Justice justified. Kendran Brooks

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Justice justified - Kendran Brooks

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für Schwule.

      Mühsam rutsche er zum Bettrand, stellte seine nackten Füße auf den Boden, spürte den Hermelinpelz der Tagesdecke auf seinen Sohlen. Er stand unsicher auf, denn die Welt begann sich zu drehen. Taumelnd blieb er auf den Beinen, bis sich nach ein paar Sekunden der rote Nebel vor seinen Augen verzogen hatte.

      Wie ein gichtkranker Alter bewegte er sich zum Schrank mit der kleinen Bar. Er goss sich aus der offenen Flasche zwei Finger breit Black Borrow in das danebenstehende, bereits benutzte Glas mit den Spuren eines Lippenstifts an seinem Rand, stürzte den Inhalt seine Kehle hinunter. Erst schüttelte er sich und verzog sein Gesicht vor Schmerzen oder Ekel oder beidem. Mit geschlossenen Augen wartete er auf das Abklingen des Bohrens in seinem Schädel.

      Als er seine Lider wieder öffnete, erblickte er einen seltsam gekleideten Mann in der offenen Tür zum Schlafzimmer. Patrick zuckte überrascht zurück, versuchte sich darüber klar zu werden, ob das Bild real war oder bloß eingebildet. Denn der Kerl hatte sich ganz in Plastikfolie verpackte, trug über seinen Straßenkleidern einen Overall aus durchsichtigem Kunststoff mit Kapuze. Nun hob der Kerl seinen linken Arm. In der behandschuhten Hand hielt er eine schwarze Pistole mit überlangem Schalldämpfer. Patrick sah die Mündung auf einmal unnatürlich groß vor seinen Augen auftauchen. Er stierte in das schwarze Loch, mitten hinein, schwankte erneut, begriff nichts, fühlte dafür Übelkeit hochsteigen.

      »Grüße vom Oldman«, sagte der Plastikmann grimmig. Patrick McPhearsen registrierte noch das seltsame, nach Russisch klingende Englisch des Bewaffneten. Dann war die Kugel aus dem Lauf in seiner Stirn eingeschlagen, zerfetzte seinen nächsten Gedanken.

      Der Knall wurde zwar durch den Schalldämpfer um die Hälfte verringert. Trotzdem richtete sich die junge Frau erstaunt im Bett auf, oder war sie noch ein minderjähriges Mädchen?

      »Was is?«, richtete sie dieselbe Frage wie vorhin an Patrick diesmal unbestimmt an den Plastikmann, erkannte dann die Waffe in dessen Hand, wurde auch schon von zwei Kugeln in den Oberkörper getroffen, noch bevor sie vor Schreck hätte schreien oder gar fliehen können. Sie fiel zurück auf das Lacken, spürte noch keinen Schmerz, nur die bleierne Müdigkeit, eine alle ihre Glieder erfassende Schlaffheit, sah immer noch den Mann in Plastik dort stehen, unwirklich, mit einer Pistole in seiner nun gesenkten Hand, wie er näher an das Bett herantrat, den Arm mit der Waffe erneut etwas anhob. Die Mündung tauchte vor ihren Augen auf. Dann wurde die Welt schwarz.

      *

      Jules klingelte, drückte die Türklinke hinunter und trat ein. Dr. Grey kam ihm lächelnd aus dem Behandlungszimmer entgegen.

      »Und? Wie fühlen Sie sich heute, Jules?«

      »Blendend, Emanuelle.«

      Jules hatte nach rund zwei Dutzend Sitzungen auf die Anrede mit Vornamen bestanden und Dr. Grey war nach kurzem Zögern darauf eingegangen, sah darin vor allem einen Weg, die Vertrautheit und damit das Vertrauen zu verstärken und so noch direkter und stärker in die Psyche dieses Patienten einzudringen.

      »Haben Sie sich mit den Punkten beschäftigt, die ich Ihnen das letzte Mal vorgeschlagen habe?«

      Jules setzte sich in den von ihr angebotenen Sessel, lächelte die Psychologin spöttisch an.

