Die Zeitmaschine. H. G. Wells
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Wir saßen dort und starrten den leeren Tisch eine Minute oder länger an. Dann fragte uns der Zeitreisende, was wir von all dem hielten.
»Heute Abend klingt das alles plausibel genug«, sagte der Mediziner, »aber warten Sie bis morgen. Warten Sie, bis am Morgen der gesunde Menschenverstand erwacht.«
»Würden Sie gerne die Zeitmaschine selbst sehen?«, fragte der Zeitreisende. Und damit führte er uns mit der Lampe in der Hand durch den langen, zugigen Korridor zu seinem Labor. Ich erinnere mich lebhaft an das flackernde Licht, seinen verdrehten, breiten Kopf als Silhouette, den Tanz der Schatten, wie wir ihm alle folgten, verwirrt aber ungläubig, und wie wir dort im Labor eine größere Ausführung des kleinen Mechanismus erblickten, der vor unseren Augen verschwunden war. Teile davon waren Nickel, andere Teile Elfenbein, manche Teile waren sicherlich aus Felskristall gefeilt oder gesägt worden. Das Ding sah grundsätzlich vollständig aus, aber die verdrehten kristallinen Stangen lagen unvollendet auf der Werkbank neben einigen Blättern mit Zeichnungen, und ich nahm eines, um es genauer zu betrachten. Es schien aus Quarz zu bestehen.
»Schauen Sie«, sagte der Mediziner, »meinen Sie das völlig ernst? Oder ist das ein Trick – wie dieser Geist, den Sie uns letzte Weihnachten gezeigt haben?«
»Auf dieser Maschine«, sagte der Zeitreisende, die Lampe emporhaltend, »habe ich die Absicht, die Zeit zu erkunden. Ist das deutlich genug? Ich habe es niemals zuvor in meinem Leben ernster gemeint.«
Keiner von uns wusste genau, was er davon halten sollte.
Mir begegnete Filbys Blick über die Schulter des Mediziners hinweg, und er zwinkerte mir feierlich zu.
Kapitel 2
Ich glaube, dass keiner von uns zu dieser Zeit so recht an die Zeitmaschine glaubte. Tatsache war, der Zeitreisende war einer jener Menschen, die zu schlau waren, um ihnen zu glauben: man hatte nie das Gefühl, ihn völlig zu durchschauen; man mutmaßte hinter seiner klaren Offenheit immer noch eine verstohlene Reserve, irgendeine Raffiniertheit im Hinterhalt. Hätte Filby uns das Modell vorgeführt und die Angelegenheit mit den Worten des Zeitreisenden dargelegt, wären wir ihm gegenüber weit weniger skeptisch gewesen. Denn wir hätten seine Motive erkannt; ein Schweineschlachter konnte Filby verstehen. Aber der Zeitreisende zählte mehr als nur einen Anflug von Wunderlichkeit zu seinen Eigenheiten, und wir misstrauten ihm. Dinge, die einen weniger klugen Mann berühmt gemacht hätten, schienen in seinen Händen nur Taschenspielertricks zu sein. Es ist von Nachteil, die Dinge zu einfach aussehen zu lassen. Ernsthafte Menschen, die versuchten ihn selbst ernst zu nehmen, schienen sich seines Verhaltens nie so ganz sicher zu sein; sie waren sich unterschwellig der Tatsache bewusst, dass in Bezug auf ihn ihrer wohl beleumundeten Urteilskraft zu vertrauen so ähnlich war, wie ein Kinderzimmer mit feinstem Porzellan auszustatten. Daher glaube ich nicht, dass einer von uns in der Zeit bis zum nächsten Donnerstag besonders viel von Zeitreisen sprach, auch wenn deren befremdliche Möglichkeiten jedem von uns zweifelsfrei durch den Sinn gingen; das heißt ihre Plausibilität, ihre praktische Unglaublichkeit, die merkwürdigen Möglichkeiten der Anachronismen und der völligen Verwirrung, die durch diese Gedankengänge ausgelöst wurden. Was mich angeht, so ging mir der Trick mit dem Modell einfach nicht aus dem Kopf. Ich erinnere mich, wie ich mit dem Mediziner darüber diskutierte, als ich ihn am Freitag bei der Linné-Gesellschaft traf. Er sagte, er habe etwas Ähnliches einmal in Tübingen gesehen, und legte beträchtliche Betonung auf das Verlöschen der Kerze. Aber wie der Trick funktioniert haben sollte konnte er nicht erklären.
