Homo sapiens movere ~ gebrochen. R. R. Alval
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Ich nickte, entledigte mich meines Pullovers – ich wollte mich in Spline nicht zu Tode schwitzen – und überquerte die Grenze nach Spline.
Ja.
Jaah.
Jaaah!
Das war es, was ich brauchte. Die Augen geschlossen, die Arme weit von mir gestreckt, suhlte ich mich in der sofort zugreifenden magischen Energie. Sie erschien mir wohltätiger als ein kühler Wasserfall im Hochsommer. Und das, obwohl in Spline geschätzt an die fünfzig Grad herrschten.
Natürlich ahnte ich, warum mir Roman nicht mehr als zehn Minuten zugestand. Er hatte keinen Bock, länger in der Botanik herum zu stehen und auf mich zu warten. Darauf, dass ich zitternd und lechzend wie ein Junkie um Energienachschub hechelnd auf ihn zu taumelte. Das wollte ich ehrlich gesagt auch nicht. Also verließ ich mich auf meinen Instinkt. Sobald ich mich einigermaßen befriedigt fühlte – ohne, dass die Stimmen in meinem Kopf mir sagten, dass mir die ganze, verdammte Welt gehörte – verließ ich Spline und stolperte Roman in die vorausschauend ausgesteckten Arme. „Neun Minuten. Wie geht’s dir?“ Mein schiefes Lächeln war sogar mir bewusst, aber ich fühlte mich blendend. „Prima. Noch unvollständig, doch immerhin zu gebrauchen.“ Roman nickte und teleportierte mich zurück auf den Übungsplatz. „Dann los, weiter geht’s!“ Ungläubig sah ich ihn an, während ich mir rasch den Pullover über den Kopf zog.
Es war Abend.
Ich hatte Hunger.
Durst.
Den Wunsch nach einem ausgiebigen Bad.
Und anschließend in mein Bett fallen.
„Äh…, was?“ Roman legte den Kopf schief und verschränkte die Arme. „Gibst du schon auf?“ Mein skeptisches Blinzeln ignorierte er. „Lass uns morgen weitermachen, hm? Ich habe Hunger. Und ich bin müde.“ Wäre mein Energielevel übersättigt, hätte ich kein Hungergefühl. Aber da ich meine Batterien gerade so weit aufgeladen hatte, dass ich mich nicht mehr vollkommen leer fühlte, musste ich dringend etwas essen. Wie zur Untermalung meiner Ausführung knurrte mein Magen. „Akzeptabler Vorschlag.“
Immerhin schien Roman nicht so stur wie Alan zu sein.
Alan.
Man! Gab es eigentlich irgendeinen Tag, an dem er nicht in meinem Kopf herumspukte? Wohl nicht.
Noch nicht.
Die nächsten drei Tage verliefen nicht viel anders. Roman holte mich am Morgen ab. Ich trainierte. Er brachte mich am Abend erst nach Spline, dann heim. Meine Fortschritte waren eher mäßig. Aber Roman zeigte keine der Gemütsregungen, die ein Mensch gezeigt hätte.
Oder ein Gestaltwandler.
Weder ein frustriertes Seufzen noch ein enttäuschter Aufschrei oder ein Lachen. Bis auf eine leicht angehobene Augenbraue oder ein kaum merkliches Lächeln zeigte er mir nur die Wesenszüge eines Vampirs. Wenn ich es mir recht überlegte, hatte ich Roman seit seiner Befreiung aus den Händen des Wandlers noch nicht wieder in der Rolle eines Menschen erlebt.
Na ja… schließlich hatte er sich den Großteil dieser Zeit entweder nicht in meiner Nähe aufgehalten oder versucht mich umzubringen. Ob der Wandler ihm die Fähigkeit, sich an menschliche Eigenarten anzupassen, genommen hatte? Freilich konnte das auch an seiner Bindung an die Ker-Lon liegen; beziehungsweise der Verlust eben dieser Frau. Nun, zumindest verlor ich somit nicht aus den Augen, um was es sich bei ihm handelte.
Fast nicht!
