Das grüne Gesicht. Gustav Meyrink

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Das grüne Gesicht - Gustav Meyrink

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gelegt,

       studierte ein dunkelhäutiger Kavalier, violett rasiert und mit fettglänzendem Scheitel – der Typus eines Balkangesichtes

       – die Zeitung und blitzte einen messerscharfen, musternden Blick nach ihm, während gleichzeitig eine Art

       Waggonfenster in dem mannshohen Verschlag, der den Raum für die Kunden von dem Innern des Geschäftes trennte,

       prasselnd herabgelassen wurde und in der Öffnung die Büste eines dekolletierten Fräuleins mit hellblauen

       verführerischen Augen und blonder Pagenfrisur erschien.

       Im Handumdrehen hatte sie an der Aussprache und dem stockenden Holländisch: "Kaufen, gleichgültig was, irgend

       etwas", erkannt, daß sie einen Landsmann, einen Österreicher, vor sich habe, und begann ihre Erklärung eines

       Zauberkunststückes an drei rasch ergriffenen Korkpfropfen in deutscher Sprache, wobei sie den ganzen Charme

       wohlgeübter Weiblichkeit in allen Schattierungen spielen ließ, vom Stechen mit den Brüsten nach dem männlichen

       Gegenüber angefangen, bis zum fast telepathisch-diskreten Hautduftausstrahlen, das sie durch gelegentliches

       Achsellüften noch wirksamer zu gestalten verstand.

       "Sie sehen hier drei Stöpsel, mein Herr, nicht wahr? Ich lege den ersten in meine rechte Hand; hierauf den zweiten,

       und schließe die Hand. So. Den dritten stecke ich" – sie lächelte errötend – "in die Tasche. Wieviel habe ich in der

       Hand?"

       "Zwei."

       "Nein, drei."

       Es stimmte.

       "Dieses Kunststück heißt: die fliegenden Korke und kostet nur zwei Gulden, mein Herr."

       "Schön; bitte zeigen Sie mir den Trick!"

       "Wenn ich vorher um das Geld bitten darf, mein Herr? Es ist Geschäftsusance."

       Der Fremde legte zwei Gulden hin, bekam eine Wiederholung des Experimentes zu sehen, das lediglich auf

       Fingerfertigkeit beruhte, mehrere neuerliche Wellen weiblichen Hautgeruchs und schließlich vier Korkstöpsel, die er

       voll Bewunderung auf die kaufmännische Umsicht der Firma Chidher Grün und mit der festen Überzeugung, das

       Zauberkunststück niemals nachmachen zu können, einsteckte.

       "Sie sehen hier drei eiserne Gardinenringe, mein Herr", begann die junge Dame abermals, "ich lege den ersten – –"

       da wurde ihr Vortrag durch lautes Johlen, gemischt mit schrillen Pfiffen, von der Gasse her unterbrochen und

       gleichzeitig die Ladentür heftig aufgerissen und klirrend wieder ins Schloß geworfen.

       Erschreckt drehte sich der Fremde um und erblickte eine Gestalt, deren wundersamer Aufzug sein höchstes

       Erstaunen erweckte.

       Es war ein riesenhafter Zulukaffer mit schwarzem, krausem Bart und wulstigen Lippen, nur mit einem karierten

       Regenmantel bekleidet, einen roten Ring um den Hals und das von Hammeltalg triefende Haar kunstvoll in die Höhe

       gebürstet, so daß es aussah, als trüge er eine Schüssel aus Ebenholz auf dem Kopfe.

       In der Hand hielt er einen Speer.

       Sofort sprang das Balkangesicht aus dem Lehnstuhl, machte dem Wilden eine tiefe Verbeugung, nahm ihm

       dienstbeflissen die Lanze ab, stellte sie in einen Regenschirmständer, und nötigte ihn, mit verbindlicher Handbewegung

       einen Vorhang zur Seite ziehend, unter höflichem: "Als 't u belieft, Mijnheer; hoe gaat het, Mijnheer?", in ein

       Nebengemach einzutreten.

       "Bitt' schön, vielleicht auch weiter zu kommen", wendete sich die junge Dame wieder an den Fremden und öffnete

       ihren Verschlag, "und ein wenig Platz zu nehmen, bis sich die Menge beruhigt hat"; dann eilte sie zur Glastür, die

       abermals aufgeklinkt worden war, stieß einen vierschrötigen Kerl, der breitbeinig auf der Schwelle stand und im Bogen

       hereinspuckte, mit einer Flut von Verwünschungen: "stik, verrek, god verdomme, fall dood, stek de moord" zurück

       und schob den Riegel vor.

       Das Innere des Ladens, das der Fremde inzwischen betreten hatte, bestand aus einem durch Schränke und

       türkische Portièren abgeteilten Raum mit mehreren Sesseln und Taburetts in den Ecken, sowie einem runden Tisch in

       der Mitte, an dem zwei behäbige alte Herren, anscheinend Hamburger oder holländische Kaufleute, mit gebannter

       Aufmerksamkeit beim Lichte einer elektrisch montierten Moschee-Ampel in Guckkästen – kleine kinematographische

       Apparate, wie das Surren verriet – stierten.

       Durch einen dunklen, aus Warenstellagen gebildeten Gang konnte man in ein kleines Bureau mit auf die Seitengasse

       mündenden Milchglasfenstern hineinblicken, in dem ein prophetenhaft aussehender alter Jude im Kaftan, mit langem

       weißem Bart und Schläfenlocken, ein rundes seidenes Käppi auf dem Haupte und das Gesicht im Schatten unsichtbar,

       regungslos vor einem Pulte stand und Eintragungen in ein Hauptbuch machte.

       "Sagen Sie, Fräulein, was war das vorhin für ein merkwürdiger Neger?" fragte der Fremde, als die Verkäuferin

       wieder zu ihm trat und die Vorstellung mit den drei Gardinenringen fortsetzen wollte.

       "Der? Ich, das ist ein gewisser Mister Usibepu. Er ist eine Attraktion und gehört zu der Zulutruppe, die im Zirkus

       Carré auftritt. – Ein sehr fescher Herr", setzte sie mit leuchtenden Augen hinzu. "Er ist in seiner Heimat medicinae

       doctor – – –"

       "Ja, ja, Medizinmann, – ich verstehe."

       "Ja, Medizinmann. Und da lernt er bei uns bessere Sachen, um, wenn er wieder heimkommt, seinen Landsleuten

       gehörig imponieren zu können und sich gelegentlich auf den Thron zu schwingen. – Der Herr Professor des

       Pneumatismus, Herr Zitter Arpád aus Preßburg, unterrichtet ihn grad", – sie hielt mit den Fingern einen Schlitz im

       Vorhang auseinander und ließ den Fremden in ein mit Whistkarten austapeziertes Kabinett schauen.

       Zwei Dolche kreuzweis durch die Gurgel gestochen, so daß die Spitzen hinten herausragten, und ein blutbeflecktes

       Beil tief in einer klaffenden Schädelwunde steckend, verschluckte das

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