Homo sapiens movere ~ gebrochen. R. R. Alval
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Oder zum Notausgang.
Im Cluchant, so wusste ich, gab es privatere Räume, in die man sich bei Bedarf zurückziehen konnte. Super. Ich sollte diese zwei willigen Turteltauben aufhalten? Was hatte ich mir da nur eingebrockt?
Achtung, Vampir, der Sammynator rupft dir deine Beißerchen.
Yea-ha!
Gedanklich schwang ich eine große Keule, aber mein viel zu schnelles Herzklopfen und meine zitternden Hände zeugten von meiner Angst. Wie reagierten Vampire, denen man die willige Beute abschwatzen wollte? Was, wenn er mich angriff? Ich hatte nicht das Verlangen und auch nicht das Vertrauen meine Fähigkeiten einzusetzen. Zu groß war die Möglichkeit, dass deren Einsatz nach hinten losging. Ich könnte aus Versehen die ganze Bude abfackeln.
Roman könnte durch das Nennen seiner Chakren auch tot umfallen. Sofern sie überhaupt sichtbar wären.
Eine weitere Version von Gerichtsbarkeit à la Pir konnte ich echt nicht gebrauchen. „Vielleicht ist er gar nicht so schlimm, wie du denkst. Gott, wäre ich nicht verheiratet, würde ich sogar behaupten, er ist wahnsinnig attraktiv. Und sexy!“, seufzte Claudia. Wenn Blicke einem den Mund verbieten könnten, wäre meiner wie geschaffen dafür. Nicht, dass er meine Freundin beeindruckte. Denn außer einer hochgezogenen Augenbraue hatte sie nur ein spitzes ‚Was denn?‘ für mich übrig. „Verdammt, Claudia, er ist ein Vampir! Ein Raubtier. Natürlich sehen die toll aus. Wäre auch noch schöner, wenn man vor ihnen wegrennt. Stell dir nur all den Aufwand vor, wenn sie ihren Opfern erst jedes Mal hinterher rasen müssten.“ Zugegeben, es wäre für sie kein allzu großer Aufwand. Vampire waren in der Hinsicht tatsächlich perfekt ausgestattet. Prädestiniert für die Jagd, die allzu oft gar keine war. Vielmehr warf sich die Beute freiwillig an deren Hals.
Auch an Romans.
„Dann beeil dich. Ich passe derweil auf unseren Tisch auf.“ Als ob der wegrennt… Meine Bitte, sie möge mich begleiten, lehnte sie lächelnd ab. Ihre Begründung, dass ich eine movere sei, war für sie ausreichend. Ich hielt ihr allerdings zugute, dass sie nicht wusste, wie gefährlich – im Normalfall – ein Vampir für einen Menschen wie mich sein konnte. Verflucht, er war auch so immer noch gefährlich! Als ob mich nur sein Gift töten könnte: Ein gebrochener Hals oder eine aufgerissene Kehle hatten denselben Effekt. Außerdem fühlte ich mich noch lange nicht wieder wie ein movere. Dafür brauchte ich sicher noch ein paar Monate. Bitte, gebt mir eine Urkunde. Einen hübschen Preis, eine Auszeichnung. Idiotin des Jahres war noch eine untertriebene Bezeichnung für mein Vorhaben. Dafür hatte ich doch irgendeine Art der Anerkennung verdient. Wenn möglich etwas mehr als eine kreisförmige Bewegung mit dem Zeigefinger neben dem Kopf, obwohl die sehr passend erschien.
Tief einatmend stand ich auf, zupfte mein Shirt zurecht und schlängelte mich an den vielen Clubbesuchern vorbei zu der Tür, die die beiden benutzt hatten. Die war schwerer, als sie aussah. Aber indem ich mich dagegen lehnte, bekam ich sie mit einem Ächzen auf. Jetzt wäre es wirklich gigantisch gewesen, wenn mir eine Spur aus Krümeln oder ein blinkender Pfeil gezeigt hätten, welchen Weg die beiden eingeschlagen hatten.
Links oder rechts. Das war hier die Frage aller Fragen.