Denn als er mir am vierten Tag schon zum Mittag erklärte, dass für heute Schluss sei, sah ich ihn an, als hätte er einen Witz gerissen. Roman und Witze passten übrigens so gut zusammen wie Leoparden und Schmusekätzchen. „Warum?“ Roman stand in einer lockeren Pose vor mir. In der er seit heute Morgen, als das Training begann, unbeweglich verharrt hatte. „Ich habe Hunger.“ Hey, das passte gut. „Hervorragend. Ich auch. Lass uns zusammen essen.“ Cool! Meine Angst – Respekt oder was auch immer es war – ihm gegenüber schien sich langsam in Wohlgefallen aufzulösen. Immerhin hatte ich ihm das erste Mal den Vorschlag gemacht, gemeinsam zu essen. „Ich bezweifle, dass dir bewusst ist, was du eben vorgeschlagen hast.“, quittierte Roman meine Einladung mit einem stählernen Blick, der mich die Stirn runzeln ließ. „Was? Wieso? Ich…“ Oh. Er wollte… Oh! „Äh, vergiss, was ich gesagt habe.“ Dass ich Rot anlief, spürte ich zwar, konnte ich aber nicht verhindern. Sofort stand er vor mir, mein Kinn umfasst und mir ins Ohr flüsternd, dass ihm meine Schamesröte mehr bedeute als die unüberlegte Äußerung.
Zu dumm, dass er schneller war als ich.
Ansonsten hätte mein Fuß sein Schienbein auch tatsächlich getroffen. Ohne meiner Frustration mit irgendeiner Miene oder einer Wortspielerei Genüge zu tun, zog er mich in seine Arme, teleportierte mich in meine Wohnung und verabschiedete sich bis zum nächsten Tag. Ah, ich hatte mich zum Deppen gemacht.
Wundertoll!
Und das, obwohl Roman absolut nichts Menschliches an den Tag legte.
Nicht mehr.
Wozu Vampire sehr wohl fähig waren. Sogar ziemlich überzeugend. Auch Roman. Ich erinnerte mich schwach daran. Wie konnte ich bloß vergessen, dass er Blut trank? Ok, es sei mir zugutegehalten, dass er sich auch von normalen Lebensmitteln ernährte und anscheinend nur aller paar Tage den roten Lebenssaft benötigte.
Vielleicht auch täglich.
Woher zum Kuckuck sollte ich das wissen? Schließlich fragte ich ihn kaum nach seinen Essgewohnheiten.
Nur gut, dass mein Telefon klingelte, ansonsten hätte ich depressiven Gedanken nachgehangen. „Man, also dich zu erreichen ist ja schwerer als im Lotto zu gewinnen.“, schimpfte Trudi am anderen Ende der Leitung. Schnell erklärte ich ihr, dass ich die letzten Tage ziemlich beschäftigt gewesen war und versuchte, es so klingen zu lassen, als wäre ich deswegen deprimiert. Gott sei Dank wollte sie nicht wissen, womit ich meine Zeit verbrachte. Stattdessen schlug sie mir ohne Luft zu holen vor, dass sie sich am Nachmittag gern mit mir in der Stadt treffen würde. „Da gibt es ein entzückendes kleines Café. Du wirst den Kaffee dort lieben!“ Ich wusste sehr genau, um welches Café es sich handelte, noch bevor sie dessen Namen aussprach. Trotz meiner sich sträubenden Nackenhaare sagte ich zu. Es war schließlich nicht so, dass ich das Etablissement für ein Date mit Alan gebucht hatte. Das Leben ging nämlich ohne ihn weiter. Bitte lieber Gott, lass ihn nicht dort sein. Bei meinem Glück würde er mir ausgerechnet da über den Weg laufen – obwohl er sich laut einem Zeitungsartikel momentan auf einem anderen Kontinent aufhielt.
Nur wusste ich leider zu gut, dass die Zeitungen nicht immer das schrieben, was der Wirklichkeit entsprach. Ich konnte also nur hoffen, dass sie diesmal richtig lagen und nicht nur bloßen Vermutungen