Eine vernünftige Verbindung. Catherine St.John
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„Unser Vater will beweisen, dass wir zur Familie des Herzogs von Sherborne gehören“, erklärte William, eifrig kauend.
„Nicht mit vollem Mund, Brüderchen“, mahnte seine Schwester so, dass man die langjährige Routine deutlich heraushörte.
„Dazugehören ist milde formuliert“, präzisierte Miss Allington sodann, „er möchte nachweisen, dass er den Herzogstitel tragen müsste. Deshalb sitzt er Tag und Nacht über uralten Dokumenten. Offenbar hat sich – seiner Theorie nach – ungefähr zu Oliver Cromwells Zeiten ein Zweig abgespalten.“
„Und diesem Zweig gehören Sie an?“
Sie grinste, anders konnte man es nicht nennen, und sah plötzlich aus wie ein junger Lausbub – wie ihr kleiner Bruder.
„Aber nicht doch! Auf diesem Nebenzweig sitzt der jetzige Herzog mit seiner Familie. Papa zufolge stellen wir den Hauptzweig dar. Nur interessiert das niemanden außer ihm.“
„Und wer kümmert sich hier um den Besitz? Ihr Vater scheint ja recht – hm – abgelenkt zu sein?“
„Papa kommt nie aus seinem Studierzimmer“, antwortete William, dieses Mal nicht mit vollem Mund. Seine Schwester nickte lobend und erklärte: „William kümmert sich um den Stall und ich verwalte den Besitz, der – man muss sagen, glücklicherweise – nicht allzu groß ist. Für das Haus haben wir noch ein Dienstmädchen. Die Böden muss ich also nicht schrubben. Eigentlich haben wir gerade so unser Auskommen, nur würde ich William gerne nach Eton schicken.“
„Dann müssten Sie sich auch noch um die Pferde kümmern? Das wird dann wohl doch zu viel für Sie, nicht wahr?“
„Das wäre wohl nicht das Problem, nur können wir das Schulgeld nicht aufbringen – und William ist wirklich ein kluger Junge, der eine angemessene Erziehung bekommen sollte.“
Miles trank einen Schluck Bier und betrachtete sein Gegenüber nachdenklich. Sie war keine Schönheit, sah aber angenehm aus, sie war schlicht, aber geschmackvoll gekleidet und hatte, soweit er es im Moment sehen konnte, eine hübsche Figur. Dem alten Teufel würde sie gefallen…
„Wie bitte?“ Miss Allington war erboste Röte ins Gesicht gestiegen.
Er erschrak. „Das habe ich jetzt aber nicht laut gesagt, oder?“
„Leider doch“, schnappte sie.
„Wer ist denn der alte Teufel?“, wollte William wissen, der sich wohl eine spannende Geschichte erhoffte.
Miles seufzte. „Mein Großvater. Ich habe ihn auf Eastley Hall besucht und er findet, ich sollte umgehend heiraten.“
„Ist das so schlimm?“
„Wie man es nimmt… bist du für eine solche Diskussion nicht noch ein bisschen zu jung?“
„William, deine lateinische Lektion!“, mahnte seine Schwester. „Geh hinauf und mach die Arbeit fertig, der Reverend will sie morgen sehen.“
William murrte pro forma, ging aber doch ohne weiteren Widerspruch, vor allem, als Miles sich bei ihm noch einmal für seine Hilfe bedankt hatte.
Sobald sich die Tür geschlossen hatte, sah Miss Allington Miles aufmerksam an. „Viele Eltern und Großeltern wünschen sich, dass ihre Kinder oder Enkel heiraten… sind sie alle deshalb alte Teufel?“
„Nein, sicherlich nicht. Der Wunsch ist ja ganz natürlich, nicht wahr?“
„Ja, vermutlich.“ Das klang etwas schwächlich.
„Ihr Vater wünscht sich nicht, dass Sie heiraten?“
„Ich glaube nicht, dass er meine – oder Williams – Existenz seiner Aufmerksamkeit wert findet. Dazu ist die Jagd nach diesem imaginären Herzogstitel wohl zu wichtig.“
Das hatte erstaunlich wenig bitter geklungen – eigentlich nur ein wenig, als sie von William gesprochen hatte.
„Das wäre aber doch seine Pflicht“, stellte er also streng fest. „Er macht sich gar keine Gedanken über seine Kinder?“
„Nein, absolut nicht.“
In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen und ein älterer Herr im Schlafrock, eine Brille auf der Nase und ungekämmte Reste grauen Haupthaars rund um das faltige Gesicht, trottete herein. „Tee?“
Miss Allington goss ihm eine Tasse ein und reichte sie ihm. „Hier, Papa.“
Miles hatte sich artig erhoben und verbeugte sich nun. „Sir Charles, darf ich mich vorstellen?“
Sir Charles sah ihm einen Moment lang ins Gesicht, gab dann ein undefinierbares Geräusch von sich, griff mit der freien Hand nach einem Butterbrot von der Platte und verschwand wieder.
„Tut mir sehr leid, Mr. Easton, aber so ist er immer“, erklärte seine Tochter verlegen.
„Eigentlich seltsam“, fand Miles. „Ich könnte doch jemand sein, der einen wichtigen Stammbaum beschaffen könnte? Und dann ignoriert er mich?“
Miss Allington lachte auf. „Ganz recht! Manchmal frage ich mich allerdings, ob er noch selbst an seine Theorie glaubt. Vielleicht weiß er, dass es einen solchen Stammbaum gar nicht geben kann?“
„Und trotzdem hält er daran fest?“
„In Ermangelung einer anderen Wahnidee, wahrscheinlich. So kann er sich vorstellen, er sei ein großer Gelehrter, ein Historiker und Heraldiker. Aber eigentlich wollten Sie mir doch erklären, warum Ihr Großvater ein alter Teufel ist, nur weil er gerne eine Schwiegerenkelin hätte?“
„Und die zwei nötigen Urenkel“, grummelte Miles.
„Ach, Sie sollen die Linie fortsetzen?“
„Richtig. Er hat mir gedroht, wenn ich nicht bald „vernünftig“ werde, werde ich nur erben, was an den Titel gebunden ist, also ein praktisch unbewohnbares Stammschloss. Alles Schönere, also Eastley Hall und das gesamte Vermögen, fiele dann an einen braven Cousin.“
„Der schon zwei Erben in die Welt gesetzt hat, ich verstehe“, nickte Miss Allington.
„Aber nicht doch, er ist genauso unverheiratet wie ich, scheint aber auf unseren Großvater einen zuverlässigeren Eindruck zu machen als ich. Nun ja, James ist wohl wirklich harmlos – aber das bin ich doch auch?“
Miss Allington lachte wieder. „Sehen Sie mich nicht so auffordernd an, ich kenne Sie doch gar nicht! Dass Sie einen schönen Grauschimmel namens Dawn reiten und Ihr Großvater, der alte Teufel, Sie enterben will, ist noch kein umfassendes Charakterbild!“
„Sie formulieren das sehr hübsch, Miss Allington.“
„Danke schön. Noch ein Bier?“
„Danke, nein. Ich denke, ich sollte jetzt aufbrechen, wenn ich noch bei Tageslicht nach London kommen möchte. Aber ich habe vor, bald wieder vorbeizukommen, ich glaube