lernt Albert dank Seiferts Vermittlung Gustav Adolf persönlich kennen; der König ist von einem Gedicht Alberts angetan und ermöglicht ihm ein Studium in Wittenberg, als Gefährte seines Sohnes. Bald darauf fällt Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen, sein Sohn kehrt nach Stockholm zurück, und auch Albert möchte nach Norden reisen. Er schifft sich nach Kalmar ein, wird jedoch von einem Sturm zu einem Zwischenhalt auf der Insel Öland gezwungen, wo er durch Krankheit längere Zeit festgehalten wird. Ein zweiter Sturm lässt das Schiff der Holsteinisch-Gottorpschen Gesandtschaft, die im Auftrag des Herzogs von Schleswig-Holstein nach Russland und Persien unterwegs ist, an der Insel scheitern. Zur Gesandtschaft, die in dem Wirtshaus unterkommt, wo auch Albert wohnt, gehört neben ihrem Sekretär Adam OleariusOlearius, Adam auch der Dichter und Arzt Paul Fleming,Fleming, Paul der Albert kuriert und mit ihm Gespräche über Arzt- und Dichtkunst führt (vgl. Kap. 7.1.2). Nach dem Hochzeitsfest eines armen Mädchens, dem Albert und Fleming zu einer Mitgift und zur gewünschten Heirat verholfen haben, reist die Gesandtschaft weiter. Albert dagegen tritt in die Dienste van Leuvens, eines holländischen Adligen, der in den IS in Kalmar stationiert ist und sich nach Ostindien einschiffen will. Sie reisen zunächst nach Kopenhagen, wo sie den Ankerschmied Mats Hansen kennenlernen, der am Hof Christians IV. in einem Trinkduell auftritt (vgl. Kap. 8.2) und den Anker für van Leuvens Schiff schmiedet. Albert soll sich aus Gründen, die er erst später erfährt, als Frau verkleiden, was zur Begegnung mit Carl van Mandern, einem holländischen Porträt-Maler führt, der gerade daran ist, Christian IV. zu malen, und der für Albert eine holländische Frauentracht besorgt hat. In seinem Atelier hängen Genre-Bilder von flämischen Meistern, an deren Betrachtung sich ein ausgedehntes Gespräch über Malerei knüpft, das teilweise an die Reflexionen über die holländischen Gemälde erinnert, die der auktoriale Erzähler dem Leser während Eberhards Reise durch Holland anstelle des realen Naturerlebnisses empfiehlt. Van Mandern vergleicht die Genre-Bilder der flämischen Maler mit den Heiligen- und Märtyrerdarstellungen der zeitgenössischen Italiener und kommt zum Schluss, nicht der Gegenstand eines Bildes sei das Wesentliche, sondern die Kunst der Darstellung, weshalb die Gemälde der Flamen trotz der einfachen Sujets den neueren Italienern weit überlegen seien, welche „das Grosse und Erhabene auf eine conventionelle kleinliche Art“ behandelten. Ihre Bilder seien bloss „mittelmässige Nachahmungen der Kunst“ statt „schöner Nachahmungen der Natur“ (IS III: 165). Das Kunstgespräch dehnt sich auch auf die Verdienste König Christians IV. aus, der die Malerei liebe und sie richtig zu beurteilen vermöge.

      Albert spielt in seiner Verkleidung als junge Holländerin van Leuvens Frau, in einer Intrige, die den WF entstammt, jedoch von London auf ein Landgut bei Kopenhagen transferiert und zu einer detailreichen Szene ausgemalt wird. Dabei verliert van Leuven beinahe seine heimliche Braut Concordia, die sich von ihm hintergangen glaubt, weil sie Alberts Rollenspiel nicht durchschaut und ihn für die Frau ihres Geliebten hält. Doch alles wird aufgeklärt, die Entführung gelingt und das frisch getraute Ehepaar schifft sich zusammen mit Albert und Minga, Concordias schwarzer Dienerin, und dem Hündchen Beautiful nach Ostindien ein. Die Seereise endet wie in den WF mit Sturm, Schiffbruch und Rettung auf der Insel Felsenburg.10