      »Jaaa«, gab er dann provokativ langsam von sich, »ich habe meine Hausaufgaben gemacht.«

      »Und?«

      »Sie lagen wiederum falsch«, gab Jules siegesgewiss von sich.

      Nun lächelte auch Dr. Grey, jedoch nicht etwa spöttisch, sondern mit Nachsicht.

      »Sie haben sich intensiv an diesen einen Tag in Mexiko zurückerinnert?«

      Jules nickte zustimmend, wirkte auf einmal jedoch irgendwie verbissen oder gar verbiestert.

      »Und Sie verspürten dabei keinerlei Angst?«

      Er schüttelte stumm und ablehnend den Kopf.

      »Auch nicht, als Sie die rostige Säge in die Hand nahmen?«

      Jules schluckte hart, verneinte erneut durch kurzes Kopfschütteln.

      »Und als Sie sie ansetzten? Zum ersten Schnitt?«

      Eine Schweißperle zeigte sich auf der Stirn ihres Patienten. Doch der wischte sie mit dem Handrücken rasch weg, starrte Dr. Grey nun beinahe feindselig an.

      »Tat es denn sehr weh?«

      Diesmal nickte der Schweizer und seine Kinnlade bebte dabei leicht, als müsste er ein Würgen unterdrücken.

      »Und sie verspürten wirklich keine Angst?«

      Keine Antwort von ihm. Oder war das verbissene Schweigen eine Zustimmung?

      »Wissen Sie, Jules, diese Gedankenübungen dienen nur einem Zweck. In Ihrem Gehirn ist einiges durcheinandergeraten. Tatsachen haben sich womöglich mit Fantasien und Möglichkeiten vermengt. Die tatsächlich erlebten Gefahren vermischten sich mit unterbewussten Ängsten. Und über all dem lastet ihre Verantwortung, für Ihre Familie und für sich selbst. Nicht zuletzt aber auch für die Getöteten.«

      Jules wischte sich mit den Daumenballen über die feucht gewordenen Augen.

      »Und warum quälen Sie mich weiterhin damit?«

      Dr. Grey lächelte nun beinahe traurig.

      »Sie sind immer noch in ihrem selbst geschaffenen Käfig gefangen, Jules. Diesen Käfig müssen Sie allein zerstören, und zwar von innen heraus. Alles was ich dabei tun kann, ist Ihnen zu helfen, Sie zu unterstützen, indem ich Ihnen den richtigen Weg aufzeige und sie Schritt für Schritt begleite.«

      »Und dazu müssen Sie so lange in meinem Gehirn herumwühlen, bis ich selbst kaum mehr weiß, was Wahrheit ist und was Einbildung?«

      »Jules, Sie wissen längst nicht mehr, welche von Ihren Erinnerungen und Empfindungen tatsächlich passiert sind und welche Sie bloß träumten, welche Gefühle Sie bei Ihren möglichen Taten empfunden und welche Sie sich später eingeredet haben. Wenn Sie aus Ihrem selbst geschaffenen Gefängnis jemals ausbrechen wollen, dann müssen wir zuerst jede einzelne Käfigstange analysieren und ihren Schwachpunkt finden. Denn mit jeder neu gewonnenen Erkenntnis schreitet die Korrosion fort. Erst der Rost wird ihnen mit der Zeit den Ausbruch ermöglichen.«

      »Schön bildhaft gesprochen, Dr. Grey.«

      Der Spott war in die Stimme des Schweizers zurückgekehrt.

      »Keine Ausflüchte mehr, Jules. Das haben Sie mir versprochen«, meinte die Psychologin streng.

      Er nickte als Zustimmung, sank tiefer in den Sessel.

      »Warum eigentlich darf ich nicht liegen während unseren Sitzungen?«

      »Weil ich nicht will, dass Sie sich zu sehr entspannen, Jules. Entspannung ist gut, um zu vergessen. Doch das können und dürfen Sie nicht. Noch lange nicht.«

      Ein paar Sekunden lang schwiegen beide, sahen sich bloß stumm in die Augen. Es war dann Jules, der fortfuhr.

      »Haben Sie irgendwelche Tipps für meinen Urlaub? Oder irgendwelche besonderen Aufgaben?«

      »Ja,

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