Am nächsten Donnerstag machte ich mich wieder auf den Weg nach Richmond – ich nehme an, ich war einer der regelmäßigsten Gäste des Zeitreisenden – und fand bei meiner späten Ankunft bereits vier oder fünf Männer in seinem Salon versammelt vor. Der Mediziner stand vor dem Feuer, ein Blatt Papier in der einen Hand und seine Uhr in der anderen. Ich sah mich nach dem Zeitreisenden um, und –
»Es ist jetzt halb acht«, sagte der Mediziner. »Ich nehme an, dann nehmen wir jetzt das Dinner zu uns?«
»Wo ist ––––?«, fragte ich, unseren Gastgeber nennend.
»Sie sind gerade erst gekommen? Das alles ist recht seltsam. Er wurde unvermeidlich aufgehalten. Er hat mich in dieser Notiz gebeten, Sie alle um sieben zum Dinner zu führen, falls er nicht zurück sein sollte. Schreibt, dass er alles erklären wird, wenn er kommt.«
»Es erscheint mir zu schade, das Essen verkommen zu lassen«, sagte der Herausgeber einer wohlbekannten Tageszeitung; und daraufhin läutete der Doktor die Glocke.
Der Psychologe war die einzige Person außer dem Doktor und mir, die beim vorherigen Dinner zugegen gewesen waren. Die übrigen Männer waren Blank, der bereits erwähnte Herausgeber, ein gewisser Journalist und ein anderer Mann – ruhig, scheu und mit Bart – den ich nicht kannte und der, soweit ich es beobachten konnte, den ganzen Abend niemals den Mund öffnete. Am Esstisch wurde etwas über die Abwesenheit des Zeitreisenden spekuliert, und halb im Scherz deutete ich an, er sei auf Zeitreise. Der Herausgeber wollte das näher erläutert haben, und der Psychologe gab von sich aus eine hölzerne Schilderung des »ausgeklügelten Paradoxons und Tricks« zum Besten, deren Zeuge wir vor einer Woche gewesen waren. Er war inmitten seiner Ausführungen, als sich die Tür zum Korridor langsam und lautlos öffnete. Ich saß der Tür gegenüber und bemerkte dies als erster.
»Hallo!«, sagte ich. »Endlich!« Die Tür öffnete sich weiter und der Zeitreisende stand vor uns. Mir entfuhr ein überraschter Ausruf.
»Gütiger Himmel, Mann! Was ist denn los?«, rief der Mediziner, der ihn als nächster sah. Und nun wandte sich die ganze Tafel der Tür zu.
Er befand sich in einem erstaunlich mitgenommenen Zustand. Sein Mantel war staubig und verschmutzt, beide Ärmel grün beschmiert; sein Haar war zerzaust, und es kam mir auch grauer vor – entweder wegen des Staubes und Schmutzes oder weil seine Farbe tatsächlich verblasst war. Sein Gesicht war totenblass; an seinem Kinn war ein brauner Schnitt – ein Schnitt der nur halb verheilt war; seine Miene war hager und ausgezehrt, als habe er starke Entbehrungen erlitten. Einen Augenblick lang zögerte er im Durchgang, als sei er vom Licht geblendet. Dann trat er ins Zimmer. Er bewegte sich mit genau dem gleichen Humpeln, das ich auch bei fußkranken Landstreichern gesehen habe. Wir starrten ihn schweigend an und warteten, dass er zu sprechen begänne.
Er sprach kein Wort, sondern trat mit schmerzhafter Miene an den Tisch und deutete auf den Wein. Der Herausgeber füllte ein Glas mit Champagner und schob es ihm zu. Er leerte es, und es schien ihm gut zu tun: denn nun sah er sich an der Tafel um und ein geisterhafter Hauch seines alten Lächelns huschte über sein Gesicht.
»Was um aller Welt haben Sie getrieben, Mann?«, fragte der Doktor.
Der Zeitreisende schien ihn nicht gehört zu haben. »Lassen Sie sich nicht von mir beunruhigen«, sagte er, mit einer gewissen stockenden Aussprache. »Mir geht es gut.« Er hielt inne, streckte sein Glas zum Nachschenken aus und leerte es in einem Zug.
»Das ist gut«, sagte er. Seine Augen hellten sich auf, und ein Anflug von Farbe kehrte in seine Wangen zurück. Sein Blick huschte mit einer gewissen matten Zustimmung über unsere Gesichter, dann streifte er durch das warme und gemütliche Zimmer.
Schließlich sprach er von neuem, als suche er sich gewissermaßen einen Weg durch die Worte. »Ich werde mich waschen und umziehen, und dann werde ich herunterkommen und alles erklären… Lassen Sie mir etwas von dem Hammel übrig. Ich schmachte nach einem Stück Fleisch.«