Sinnvoll zu betrachten. Geshe Kelsang Gyatso

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Sinnvoll zu betrachten - Geshe Kelsang Gyatso

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schwer, den kostbaren und tugendhaften Gedanken des Bodhichittas zu erzeugen.

      Wo giftige Pflanzen in großer Menge wachsen, kann unmöglich der Samen einer Heilpflanze sprießen. Genauso wird der tugendhafte Gedanke der Erleuchtung nicht in einem Geist entstehen, der vom Unkraut der Nichttugend überwuchert ist. Deshalb erklärt Shantideva im zweiten Kapitel seines Leitfadens, wie man den Geist für die Entwicklung dieser höchst altruistischen Geisteshaltung vorbereitet. Das geschieht, indem man alles, was potentiell ihr Wachstum behindert, ausmerzt. Die Reinigung der Negativität wird erreicht, indem die angesammelte Nichttugend aufgedeckt und dann durch die Anwendung der vier in diesem Kapitel erläuterten Gegenkräfte ausgemerzt wird.

      3. KAPITEL

      Die Reinigung der Negativität allein genügt aber nicht für unseren Zweck. Wir müssen außerdem eine große Menge an Verdiensten, d.h. positive potentielle Energie, ansammeln, und das wird durch die Praxis der Tugend erreicht. Genauso, wie es für einen Bettler nicht angemessen wäre, einen König an einem dreckigen und vernachlässigten Ort zu empfangen, so ist es unmöglich für einen Geist, dem es an Verdiensten mangelt, den kostbaren Bodhichitta, den König aller Gedanken, zu empfangen. Wer diesen verehrten Gast in seinem Geist empfangen möchte, muß zuerst eine große Menge an verdienstvoller, positiver geistiger Energie erwerben. Dann ist es möglich, den kostbaren Erleuchtungsgeist zu entwickeln und zu bewahren. Deshalb erklärt Shantideva im dritten Kapitel, wie man Bodhichitta erlangt und ihn bewahrt.

      4. KAPITEL

      Nachdem wir den kostbaren Bodhichitta entwickelt haben, müssen wir verhindern, daß er abnimmt. Dies gewährleisten wir durch das gewissenhafte Ausüben tugendhafter Handlungen mit Körper, Rede und Geist. Diese Gewissenhaftigkeit ist das Thema von Shantidevas viertem Kapitel.

      5. KAPITEL

      Haben wir Bodhichitta entwickelt und dann durch Gewissenhaftigkeit gefestigt, müssen wir danach streben, diesen Geist zur vollen Reife zu bringen: der vollkommenen Erleuchtung. Das wird durch das Ablegen der Bodhisattva-Gelübde und durch die Praxis der Sechs Vollkommenheiten erreicht. Im allgemeinen wird die erste Vollkommenheit, Geben, als erstes erklärt. Im vorliegenden Text erläutert Shantideva jedoch das Geben im zehnten und letzten Kapitel zusammen mit der Widmung. Der Grund dafür ist, daß Geben oder Großzügigkeit ein Teil der allgemeinen Widmung ist, die das Geben von allem Guten und Schönen im Universum an alle Lebewesen beinhaltet. Deshalb beginnt Shantideva seine Abhandlung mit der Vollkommenheit, die im allgemeinen als zweites dargelegt wird, mit der Praxis der moralischen Disziplin, in einem Kapitel mit dem Titel «Wachsamkeit».

      6. BIS 10. KAPITEL

      Jedes der verbleibenden Kapitel beschreibt eine der Sechs Vollkommenheiten. Die Kapitel sechs bis acht beschreiben Geduld, Bemühen und Konzentration, während Kapitel neun einer ausführlichen Erklärung von Weisheit oder unterscheidendem Gewahrsein gewidmet ist. Wie schon erwähnt, behandelt das zehnte Kapitel das Geben und die Widmung der Verdienste. Die Entwicklung von Bodhichitta findet in drei Stufen statt. Die zehn Kapitel von Shantidevas Text beschreiben diese dreistufige Entwicklung, die zusammengefaßt im folgenden oft rezitierten Gebet der Erzeugung enthalten ist:

      Möge der höchste, kostbare Bodhichitta

      Wachsen, wo er noch nicht gewachsen ist,

      Sich nicht vermindern, wo er bereits entstanden ist,

      Und immerfort blühen.

