Der Killer kam aus Santa Fu. Didier Desmerveilles
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Killer kam aus Santa Fu - Didier Desmerveilles страница 7
»Wenn es deine Bestimmung ist, mit dem Kerl unglücklich zu werden.«
»Kann sich denn Liebe so irren, Papa? Kann es falsch sein, wenn man auf einmal weiß, in der allerklarsten Klarheit eines lichtdurchfluteten Frühlingsmorgens weiß: Der ist es? Und der Himmel hängt voller Geigen und die Vögel tirilieren und die ganze Welt scheint im Einklang mit dem eigenen Herzen zu sein und mitzujubeln: Er ist's! Er ist's! Er ist's! Am Morgen nach unserer ersten Verabredung wachte ich um sechs ganz von alleine auf und dachte sofort wieder an ihn. Du weißt, wie gern ich gründlich ausschlafe. Es war, als hätte mein Herz Angst, durch zu langes Schlafen zu viel von ihm zu verpassen. Und als ich aufstand, da war der Morgen nicht wie der Morgen sonst war, war anders, war heller, war luftiger, war heiterer. Als wär's der erste Morgen meines Lebens überhaupt und Frühling, der Blumen wachsen lässt aus meinem Herzen. Kann das falsch sein, wenn man so empfindet, Papa? Du warst doch auch mal verliebt, oder?«
Ja, er war auch mal verliebt gewesen. Und er wusste, dass dagegen kein Kraut gewachsen war. Und die Träne, die ihm im Auge stand, war vielleicht weniger der poetischen Liebeshymne geschuldet, die seine Tochter soeben angestimmt hatte, als den Enttäuschungen, von denen er keine Liebe frei wusste und deren Bekanntschaft – das war seine große Sorge – seine geliebte Tochter allzu bald machen würde. Er zog sie an sich, sie legte ihren Kopf an seine breite Brust. »Ich wünschte«, sagte er, »ich könnte dir etwas anderes sagen, mein Kind, aber er ist nicht der Richtige.«
Verstohlen blickte sie von seiner Brust auf, ihm ins Gesicht. »Ach Papa«, seufzte sie, »ich weiß ja, dass du so denkst. Und ich will auch nichts überstürzen, will uns beiden Zeit zum genauen Kennenlernen geben. Deswegen ja heute auch die Tränen: weil er solchen Überschwang hat, der einen förmlich mitreißt. Ich weiß ja, dass man sich von der Liebe nicht blenden lassen soll. Aber wenn die Liebe nicht verschwinden will – und es fühlt sich wirklich nicht so an –, dann wirst du ihn doch akzeptieren, oder?«
»Also, gut aussehen tut er ja immerhin«, gab die Mutter zu bedenken. Die Philharmoniker im Fernseher hatten gerade Pause. »Das muss der Neid ihm lassen.«
»Hm, Papi? Wenn wir beten und wenn wir Gott um Weisheit für die richtige Entscheidung bitten, dann kann er doch auch der Richtige werden, oder?«
»Verglichen mit dem Lackaffen von heute Mittag jedenfalls«, fuhr die Mutter fort.
