Mann meiner Träume. Nicole Knoblauch
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Hatte er recht? Sollte ich mir nicht endlich eingestehen, dass ich seit Jahren für ihn schwärmte und mir gewünscht hatte, ihn tatsächlich zu treffen und ein Leben an seiner Seite zu führen? Wollten meine Träume mir das zeigen? Ein Eingeständnis, dass ich in Napoléon Bonaparte verliebt war? Mir schwirrte der Kopf.
„Was ist, wenn du die anderen triffst? Désirée Clary zum Beispiel. Du musst dich mit ihr verloben! Nicht auszudenken, was passiert, wenn sie Bernadotte nicht kennenlernt und niemals Königin von Schweden wird.“
„Das wird ja immer schöner. Ich verlobe mich mit der Königin von Schweden?“
„Natürlich nicht!“, antwortete ich geistesabwesend. „Wenn du sie kennenlernst, ist sie eine einfache Seidenhändlertochter.“ Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. „Vergiss das einfach. Wichtig ist die Verlobung mit ihr und später die Hochzeit mit Joséphine de ... Mit Rose de Beauhernaise. Joséphine wird sie erst durch dich.“
„Was immer du sagst.“ Er lächelte ein so glückliches Lächeln, dass mir ganz warm wurde. „Marie, ich weiß, dass du fest überzeugt bist, die Zukunft zu kennen. Und ich gebe zu, dass du einige Dinge korrekt vorausgesagt hast – aber über mein Leben bestimme ich, und ich bin nicht bereit, mein Glück irgendwelchen Prophezeiungen zu unterwerfen.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er ernst sagte: „Ich mache dir einen Vorschlag! Du bleibst einige Tage hier bei mir auf Korsika. Wir lernen uns besser kennen und ich frage dich dann noch einmal. Ist das annehmbar?“
Ich schloss kurz die Augen und überlegte. Warum eigentlich nicht? Ich blieb nie mehr als ein paar Stunden in dieser Traumwelt. Das hieß, ich würde bald aufwachen. Warum sollte ich die Stunden hier nicht damit verbringen, ihn besser kennenzulernen? Das würde mit Klarheit über meine Gefühle bringen.
„Das ist annehmbar.“
„Gut!“ Er klatschte in die Hände. „Was willst du wissen?“
Da saß ich und hatte die einmalige Gelegenheit, Napoléon I. eine Frage zu stellen – und mein Kopf war leer. Es gab so viel, was ich nicht wusste oder nicht verstand. Aber er war noch jung und würde die meisten meiner Fragen nicht beantworten können.
„Die Artillerie“, fiel mir schließlich ein. „Du scheinst eine Schwäche dafür zu haben. Warum?“
Ein Lächeln zog über sein Gesicht. „Die Artillerie. Das ist“, er suchte nach den richtigen Worten. „Das ist Logik in ihrer höchsten Form, reine Mathematik. Wenn man weiß, wo man die Kanonen aufstellen muss, kann man jede Schlacht gewinnen. Es ist alles eine Frage der richtigen Position, verstehst du?“ Ich nickte, obwohl ich davon keinen blassen Schimmer hatte.
„Stell dir folgende Situation vor.“ Er kniete sich hin und begann mit Zweigen, Blättern und Steinen eine Miniatur von Ajaccio aufzubauen. „Das hier ist die Festung mit den Franzosen.“ Ein dicker Ast zu seiner Linken. „Wenn ich sie erobern wollte, würde ich Kanonen hier, hier und hier aufstellen.“ Drei Steine, die in einigem Abstand zu dem Ast lagen, markierten die Stellen. In den nächsten Stunden erklärte er mir, wo und warum er Kanonen positionieren müsste, um die französischen Herrscher zu vertreiben. Sein Eifer schaffte es, sogar mich mitzureißen, und das will etwas heißen. Denn wenn ich mich für etwas gar nicht interessiere, ist es Taktik – oder Kanonen. Jetzt könnte sogar ich Ajaccio im Schlaf erobern.
Seine abschließenden Worte trafen den Kern seines Monologes: „Phantasie regiert die Welt und Kanonen verwirklichen diese Phantasie.“ So positiv konnte man also Kanonen sehen.