So wie die Tür hinter mir mit einem lauten Scheppern zufiel, war die Musik nur noch gedämpft zu hören. Ich spitzte die Ohren, ob ich irgendwelche Schreie – vorzugsweise die von Trudi – vernahm. Leider Fehlanzeige. Auf der einen Seite war es gut, dass ich nichts hörte. Auf der anderen fachte das meine Fantasie nur umso mehr an. Meine Sinne zu nutzen wäre eine gute Idee gewesen. Auch entgegen meiner Skepsis. Wäre Roman der einzige Mann, der sich zu seinem Amüsement oder seiner Nahrungsaufnahme in diesen Bereich verzog.
War er aber nicht.
Selbst wenn der Flur, auf dem ich gerade stand, gähnend leer war. Verflixt, ich hätte ihnen schneller folgen sollen. An jeder Tür lauschend lief ich über den Gang, dessen weiße Wände mit den Neonröhren und dessen Boden mit den hellen Fliesen ebenso steril wirkten wie ein Krankenhaus. Nur dass es hier angenehmer roch.
Verfluchter Bockmist!
Wie sollte ich die zwei denn hier finden?
Die Türen sahen alle gleich aus und schienen hermetisch abgeriegelt zu sein. Kein einziger Laut drang nach draußen. Mich in einem Labyrinth zu verirren, war mit Sicherheit angenehmer. Dort lief ich nicht Gefahr, einem Monster über den Weg zu laufen. Mein Herz wummerte im Rhythmus eines Rock ’n’ Roll, während ich unbewusst zitterte. Meine Hände nahmen die Temperatur eines Eisblocks an. Ich konnte unmöglich alle Türen öffnen und irgendwelche Fremden in flagranti erwischen.
Auch nicht für Trudi?
Oh man, was für eine Zwickmühle! Natürlich war meine Freundin erwachsen. Doch Roman war und blieb trotzdem ein sadistischer Mistkerl, der mir eine Heidenangst einjagte. Trotz allem hielt mich das nicht davon ab, lauthals nach meiner Freundin zu rufen. „Trudi, du blöde Kuh! Heute war verdammt nochmal ein Frauenabend geplant und kein Buffet für einen Vampir. Schwing deinen Hintern wieder nach vorn und zwar pronto, bevor ich über meinen eigenen Schatten springe und jede dieser verfluchten Türen aufreiße!“ Ich holte tief Luft und setzte noch eins obendrauf. „Und Roman, wenn du meiner Freundin auch nur ein Härchen krümmst, werde ich dich eigenhändig kastrieren, dir jedes Beißerchen einzeln ziehen und dich scheibchenweise grillen.“ So wie ich durch den Flur gebrüllt hatte, hätte ich mich für meine eigene Dummheit ohrfeigen können.
Spätestens jetzt wusste Roman, dass ich hier war.
Zu blöd aber auch. Was tut man nicht alles für seine Freunde?
Augen rollend schüttelte ich den Kopf und begann, langsam bis zehn zu zählen. Ich lauschte, ob sich eine Tür öffnete. Doch abgesehen davon, dass sich ein weiteres Pärchen nach hinten verirrte, passierte nichts.
Absolut gar nichts.
Keine Trudi.
Kein Roman.
Ganz ruhig, ermahnte ich mich. Ich holte tief Luft und zählte abermals bis zehn. Vermutlich hätte ich bis eintausendneunhundertdreiundzwanzig zählen können. Nichts passierte. Tief ein- und ausatmend lief ich mutig zur ersten Tür, legte meine Hand auf den Knauf und drehte diesen vorsichtig um. Theoretisch hatte ich vorgehabt, jede Tür einzeln, sehr leise und nur minimal zu öffnen. Praktisch war es aber so, dass jede dieser beschissenen Türen von innen abgeschlossen werden konnte. Diejenigen, die sich öffnen ließen, gaben nichts weiter preis als einen leeren Raum.
Aha, darum also rote beziehungsweise grüne Lämpchen oberhalb der Türen. Gut zu wissen.
Weniger gut zu wissen, dass einige Räume diversen Vorlieben angepasst waren. Und das bedeutete auch, dass es nicht in jedem Zimmer ein Bett gab. Handschellen an den Wänden und Ketten, die von den Decken hingen, waren noch das Vertretbarste, was ich vorfand. Bei einigen anderen Dingen fragte ich mich, ob ich aus Versehen in die Folterkammer eines mittelalterlichen Triumvirats gelangt war. Himmel, sowas machte manche an? Gut, jedem das seine. Aber das war definitiv nichts für mich und mein zartes Gemüt.
Ja, ich besaß eine zarte Seite.
Meistens.
Egal,