Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
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Das Vorhandensein von pflanzlichen Resten mit haluzinogenen Substanzen lässt darauf schließen, dass den Mimbres der Wirkmechanismus solcher Pflanzen oder Pflanzenteile bekannt war, aber alle darüber hinausgehenden Aussagen sind und bleiben Spekulation und Hypothese. Die Mimbres-Kultur nutzte/gebrauchte wahrscheinlich ganz regulär alle Rauschmittel (z.B. Daturas, Nicotianas, Amanitas und den lokalen Peyote), die sie finden oder durch Tausch/Handel erlangen konnten. Einige eingetauschte Produkte (wie getrocknete psilocybes-Pilze und das LSA enthaltende Ipomeas) waren eventuell auch verfügbar, wie Pilzdarstellungen auf Pahos und Zeremonialstäben anscheinend belegen. Die Behauptung, dass bestimmte Motive auf der Begräbniskeramik in ihrem Design auf haluzinogene Erscheinungen zurückzuführen sind, erscheint mir aber als Nichtnutzer dieser Stoffe sehr fragwürdig. Alle archäologischen und ethnographischen Indizien deuten auf eine traditionelle Verwendung von psychoaktiven Pflanzen (Datura, Tabak, Pilze, Peyote) und anderen Trance induzierenden Mechanismen, die auch für spirituellen, heilenden und Entspannungsbedarf angewendet wurden.
So wurden neben dem mehrere Arten umfassenden Wildtabak im Südwesten auch kleine Mengen für den zeremoniellen Gebrauch kultiviert. Die Tabakblätter wurden u.a. getrocknet und in einer Stockröhre geraucht, ähnlich wie die Zigaretten-/Zigarrenspitze oder es wurde ein „Wolkenblaser“ genutzt, eine kurze trichterförmige Tonpfeife.
Die mit der Spiritualität der Mimbres offensichtlich sehr stark verbundenen Bestattungspraktiken waren mit Ausnahme der beigegebenen und rituell durch das Einschlagen eines Loches (sog. Totenloch) in den Schalenboden entmaterialisierten/„getöteten“ Tonschalenbeigaben mit vielen Kulturen des Südwestens vergleichbar und relativ unspektakulär. Es gibt aber auch Ansichten, dass das Loch im Schalenboden keine „Tötung“ der Schale darstellt, sondern den Ausgang für den Geist des Verstorbenen aus der wirklichen und/oder künstlerisch dargestellten Welt in der Schale.
Die Bestattung des Körpers erfolgte im Allgemeinen in sitzender Hockerstellung (fötale Position) mit der speziellen Tonschale, die wie ein Helm auf den Kopf gelegt wurde, in einer einzelnen Grube unter dem Fußboden des Hauses. Die Bestattungsgrube wurde meistens mit einer verdichteten/abdichtenden Schicht aus Adobe u.ä. abgeschlossen. Einige der Begräbnisgruben waren mit Stein oder Adobe ausgekleidet, bevor sie mit Adobe abgeschlossen wurden. Andere wurden mit einem flachen Stein verschlossen. Weitere nicht „getötete“ Gefäße oder gefäßgebundene Beigaben wie bei den anderen Mogollon fehlten im Allgemeinen bei den Mimbres oder die Quellen haben über diese gewöhnliche Keramik nichts berichtet. Wenn in seltenen Fällen Grabbeigaben erwähnt wurden, umfassten sie meist Schmuck aus Muschelschalen oder Türkis, Werkzeuge und vereinzelt Tongefäße. Bei den Raubgrabungen nach der begehrten Bestattungskeramik ist darauf auch sicher keinerlei Beachtung aufgewendet worden.
Bei in der Galaz Site und der Cameron Creek Site freigelegten menschlichen Bestattungen wurden auch beigelegte Papageienvögel gefunden, denen jedoch der linke Flügel fehlte. Auch abgetrennte Köpfe und andere einzelne Körperteile wurden als Beigaben gefunden. Über den rituellen Kontext dieser Indizien lässt sich nur spekulieren.
Ob die Malereien im Innenraum der Schale „Bilder/Informationen“ aus dem diesseitigen Leben für die Freude der Seele der oder des Toten oder aber „Aufträge“/„Bitten“/„Gebete“ der Lebenden für die Geister in der Anderswelt zum Überbringen durch den dorthin Gegangenen waren oder noch andere Bedeutungen hatten, ist offen. Desgleichen ist die Aussage, dass ein Mensch, im Mimbres-Tal stehend, die Illusion hat, die Welt wie eine über seinen Kopf gestülpte umgekehrte riesige Schale zu sehen, von einem heutigen Menschen und sicher sehr emotional.
