Die Zeitmaschine. H. G. Wells
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Читать онлайн книгу Die Zeitmaschine - H. G. Wells страница 6
Ich atmete tief durch, packte den Starthebel mit beiden Händen und machte mich mit einem dumpfen Knall auf den Weg. Das Labor wurde dunkel und verschwommen. Mrs. Watchett kam herein und ging, scheinbar ohne mich zu sehen, auf die Gartentür zu. Ich nehme an, sie benötigte etwa eine Minute, um den Raum zu durchqueren, aber für mich schien sie wie eine Rakete durch das Labor zu schießen. Ich schob den Hebel bis zum äußersten Anschlag. Die Nacht kam, als sei eine Lampe ausgeschaltet worden, und im nächsten Augenblick kam der Morgen. Das Labor wurde blass und undeutlich, dann blasser und noch blasser. Die morgige Nacht kam schwarz, dann wieder Tag, wieder Nacht, wieder Tag, immer schneller und schneller. Ein wirbelndes Murmeln füllte meine Ohren, und eine merkwürdige, geistlose Verwirrung senkte sich über meinen Verstand.
Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht die besonderen Empfindungen des Zeitreisens vermitteln. Sie sind außerordentlich unangenehm. Sie ähneln den Empfindungen bei einer Fahrt auf einer Achterbahn empfindet – ein Gefühl des hilflos kopfüber Fallens! Ich verspürte außerdem dieselbe grausige Erwartung eines drohenden Aufpralls. Während mein Tempo zunahm, folgte die Nacht dem Tag wie das Flattern eines schwarzen Flügels. Schließlich schien die undeutliche Andeutung des Labors ins Nichts zu fallen und ich sah, wie die Sonne rasch über den Himmel hüpfte, in jeder Minute einen Sprung vollführend, und jede Minute entsprach einem ganzen Tag. Ich nehme an, das Labor war zerstört worden und ich befand mich nun unter freiem Himmel. Ich hatte den verschwommenen Eindruck eines Baugerüstes, aber ich war bereits zu schnell, um bewegliche Objekte noch bewusst wahrzunehmen. Die langsamste Schnecke, die je auf Erden kroch, raste zu schnell an mir vorbei. Die blinkende Abfolge von Dunkelheit und Licht war außerordentlich schmerzhaft für die Augen. Dann, während der sporadischen Dunkelheiten, sah ich den Mond, wie er sich rasch durch seine Viertel von Neumond zu Vollmond drehte, und ich konnte einen flüchtigen Blick auf die sich drehenden Sterne erhaschen. Schließlich, als ich mit immer noch ansteigender Geschwindigkeit weiterreiste, verschmolz der Herzschlag von Tag und Nacht zu einem beständigen Grau; die hüpfende Sonne wurde zu einem Feuerstrahl, einem grellen Bogen am Himmel; der Mond zu einem matteren, schwingenden Streifen; und von den Sternen konnte ich nichts mehr sehen, außer ab und an einen helleren Kreis, der im Blau aufflackerte.
Die Landschaft war nebelhaft und verschwommen. Ich befand mich noch immer auf dem Hügel, auf dem sich zur Zeit dieses Haus befindet, und seine Flanke erhob sich grau und matt über mir. Ich sah Bäume, die wie Rauchpilze wuchsen und sich veränderten, mal braun, mal grün; sie wuchsen, breiteten sich aus, erzitterten und vergingen. Ich sah gewaltige Gebäude, die blass und wunderschön in die Höhe stiegen und wie Träume verpufften. Die ganze Oberfläche der Erde schien sich verändert zu haben – sie schmolz und floss vor meinen Augen dahin. Die kleinen Zeiger auf den Instrumenten, die meine Geschwindigkeit markierten, rasten schneller und schneller im Kreis. Schließlich stellte ich fest, dass der Sonnengürtel auf und ab tanzte, von Sonnenwende zu Sonnenwende, binnen einer Minute oder weniger, und das demzufolge meine Geschwindigkeit über ein Jahr pro Minute betrug; und Minute um Minute blitzte der weiße Schnee auf der Welt auf, verschwand wieder, und ihm folgte das kurze helle Grün des Frühlings.