      Die nun folgende Erzählung des Lebens der Schiffbrüchigen auf der Insel gestaltet sich in den wesentlichen Grundzügen wie in den WF, wobei viele der in diesem Kontext von Schnabel geschilderten Ereignisse in charakteristischer Weise ausgemalt und erweitert werden: die Veränderungen machen nämlich fast durchwegs Bezüge zu anderen Texten sichtbar. Als Beispiel sei Robinson Crusoe genannt, auf den mehrmals ironisierend angespielt wird; so erinnert z.B. die Beschreibung, die Albert von sich selber und seiner Kleidung gibt (IS III: 295), an eine ähnliche Selbstdarstellung Robinsons (DefoeDefoe, Daniel 1719: 176–177). Ebenso spielt Alberts Angst vor Kannibalen, die ihn „greifen, schlachten, braten und verzehren“ könnten (IS III: 301), auf Robinsons Ängste an, wobei die Ironie nicht nur in der Häufung der Schreckensverben liegt, sondern auch in der Umkehrung der Chronologie, da zu der Zeit, als Albert auf die Insel gelangte, Robinson Crusoe noch gar nicht existierte.

      Ein anderer Bezugstext könnte, wie schon für Schnabels WF, auch wieder NevillesNeville, Henry Isle of Pines sein, worauf die Anwesenheit Mingas unter den Schiffbrüchigen und Lemelies Thematisierung des Sexualverkehrs mit ihr hinzuweisen scheinen, denn beim Schiffbruch in The Isle of Pines wird ebenfalls eine Schwarze gerettet; aber im Gegensatz zu Lemelie, für den eine Vereinigung mit Minga undenkbar ist (IS III: 313), schläft Joris Pines, der einzige gerettete Mann, auch mit der Schwarzen, wie mit den drei überlebenden weissen Frauen (Neville 1999: 197–198).

      Trotz solcher Anspielungen folgt der Verlauf der Erzählung in dieser Phase der Vorgabe Schnabels, wobei öfters nur leicht umgearbeitete Sätze oder wörtlich belassene Satzfragmente aus den WF übernommen wurden. Einige Passagen weisen ein so dichtes Netz wörtlicher Übernahmen auf, dass der Text stellenweise wie ein Mosaik aus Zitaten11Kristeva, Julia der WF und Oehlenschlägers eigenen Formulierungen erscheint.12Arnim, Achim von

      Auch die Geschehnisse um die Entdeckung der Höhle von Cyrillo de Valaro, dem spanischen Erstbesiedler der Insel, stimmen in den wesentlichen Zügen mit den entsprechenden Vorgängen in den WF überein.13 Das Manuskript mit Cyrillos Lebensbeschreibung ist dabei der wertvollste Fund, den die Höhle birgt; Albert übersetzt es aus dem Lateinischen und liest es dann seinen Gefährten vor. In der Inselgegenwart übergibt er Eberhard die wohlverwahrten Papiere, mit der Bitte, sie den Zuhörern vorzulesen (IS III: 360). Damit erweist sich Cyrillos Manuskript als Schnittpunkt polyphoner Phänomene: Dem Publikum wird ein Bericht vorgetragen, dessen lateinische „Originalstimme“ von einer deutschen Version überlagert wurde, wobei Eberhards Stimme jene des eigentlichen Erzählers Albert ablöst. Abgesehen von den Geschehnissen rund um den Manuskriptfund unterscheidet sich Cyrillos Biographie in vieler Hinsicht sehr deutlich von Schnabels entsprechender Erzählung. Ein besonders signifikantes Ereignis ist dabei die Begegnung des Spaniers mit AriostAriosto, Ludovico, die durch Verschiebungen in der Schnabelschen Chronologie ermöglicht wird und zu weitgespannten Diskussionen über Poetik und Dichtkunst führt.14Ariosto, Ludovico Mit der Lesung von Cyrillos Manuskript schliesst der dritte Band.

      Im vierten Teil berichtet Albert über die einschneidendsten

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