Paoletta kam aus dem Haus gelaufen und rettete mich vor einer Antwort. Sie lächelte verschmitzt. „Napoleone, ich soll DICH zum essen holen.“
Seine Augen verengten sich. „WIR kommen!“
„Von ihr hat Mama nichts gesagt.“
Mit einem Ruck erhob sich Napoleone. Wortlos nahm er meine Hand und führte mich um das Haus herum. Hier sah es ähnlich aus wie vorne. Einige große Bäume und zu meiner Linken ein kleines Gemüsebeet.
Ein großer, gedeckter Tisch lud zum Verweilen im Schatten ein. Napoleones Blick flog über die Tafel und seine Augen verdunkelten sich. „Du wartest hier!“, presste er hervor und betrat das Haus.
Die Tür hatte sich hinter ihm geschlossen und laute Stimmen drangen durch die offenen Fenster nach draußen. Das mussten Napoleone und seine Mutter sein, die da stritten. Schade, dass sie Korsisch sprachen. Signora Buonapartes Stimme wurde leiser und verstummte schließlich völlig. Napoleone bellte einige Anweisungen und seine Mutter betrat kurz darauf mit einem weiteren Gedeck in den Händen den Garten. Ihren kalten Blick auf die Tafel gerichtet, arrangierte sie alles neu.
Napoleone trat wieder ins Freie, reichte mir ohne ein Wort seinen Arm und führte mich zum Kopfende des Tisches. Seine schönen Augen sprühten Funken. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen setzte er sich und wies mir den Platz zu seiner Rechten zu.
Der Platz der Hausherrin. Der hätte seiner Mutter gebührt. Mir schwirrte der Kopf. Ihm schien es wirklich ernst zu sein mit seinen Heiratsabsichten. Das passte zu dem, was ich über den jungen Napoléon wusste: Impulsiv und bereit, seinem Herzen zu folgen – wenn es ihm eine Ehe und Kinder einbringen würde. Und da lag das Problem. Ihm musste klar sein, dass er das von mir nicht bekommen würde. Ich hatte ihm deutlich gesagt, dass ich nicht bleiben könnte.
Ein hysterisches Lachen stieg meine Kehle hinauf: Was dachte ich da? Als ob das hier alles wirklich passieren würde und nicht nur ein Traum wäre! Aber, meldete sich ein leise Stimme: Wenn das so war, wer sagte mir, dass der Traum nicht morgen an der Stelle weitergehen würde an der er heute aufgehört hatte? Dieser Gedanke ließ mich erneut innehalten. Seit wann war man sich in Träumen bewusst, dass man träumte?
„Marie?“ Napoleone berührte sanft meinen Arm. „Darf ich dir den Rest meiner Familie vorstellen?“
Geisteabwesend nickte ich, achtete aber nicht wirklich auf seine Worte. Was ging hier vor? Was wollte mir mein Unterbewusstsein mit diesen Träumen sagen?
Napleones Hand berührte kurz unter dem Tisch meinen Oberschenkel und tausend Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch. „Hörst du mir zu?“, flüsterte er so leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen.
Schuldbewusst lächelte ich ihn an.
Seine Mundwinkel wanderten nach oben und seine Augen glitzerten. „Ich hoffe doch, dass es meine Frage ist, die dich ablenkt.“
„Auch. Ich bin ... das ist alles einfach überwältigend.“
„Ja, nicht wahr? Korsika nimmt einen gefangen und lässt nicht mehr los.“
„Nicht nur diese Insel.“
Sein glücklicher Seufzer freute mich und den Rest des Abends genoss ich einfach seine Gesellschaft. Er stellte mir die anwesenden Familienmitglieder vor. Da war sein achtjähriger Bruder Girolamo, der so heftig meine Ehre verteidigt hatte, der nur wenig ältere Luigi und seine beiden Schwestern Paola (oder Paoletta) und Annunziata. Außerdem gab es noch Joseph Fesch, den Stiefbruder seiner Mutter.
Napoleone unterhielt die Gesellschaft gerade mit dem Bericht über eine Schneeballschlacht, die er in der Schule organisierte und wie eine echte Schlacht geplant hatte, als ein hagerer junger Mann im Garten auftauchte. Seine dunklen Augen erfassten die Situation und blieben an mir hängen. Ohne den Blick abzuwenden, richtete er das Wort an Signora Buonaparte: „Entschuldigt meine Verspätung,