Die unangenehmen Empfindungen vom Beginn meiner Reise waren nun weniger stark ausgeprägt. Sie verschmolzen schließlich zu einer Art hysterischen Rausches. Ich bemerkte tatsächlich ein plumpes Schwanken der Maschine, für das ich keine Erklärung finden konnte. Aber mein Verstand war zu verwirrt um sich darum zu kümmern, und so, mit einer Art von aufkeimendem Wahnsinn, warf ich mich der Zukünftigkeit entgegen. Zunächst dachte ich kaum daran anzuhalten, hatte kaum einen Gedanken für irgendetwas übrig außer für diese neuen Empfindungen. Aber letztlich wuchs in meinem Geist eine frische Reihe von Eindrücken heran – eine gewisse Neugier und damit auch eine gewisse Furcht – bis sie schließlich völlig von mir Besitz ergriffen. Welch seltsame Entwicklungen der Menschheit, welche wunderbaren Fortschritte unserer unentwickelten Zivilisation, so dachte ich, mochten sich mir verschließen, würde ich keinen genaueren Blick auf die undeutliche, trügerische Welt werfen, die vor meinen Augen fluktuierend dahinraste! Ich sah großartige und prächtige Architektur, die sich um mich herum erhob, viel massiver als alle Bauwerke unserer eigenen Zeit, und doch, so schien es mir, errichtet aus Flimmer und Dunst. Ich sah, wie ein satteres Grün den Hügel emporwuchs und dort ohne winterliche Unterbrechungen verblieb. Selbst durch den Schleier meiner Verwirrung schien die Erde wunderschön. Und so wandte sich mein Denken dem Anhalten zu.
Das besondere Risiko lag darin, dass ich möglicherweise auf eine Substanz in dem Raum stieß, den ich oder die Maschine besetzten. Solange ich mit hoher Geschwindigkeit durch die Zeit reiste, machte das kaum etwas aus; ich war sozusagen verdünnt – schlüpfte wie Dunst durch die Zwischenräume im Wege stehender Substanzen! Aber anzuhalten bedeutete, dass ich mich Molekül für Molekül in das hineinstopfte, was mir im Weg lag; bedeutete, meine Atome in einen derart intimen Kontakt mit denen des Hindernisses zu bringen, dass eine profunde chemische Reaktion – möglicherweise gar eine weitreichende Explosion – daraus resultieren würde, die mich und die Maschine aus allen möglichen Dimensionen herausschleudern würde – ins Unbekannte. Diese Möglichkeit war mir wieder und wieder durch den Sinn gegangen, während ich diese Maschine konstruierte, aber damals hatte ich es als unvermeidbares Risiko akzeptiert – eines der Risiken, die ein Mensch einfach eingehen muss! Nun war das Risiko unausweichlich, und ich konnte es nicht länger in demselben gelassenen Licht sehen. Tatsache war, dass mir unmerklich die absolute Fremdartigkeit von allem, das Übelkeit erregende Rucken und Schwanken der Maschine und vor allem das Gefühl unaufhörlichen Fallens vollkommen den Mut geraubt hatten. Ich redete mir ein, ich könne nie mehr anhalten, und in einem Anfall von Launenhaftigkeit beschloss ich unverzüglich anzuhalten. Wie ein ungeduldiger Narr warf ich den Hebel herum, und unkontrolliert legte sich die Maschine auf die Seite, während ich Hals über Kopf durch die Luft flog.
In meinen Ohren vernahm ich so etwas wie einen Donnerschlag. Vielleicht war ich einen Augenblick lang ohne Besinnung. Ein unbarmherziger Hagel ging rund um mich herum nieder, und ich saß auf dem weichen Boden vor der umgestürzten Maschine. Alles schien immer noch grau, aber endlich stellte ich fest, dass der Lärm in meinen Ohren verschwunden war. Ich sah mich um. Ich lag, wie es schien, auf einem kleinen Rasen in einem Garten, umgeben von Rhododendrenbüschen, und ich stellte fest, dass ihre malven- und purpurfarbenen Blüten im Geprassel der Hagelkörner die Köpfe hängen ließen. Der abprallende Hagel tanzte in einer Schwade auf der Maschine und breitete sich wie Rauch über den Boden aus. Binnen eines Augenblicks war ich nass bis auf die Haut. ›Schöne Gastfreundschaft‹, sagte ich, ›gegenüber einem Mann, der unzählbare Jahre gereist ist, um Sie zu sehen.‹
Schließlich dachte ich, was ich doch für ein Narr sei, mich derart durchnässen zu lassen. Ich stand auf und sah mich um. Eine kolossale Figur, offenbar aus einer Art weißen Steins gehauen, ragte undeutlich jenseits der Rhododendren im dunstigen Niederschlag auf. Aber der Rest der Welt war für mich unsichtbar.
Meine Gefühle in diesem Moment wären nur schwer zu beschreiben. Als die Hagelsäulen dünner wurden, sah ich die weiße Figur deutlicher. Sie war sehr groß, denn eine Weißbirke berührte ihre Schulter. Sie bestand aus weißem Marmor, der Form nach war sie so etwas wie eine geflügelte Sphinx, aber ihre Flügel waren ausgebreitet, anstatt an den Seiten anzuliegen, so dass sie zu schweben schien. Das Podest war anscheinend