Die Zeitmaschine. H. G. Wells
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Ich blickte erneut auf den kauernden weißen Umriss, und die ganze Tollkühnheit meiner Reise überkam mich mit einem Schlage. Was würde erscheinen, wenn dieser Dunstvorhang völlig verschwunden war? Was mochte nicht alles mit dem Menschen geschehen sein? Was, wenn die Grausamkeit zu einer gewöhnlichen Leidenschaft geworden wäre? Was, wenn in diesem Zeitraum unsere Rasse ihre Menschlichkeit verloren hatte und sich zu etwas Unmenschlichem entwickelt hatte, gefühllos und überwältigend machtvoll? Ich mochte wie ein wildes Tier aus der alten Welt erscheinen, umso furchtbarer und ekelhafter angesichts unseres ähnlichen Aussehens – eine widerwärtige Kreatur, die man hemmungslos erschlagen durfte.
Schon sah ich andere gewaltige Formen – riesige Bauwerke mit verschnörkelten Brüstungen und großen Säulen, während eine bewaldete Hügelflanke im nachlassenden Sturm näher rückte, ohne dass ich dies wahrnahm. Ich wurde von einer heftigen Furcht ergriffen. Ich wandte mich von Angst geschüttelt der Maschine zu und strengte mich unbarmherzig an, sie wieder aufzurichten. Während ich dabei war, schlugen die Strahlen der Sonne durch das Unwetter. Der graue Platzregen wurde fortgewischt und verschwand wie die flatternden Kleiderfetzen eines Geistes. Über mir wirbelten in dem intensiven Blau des Sommerhimmels einige schwach braune Wolkenfetzen ins Nichts davon. Die großen Gebäude um mich herum waren klar und deutlich zu sehen, schimmernd im Nass des Regengusses, gespickt mit dem Weiß der noch nicht geschmolzenen Hagelkörner auf ihren Oberflächen. Ich fühlte mich nackt in einer seltsamen Welt. Ich fühlte mich, wie sich vielleicht ein Vogel in klarer Luft fühlen mochte, in dem Wissen dass der Falke über ihm schwebt und irgendwann herabstoßen wird. Meine Furcht geriet zu Panik. Ich versuchte zu Atem zu kommen, dann biss ich die Zähne zusammen und mühte mich erneut erbittert mit Hand und Knie an der Maschine ab. Bei meiner verzweifelten Anstrengung gab sie schließlich nach und kippte wieder richtig herum. Dabei schlug sie mir heftig gegen das Kinn. Eine Hand auf dem Sattel, die andere auf dem Hebel, stand ich schwer keuchend da, bereit wieder aufzusteigen.
Aber mit der Möglichkeit eines schnellen Rückzugs kehrte auch mein Mut zurück. Ich sah mich neugieriger und weniger furchtsam in dieser Welt der fernen Zukunft um. In einer kreisförmigen Öffnung, hoch oben in der Mauer des nächstgelegenen Hauses, sah ich eine Gruppe von Gestalten, die in kostbare weiche Roben gewandet waren. Sie hatten mich gesehen und ihre Gesichter waren mir zugewandt.
Dann vernahm ich näher kommende Stimmen. Durch die Büsche bei der Weißen Sphinx waren die Köpfe und Schultern laufender Männer zu sehen. Einer von ihnen kam auf einem Pfad heraus, der geradewegs zu dem kleinen Rasen führte, auf dem ich mit meiner Maschine stand. Er war von schmächtiger Gestalt – vielleicht vier Fuß groß – gekleidet in eine purpurne Tunika, um die Hüfte ein lederner Gürtel. An seinen Füßen trug er Sandalen oder Halbstiefel – ich konnte nicht genau erkennen, was es war: seine Beine waren bis zu den Knien hinauf unbedeckt, ebenso wie sein Kopf. Während ich das feststellte nahm ich das erste Mal Notiz davon, wie warm die Luft war.
Er kam mir wie eine wunderschöne und anmutige Kreatur vor, aber unbeschreiblich zerbrechlich. Sein gerötetes Gesicht erinnerte mich an die ansehnlichere Art von Schwindsucht – jene hektische Schönheit, von der früher soviel berichtet wurde. Bei seinem Anblick gewann ich mein Selbstvertrauen zurück. Ich nahm meine Hände von der Maschine.«
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