In der Klassischen Periode (1000 bis 1150 u. Z.) erfolgten 85% aller belegten Begräbnisse in Häusern und stellten sicher eine Art von Abstammungsfriedhöfen dar (lineage cemetery). Es liegt keine Aussage darüber vor, ob sich die Begräbnisse in bestimmten Häusern konzentrierten oder ob sie relativ gleichmäßig über alle Häuser/Raumzellen verteilt waren. Begräbnisse außer Haus umfassten 10% der Beisetzungen und die Anzahl der Brandbestattungen lag je nach Quellenangaben zwischen 1,5 und 5% der Bestattungen. Die Brandbestattung nahm in der postklassischen Zeit stark zu.
Brandbestattungen traten vereinzelt ab 750 u.Z. auf, blieben auch bis 1150 u.Z. eine seltene Bestattungspraktik. Während dieser Zeit wurden die Kremationsüberreste in speziellen Räumen und speziellen Bereichen innerhalb der Gemeinschaft entsprechend häufiger als Körper beigesetzt. Bei der Beisetzung der Kremationsüberreste wurden auch häufiger Geschossspitzen mit aufgefunden. Diese Tatsachen und das seltene Auftreten von Kremationen während dieser Zeiten werden vorwiegend auf ungewöhnliche Todesbedingungen zurückgeführt, obwohl einige Kremationen auch Personen mit höherem Status betreffen könnten. Auch die Möglichkeit eines direkten (Zuwanderer) oder indirekten (spirituellen) Einflusses durch die Hohokam-Kultur wäre mit in Betracht zu ziehen, wo zu dieser Zeit die Brandbestattung dominierte. Nach 1150 u.Z. wurde Brandbestattung häufiger und ab 1350 u.Z. war sie dominierend. Der wesentliche Unterschied zwischen der Black Mountain Phase (1150 bis 1350 u.Z.) und der Cliff Phase (1350 bis 1450 u.Z.) ist die Häufigkeit der Brandbestattungen. Nach 1150 u.Z. wurden den Kremationsüberresten auch keine Projektilspitzen mehr beigelegt.
2.2.2.4. Die Kulturveränderungen in der Endphase der Klassischen Periode
Ressourcenstress war im Leben der Menschen immer ein mehr oder minder vertrauter Begleiter. Es wurde versucht, diesen Mangel durch vielfältigste wirtschaftliche Aktivitäten weitestgehend einzuschränken. Soziale und gesellschaftliche Mechanismen hatten die Folgen von Mängeln gesellschaftserhaltend auszubalancieren.
Auf wirtschaftlichem Gebiet ist als Reaktion auf den Ressourcenstress die Ausdehnung der Bewässerungsanlagen, die Nutzung weniger produktiver Bodenflächen in höheren, trockneren und entfernteren Lagen und die Durchführung von Holzbeschaffungsaktionen/-zügen zu nennen. Auf spirituellem Gebiet sind Veränderungen an den Kivas wie zum Beispiel die Gestaltung der Sipapus (nicht einfach eine Ideenübernahme von den Anasazi, sondern eine Stärkung fruchtbarkeitsorientierter weiblicher Spiritualität) und später offensichtlich eine Verlagerung ritueller Aktivitäten auf die Plaza mit zumindest teilweiser Aufgabe von räumlich nicht mehr ausreichend großen und/oder funktionell/spirituell nicht mehr genügenden Kivas zu registrieren. Der zumindest teilweise Wechsel der Zeremonialorte von der rechteckigen Kiva mit der Sipapu zur rechteckigen Plaza konnte qualitative Ursachen (eventuell Stärkung männlicher Spiritualität) oder auch quantitative Gründe haben (Teilnahme aller Dorfbewohner an den maßgeblichen Zeremonien und Reduzierung der Aktivitäten kleinerer Personengruppen = Dezentralisierung des Zeremonialismus). Darüber lässt sich frei spekulieren. In einigen Quellen wird ausgesagt, dass dieser lokale Wechsel des Zeremonialortes von der Kiva zur Plaza mit einer rituellen Tötung der Kivabauwerke durch eine zeremonielle Verbrennung verbunden war. Andere legten die Brandnachweise von Kivas als „Religionskrieg“ aus. In der Black Mountain Phase (1140 bis 1300 u.Z.) der Mimbres Postklassik erlischt praktisch die zeremonielle Nutzung und der Bau von Kivas.
Grundsätzlich wurden die Gemeinschafträume aber nie völlig aufgegeben, aber als Kiva traten sie in den Hintergrund. Im Grasshopper Pueblo wurde sogar eine kleine Plaza zu einer Großkiva umgebaut. Auch in Kinishba gab es große Plazas und kleine rechteckige Kivas im Pueblo.