Geliebter Schnarcher. Daniel Wilk

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Geliebter Schnarcher - Daniel Wilk Hypnose und Hypnotherapie

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im Bett nicht mehr zu hören war. Und schließlich gab es auch die Reaktion der Freude, wenn das Geräusch an sich als beruhigend und die Entspannung fördernd empfunden wurde.

      Wenn jemand nebenan schnarcht und die eigene Entspannung stört, muss man sich ärgern. So denken viele Menschen. Eine als zwingend erlebte Verbindung zwischen einem Verhalten eines Menschen und einer Reaktion eines anderen darauf finden wir im Alltag häufig. Wenn mir jemand etwas wegnimmt, muss ich mich wehren. Ob er sich davon nur dringend benötigte Nahrung besorgt oder einen neuen Schluck Alkohol gegen die schreckliche Pein des Entzugs, wird gerne nicht berücksichtigt – schließlich darf man niemandem etwas wegnehmen.

      Fragt man in einer Gruppe in die Runde, ob das anderen genau so geht, dann erhält man in der Regel eine breite Zustimmung. Stimmt jemand dagegen, wird er eher als etwas seltsam und als nicht normal angesehen. Der Gruppenkonsens festigt das Muss.

      So empfindet man die eigene Reaktion auf ein Verhalten oder Ereignis als einzig mögliche, ohne sie in Frage zu stellen, womit sie praktisch unabwendbar wird. Begründet wird die eigene Einstellung und das daraus vielleicht resultierende Verhalten mit den Gefühlen, die durch den Auslöser hervorgerufen werden. Der Verstand kann sich zunächst einmal kaum Gehör verschaffen, eine sachliche Betrachtung fällt schwer. Man muss sich ärgern, mit dem Kind schimpfen, wenn es sich nicht »richtig« verhält; schneller fahren, um pünktlich zu sein, oder auch Geld ausgeben, um eine Beule aus dem Auto zu entfernen, durch die das Auto nur anders aussieht, in seiner Fahrtüchtigkeit aber nicht beeinträchtigt wird.

      Es kommt einem kaum in den Sinn, dieses Muss zu hinterfragen. Tut man es doch einmal ernsthaft, kann man hinter dem Nebel, den der Ärger vor den Verstand gelegt hat, recht bald erkennen, dass es auch Alternativen zu der als unausweichlich empfundenen eigenen Reaktion gibt. Es zeichnen sich neue Wege ab, wie man mit dem auslösenden Reiz umgehen kann. Diese Wege sind zunächst nur schemenhaft, und es fällt nicht leicht, die Energie aufzubringen, sich darauf einzulassen – zumal sie implizieren, dass man sich bisher nicht konstruktiv verhalten hat und diese Erkenntnis und das Vorhandensein alternativer Wege auch auf andere Anlässe für Ärger übertragen werden könnte. Das würde bedeuten, dass auch andere eigene Verhaltensweisen veränderungsbedürftig sind.

      Reaktionen auf das Schnarchen können in diesem Sinne so selbstverständlich werden, dass es wie ein natürlicher Zwang empfunden wird, sie auszuführen, wenn der Auslöser auftritt. Man muss sich ärgern, schließlich »hält das doch keiner aus!«. Gruppenteilnehmer reagieren während der Entspannung entsprechend mit sichtbarem Ärger und der Androhung, die Gruppe zu verlassen oder sogar tätlich zu werden, sollte der Schnarcher nicht entfernt werden.

      Es ist sehr wahrscheinlich, dass jemand, der so aggressiv reagiert, sich schon häufiger über entsprechende Erfahrungen im Schlafzimmer zu Hause geärgert hat. Dort mag das Schnarchen zu Beginn der Beziehung noch liebe- und verständnisvoll toleriert worden sein. Mit zunehmendem eigenem Stress durch die Pflichten des Alltags sank aber die Toleranzgrenze für alles Störende. Nachts wurde der Schlaf dringend gebraucht, war vielleicht sowieso schlecht durch Belastungen in Beruf oder in der Familie, die den nächtlichen Schlaf ohnehin nicht sonderlich tief werden ließen, und wurde dann auch noch durch das Schnarchen des anderen unterbrochen.

      In der Entspannungsgruppe wird dann erwartet, dass die Bedingungen zur Entspannung ideal sind. Hier will man (oder frau) den Schnarcher nicht auch noch tolerieren.

      Es ist oft anstrengend, sich für das Neue zu öffnen. Man verliert die gewohnte Sicherheit, die das Muss bisher geboten hat, deshalb wendet man sich eher ungern anderen Wegen zu. Sobald man sich dazu durchgerungen hat, entlastet die Erkenntnis, dass es ärgerfreie Alternativen gibt, allerdings ganz entscheidend.