»Was für ein Lackaffe?«
»Das hört sich ja alles schön und klug an, Luischen«, sagte Berthold, ohne auf Luisas Frage einzugehen, »aber wo du schon selbst Gott ins Spiel bringst: Habt ihr denn auch mal darüber geredet, ob er Christ werden will?«
»Ach, Religion ist für Fredo nicht so wichtig. Das sind ja keine praktizierenden Moslems.«
»Kind, ich fürchte, du hast keine Ahnung, worauf du dich da eingelassen hast«, meinte Elisabeth. »Und wenn dir dein Glaube wirklich wichtig ist, dann musst du das auch mal mit deinem Fredo bereden.«
»Haben wir schon. Aber er nimmt das Thema irgendwie nicht ernst. – Was denn für ein Lackaffe, Papa?«
Berthold wandte den Blick von seiner Tochter weg auf seine Frau, die reumütig die Augen senkte. »Deine Mutter muss mitunter einfach mal den Mund halten«, sagte er. »Und ich brauch' jetzt ein bisschen frische Luft!«
5
»Alter, voll krass! Der hat das Passwort angenommen! Hexerei, Alter!« Fredo saß vor Martins Laptop und traute seinen Augen nicht. »Komm, lass uns mal eine Million auf mein Konto überweisen. Nur zum Spaß. Will sehen, ob das geht.«
»Klar geht das.« Martin schätzte es nicht, wenn man an seinen Fähigkeiten zweifelte. »Mit dem Passwort kannst du alles, was der Inhaber des Kontos auch kann. Und Geld genug ist ja drauf, wie man sieht.«
»Eine Million weniger merkt der alte Sack gar nicht.«
»Aber wir sollten mal lieber vorsichtig sein, damit wir nicht gleich auffliegen.«
»Ach, scheißegal, Digger, die Kohle bleibt ja inner Familie. Wird nur mal eben von den Kaiman-Inseln auf Fredo Aksams Privatkonto umgeleitet. Bei purpose of transfer schreiben wir einfach ›Taschengeld für Fredo‹. Mann, und hier!« Fredo klickte auf den Ordner mit den PDF-Dateien. »Das ist ja alles, al-les!«, staunte er. »Und das war alles gelöscht? Digger, wie kannst du denn gelöschte Sachen wieder auftauchen lassen? Bist du Jesus? Das ist ja wie bei Jesus. Auferstehung, Mann!«
»Weißt du, jeder Vorgang auf dem Computer hinterlässt traces«, erklärte Martin, der hinter Fredo stand und sich mit beiden Armen auf dessen Stuhllehne stützte. »Du musst dir das so vorstellen: Jedes Windows-Programm ist wie eine Schreibtischplatte. Alles ist visuell und konkretisiert. Aber gleichzeitig ist unter der Schreibtischplatte, was keiner sehen kann ...«
»Außer Hirnakrobaten wie dir«, präzisierte Fredo.
»Ja, egal – ist also unter der Schreibtischplatte voll der Kabelsalat, also jetzt bildlich gesprochen. Der Kabelsalat, das sind die Algorithmen, auf denen jedes Computersystem, jedes Programm basiert.«
»Alter, red' mal Deutsch, ey! Ich versteh' hier nur Bahnhof, Logarithmus, kenn' ich von Scheiß-Mathe inner Schule. Lass mich bloß damit in Ruhe!«
»Nee, ein Logarithmus, das ist wieder was anderes. Also Algorithmen sind die Grundlagen für Computerprogramme. Sie sind so was wie der Buchstabe oder der Laut in den nicht-virtuellen Sprachen, durch deren vielfältige Kombinationen und Rekombinationen hochkomplexe Gebilde entstehen. Ich kann z.B. mit den Buchstaben ein hochkomplexes Physik-Buch schreiben. Und das kann ich später verbrennen. Aber damit ist ja nicht weg, was da mal drin stand in dem Buch, denn es gibt so etwas wie eine Matrix.«
»Ja, das kenn' ich!«, rief Fredo. »Matrix, voll geil. Alter!«
»Das ist die Urschrift des Programms, so'ne Art Ursprache wie Sanskrit. Spricht keiner mehr, aber die Einflüsse sind noch überallhin verfolgbar.«
»Komm mal zum Punkt jetzt, bitte.«
»Jede Rechenleistung basiert letztlich auf algorithmischen Prozessen auf der Mikroprozessorenebene. Davon kriegst du nichts mit, wenn du unter Windows arbeitest. Wenn du ein file deletest, findest du das file auf dem Windows-level nicht mehr. Was aber tatsächlich passiert ist, ist nur wieder eine Sequenz von Algorithmen, die alle traces hinterlassen haben. Mit anderen Worten, ich muss nur tief genug buddeln, um zu den traces zu gelangen, die mir alle ausgeführten Befehle zeigen. Und wenn ich das Programm kenne, in dem die Befehle ausgeführt wurden ...«
»Dein Pferdeprogramm ist also so'ne Art Buddelprogramm«, unterbrach Fredo seinen Freund.
»Nee, ganz so einfach ist das nicht. Jedenfalls – es gibt eben eine Matrize oder Matrix, auf der alles eingescriptet ist. Da liegen sozusagen die traces. Wenn das file deletet wurde, sind das sozusagen blind traces.«
»Alles klar«, sagte Fredo, der längst bereute gefragt zu haben.
»Moment, damit sind wir zwar bei den traces, aber das hilft mir ja jetzt noch gar nicht.«
»Du verarschst