Der Killer kam aus Santa Fu. Didier Desmerveilles

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Killer kam aus Santa Fu - Didier Desmerveilles страница 5

Der Killer kam aus Santa Fu - Didier Desmerveilles

Скачать книгу

      »Natürlich, Fredo, ich sitze doch hier vor dir!«

      »Das mein' ich nicht, Goldstück, und das weißt du auch ganz genau. Du weißt, ich liebe dich, du bist mein ein und alles. Ich schwör's dir, ja?« Sie nickte wie abwesend. »Und du?«

      »Ja?«

      »Bist du noch die meine?«

      Sehr leise, fast verzagt brachte sie hervor: »Ich liebe dich, Fredo.«

      »Rede mir Wahrheit, Goldstück. Etwas stimmt nicht. Du weißt, du bist durchsichtig für mich wie geschliffener Diamant in Mittagssonne. Komm.« Er drückte ihre Hand. »Sag's mir. Was ist los? Was liegt wie eine Tonne Altmüll auf deiner Seele? Immer noch dieser verschissene anonyme Brief?«

      Endlich blickte sie ihm ins Gesicht. Und da war es wieder, dieses Lächeln, das verzaubern konnte, das Lächeln, das er nur einmal zu sehen hatte brauchen, um ihm zu verfallen, das Lächeln eines Engels mit goldenen Flügeln, die ihn in ein fernes Paradies zu tragen versprachen. Und an nichts anderes konnte er seit jener ersten Begegnung mehr denken, als er sie fast angefahren hätte mit seinem Angeber-Ferrari, der sie erst mal so gar nicht beeindrucken konnte, ihr stattdessen nur zu verächtlichen Blicken Anlass gegeben hatte. Sie war auf dem Jungfernstieg unterwegs gewesen, wie meistens auf ihrem Fahrrad, sie hatte bei Grün über den Zebrastreifen fahren wollen und er hatte mal wieder nicht nach hinten geschaut, ehe er rechts abbog. Und da wäre sie fast auf seine Motorhaube geflogen. Zum Glück war seine Reaktion die eines Rennfahrers und seine Bremsen – die eines Ferrari eben. Warnblinkanlage, sofort rechts ran und raus aus dem Wagen. Sie hatte auszuweichen versucht und war dabei gestürzt. Luisa am Boden. »Oh, Scheiße, ist was passiert? Oh, tut mir voll leid, ey!« Mehr war ihm nicht eingefallen. Ja, es war etwas passiert. Sie hatte verlegen gelächelt, als wäre sie diejenige gewesen, der etwas Peinliches passiert war, und im Aufstehen geantwortet: »Ja, weiß schon, Sportwagen haben 'ne eingebaute Vorfahrt. Dass mir das entfallen war!« Ihr langes, leicht gewelltes braunes Haar lag etwas wirr über ihrem Gesicht.

      Er erkannte trotzdem sofort, dass sie engelsgleich schön war, von vollendeter Mädchengestalt. »Ist kein Sportwagen«, hatte er geantwortet, »ist Ferrari.«

      »Ja wow! Da hab' ich ja Glück! Kriegt man dann im Himmel gleich 'n besseres Zimmer, wenn man vom Ferrari tot gefahren wurde und nicht von 'ner Pferdekutsche, ja?«

      »Ja klar. Am schlimmsten ist Golf. Die werden da oben gar nicht erst reingelassen wegen Proll-Prüfung am Eingang.«

      »Ja, hab' ich wieder viel dazugelernt heute«, sagte sie und hob ihr Fahrrad am Lenker vom Boden auf. »Dankeschön auch.«

      »Ja, nee, ich mach' das jetzt schon wieder gut. Fährst du mir hinterher, lad' ich dich ein. Nur dein Geschmack entscheidet!«

      »Tut mir leid, ich verbringe meine Zeit nicht mit« – sie suchte offensichtlich nach einem besonders verletzenden Ausdruck – »Ferrarifahrern!«

      »Na, dann schreibst du mir deine Nummer auf und ich sorge für 'ne angemessene Entschädigung.«

      »Meine Kontonummer«, stellte sie eher fest, als dass sie nachfragte.

      »Ja, nee, ich dachte jetzt ...«

      »Für die Entschädigungszahlung.«

      »O.k., o.k. Kontonummer.«

      Er hatte ihr dann dreitausend Euro überwiesen und seine Mobilfunknummer in die Betreffzeile der Online-Überweisung geschrieben. Mit dem Absender »Firma Aksam« hatte sie nichts anfangen können und das Ganze für einen Bankirrtum gehalten. Wie bei Monopoly: »Bankirrtum zu deinen Gunsten. Ziehe 4000 Mark ein« (Version aus der Zeit vor der Einführung des Euro). Bekanntlich war das Leben kein Spiel. Sie hatte telefonisch darauf bestanden, den Betrag zurückzuzahlen. Und nachdem sie endlich kapiert hatte, wer da am anderen Ende mit ihr sprach, hatte sie schließlich in die Entschädigung in Naturalien, wie er die Einladung ins ziemlich vornehme Au Quai am Hamburger Hafen unverfroren umschrieb, eingewilligt.