      Der Erkenntnis zu folgen und nicht mehr im Zwang zu handeln oder zu fühlen, erweitert die eigenen Spielräume auch in anderen Zusammenhängen. Allein das Eingeständnis vor sich selbst, dass das Muss in Frage gestellt werden und schließlich sogar abgewählt werden kann, eröffnet neue Perspektiven und schwächt Ärgerreaktionen im Allgemeinen.

      … besonders wenn er länger anhält oder sehr häufig auftritt. Ein kurz aufflammendes Gefühl des Ärgers, der seinen Ausdruck findet und zur schnellen Lösung des zugrundeliegenden Problems führt, hat normalerweise keine negativen Folgen. Ärger kann aber auch sehr lange anhalten, mitunter Jahre, beispielsweise im Berufsleben oder bei ungünstigen Familienverhältnissen, bei unerfüllten Lebenswünschen oder Erwartungen an andere, die nicht realistisch sind. Betroffene finden nicht selten in einem solchen anhaltenden Ärger die Ursache für ernsthafte körperliche Erkrankungen. Dass die Lebensfreude durch Ärger deutlich beeinträchtigt werden kann und auch Beziehungen getrübt werden, ist alltägliche Lebenserfahrung.

      Will heißen, dass wir des klaren Denkens oft nicht mehr fähig sind, wenn wir dem Muss folgen. Ärger wird immer von körperlichen Reaktionen begleitet, die das Denken tatsächlich behindern und uns drängen, körperlich aktiv zu werden (schimpfen, den anderen wachrütteln, das Zimmer verlassen u. ä.). Die Unruhe, die sich mit dem Ärger im Körper ausbreitet, bestätigt scheinbar, dass etwas gegen den vermeintlichen Anlass – in unserem Fall das Schnarchen – getan werden muss. Dass die unangenehme Unruhe aber nur bedingt (wenn es sehr laut ist oder plötzlich in die Ruhe einbricht) durch das Schnarchen an sich und häufiger durch die eigene Einstellung im Umgang damit ausgelöst wird, kommt sehr selten in den Sinn.

      Schauen wir uns den Ablauf in der Nacht an: Er wacht auf, weil ihn das Geräusch der neben ihm liegenden Partnerin, das sie während des Atmens erzeugt, geweckt hat. Schon im Prozess des Wachwerdens breitet sich eine mild erregende Freude in ihm aus, dass seine geliebte Partnerin noch bei ihm ist und ihn nicht etwa verlassen hat, weil … (Hier kann man Gründe suchen, die die eigene Unzulänglichkeit nachweisen mögen. Vielleicht findet der Leser auch bei sich selbst den einen oder anderen Grund. Ersatzweise möge man im Freundes- oder Bekanntenkreis suchen.) Erfreut entspannt er sich und träumt von den gemeinsamen Unternehmungen, die sie für das Wochenende geplant haben. Über diesen erfreulichen, in die Zukunft gerichteten Bildern schläft er wieder ein. Das Hintergrundgeräusch des Schnarchens begleitet ihn dabei und gibt ihm die noch tiefer entspannende Sicherheit, dass die geliebte Partnerin noch immer neben ihm liegt.

      Das ist nicht die übliche Situation? Stimmt. In der Gruppe beschwert sich meist die Frau über den Partner und äußert Ärger bis hin zu Mordgedanken (die sie hoffentlich nie realisieren würden).

      Kehren wir also in die Normalität zurück. Was passiert im Körper, wenn sie durch das Schnarchen des Partners oder eines anderen Teilnehmers in der Gruppe aufwacht bzw. von der Entspannung abgelenkt wird? Der Puls hat sich schon in der Aufwachphase beschleunigt und legt nun nochmal deutlich nach, während der Verstand realisiert, dass

       der schon wieder schnarcht

       sie schon wieder zu wenig Schlaf für die Anstrengungen des nächsten Tages bekommt

       er mal wieder rücksichtslos nur für den eigenen Schlaf sorgt

       …

      Der Körper stellt sich auf Ärger ein, mit allen Vorgängen, die den Schlaf erschweren, was den Ärger wiederum verstärkt. Verschiedene Gedanken ziehen durch den Kopf, sie erinnert sich an den Partner zu Hause, der ihren Schlaf ähnlich gestört hat. Interessanterweise spricht sie nicht von der Vergangenheit, wenn sie erzählt, dass der Partner schnarcht, sie zieht die Störung nicht nur in die Gegenwart, sondern auch in die Zukunft: »Mein Mann schnarcht auch immer.« Eigentlich müsste sie sagen: »Mein Mann hat bisher auch geschnarcht.« Was in der Zukunft

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