      Sie hatte schließlich einsehen müssen, dass er trotz seiner rotzigen Sprache, die übrigens zu 99 Prozent aufgesetzt war (und jeder Grammatikfehler eine Maskerade), kein »Proll« war, wie er selbst Menschen geringschätzig nannte, die ein gewisses Maß an Höflichkeit, insbesondere dem zarten Geschlecht gegenüber, vermissen ließen. Er hatte viel gelesen, studierte an der Hamburger Universität Geschichte im elften Semester und bereitete nach eigenen Worten eine Magisterarbeit zum Thema »Der Zerfall des Osmanischen Reiches in Korrelation mit der europäischen Dekadenz im ausgehenden 19. Jahrhundert« vor. Sie hatte sich in ihn verliebt.

      Er hatte sie schon geliebt, als sie sich vor seiner Kühlerhaube vom Zebrastreifen erhob. Es war das größte Glück, das er in seinem fast drei Jahrzehnte währenden Leben bisher erfahren hatte, und er konnte es mitunter auch jetzt immer noch nicht fassen.

      »Ich liebe dich, Fredo«, wiederholte sie und schob das letzte Stück Pizza beiseite. »Aber unsere Beziehung steht einfach unter keinem guten Stern. Mein Vater ist dagegen, dein Vater ist erst recht dagegen. Du hast dich ja noch nicht mal getraut, mit ihm über uns zu reden.«

      »Ach, das.« Fredo machte eine wegwerfende Handbewegung. »Kommt Zeit, kommt Tat, Goldstück.«

      »Und, ja, dieser anonyme Brief letzte Woche hat mir Angst gemacht. ›Liebst du dein Leben, übst du Verzicht. Edleres Streben als Fredo, der Wicht, gebührt dir, o reine, o kostbarste Maid. Dies dir mitteilen soll dieser Bescheid.‹«

      »Hast du auch noch auswendig gelernt, den Scheiß!«, schimpfte Fredo.

      »Fredo, dahinter kann doch nur dein Vater stecken. Der weiß bestimmt längst über uns Bescheid. Ich hab' mich in letzter Zeit des Öfteren beobachtet gefühlt. Oder ich werd' langsam paranoid.«

      »Goldstück, mein Alter kann nicht mal genug Deutsch für einen einzigen fehlerfreien deutschen Satz und dann soll der auf einmal dichten können wie Goethe?«

      »Also, Goethe hat schon noch bisschen mehr zu bieten als dieser Karnevalsdichter, aber das ist jetzt auch nicht der Punkt, Fredo.«

      »Na, umso besser, dann machen wir jetzt 'n Punkt. Thema abgehakt. Wo das Glück wohnt, gibt's Neider. Das war schon immer so. Der Brief – weißt, von wem der kommt? Der stammt von irgendso'm pickelgesichtigen Verklemmten, der heimlich in dich verknallt ist.«

      »Fredo!«

      »Ich kenn' solche Typen. Die Mädels schaun ihn seit seiner Geburt nicht mal mit'm Arsch an, weil er aussieht wie'n benutzter Präser, und wenn er irgendwo was gefragt wird, braucht er drei Minuten, bis er das Maul aufmacht und was rausgestottert kriegt. Aber zu Hause am Computer läuft er auf einmal zu Höchstform auf und kommt groß raus als der Dichter der Pissnelke. Kannst mir geben, den Brief, wisch' ich mir morgen Arsch mit ab.«

      »Fredo!«, rief Luisa. »Fredo, jetzt kapier' doch endlich mal: Wir schaffen das nicht. Das Damoklesschwert hängt über uns, aber wir weigern uns nach oben zu schauen. Das ist die Lage.«

      »Goldstück, was redest du? Du bist meine Luisa. Wenn ich bei dir bin, schmelzen alle meine Gedanken wie Butter in Sahel-Zone. Und die Buttersoße, die dann auf heißem Sand schwimmt, spiegelt dein Bild, einen einzigen Traum vom Glück. Und da kommst du mir jetzt mit solchem Analysegelaber von wegen Damokles und so? Mir zeigt das nur, dass du nicht verschlungen bist von Glut der Liebe wie ich. Du hast noch freie Kapazitäten zum kühlen Nachdenken, während ich hundert Prozent in Flammen stehe!«

      »Du

Скачать книгу