      Mit den ersten zwei Zeilen beten wir, daß alle fühlenden Wesen, die noch keinen Bodhichitta erzeugt haben, wir selbst eingeschlossen, diesen entwickeln mögen. Danach beten wir, daß diejenigen, die diesen altruistischen Geist schon erzeugt haben, ihn bewahren mögen, ohne daß er sich verringert. Mit der letzten Zeile beten wir, daß diejenigen, die Bodhichitta schon entwickelt und stabilisiert haben, ihn zur Vollendung bringen können. Die Erzeugung von Bodhichitta wird in dieser Reihenfolge in den ersten drei Kapiteln und die Stabilisierung im vierten Kapitel dieses Textes erläutert, während die Methoden, den stabilisierten Bodhichitta bis zur vollen Erleuchtung kontinuierlich zu verstärken, in den Kapiteln fünf bis zehn beschrieben werden.

      Wenn wir in Übereinstimmung mit den Anweisungen der zehn Kapitel des Bodhisattvacharyavataras praktizieren, wird es nicht allzu schwierig sein, den erhabenen Zustand der Erleuchtung oder vollkommenen Buddhaschaft zu erlangen. In diesem Zustand wird unser menschliches Potential voll entwickelt sein, und wir sind fähig, anderen in größtmöglichem Umfang zu helfen.

      Der Hauptteil dieses Kommentars hat vier Teile:

      1. Die Bedeutung des Titels

      2. Die Ehrerbietung der Übersetzer

      3. Die Erklärung der Bedeutung des Textes

      4. Die Bedeutung der abschließenden Bemerkungen

      DIE BEDEUTUNG DES TITELS

      Der ursprüngliche Sanskrittitel dieses Textes ist Bodhisattvacharyavatara. Die tibetische Übersetzung lautet Byang chub sems dpai spyod pa la 'jug pa. Der deutsche Titel ist Leitfaden für die Lebensweise eines Bodhisattvas.

      Es ist bei allen Werken, die aus dem Sanskrit ins Tibetische übersetzt werden, üblich, den ursprünglichen Titel voranzustellen. Warum ist dies notwendig? Das hat zwei Gründe: Erstens gilt Sanskrit als die erhabenste aller Sprachen, und zudem war es die Sprache, in der Buddha lehrte. Deshalb hilft die Sanskritüberschrift, Prägungen dieser heiligen Sprache in das Geisteskontinuum der Leser zu setzen. Zweitens wird der Titel in der ursprünglichen Sprache aufgeführt, damit wir uns an die große Güte der Übersetzer erinnern, die den Text aus dem Sanskrit ins Tibetische übersetzt haben. Nur durch das Mitgefühl und das sorgfältige Bemühen dieser Übersetzer hatten die Tibeter und später die westliche Welt die Möglichkeit, die tiefgründigen Methoden dieser heiligen Schrift zu studieren, darüber zu meditieren und sie zu praktizieren.

      DIE EHRERBIETUNG DER ÜBERSETZER

      Bevor sie ihre Arbeit an diesem Text begannen, brachten die ursprünglichen Übersetzer allen Buddhas und Bodhisattvas ihre Verehrung und Huldigung dar, um Hindernisse zu beseitigen und die Fertigstellung ihrer Arbeit zu gewährleisten.

      Diese Art der Ehrerbietung stimmt mit der Tradition überein, die von den großen Dharma-Königen Tibets festgelegt wurde. Diese Tradition verlangte, daß die Ehrerbietung der Übersetzer deutlich machen sollte, zu welchem «Korb» (Skrt. Pitaka) der Unterweisungen Buddhas der ursprüngliche Sanskrittext gehörte. Die Ehrerbietung zu Beginn eines Textes, der zum Korb der Vinaya gehörte - der in erster Linie die Schulung in Höherer Moralischer Disziplin behandelt -‚ mußte deshalb an den Allwissenden gerichtet sein. Wenn ein Text zum Sutra-Pitaka gehörte - Texte, die in erster Linie die Schulung in Höherer Konzentration behandeln -‚ dann mußte die Ehrerbietung an alle Buddhas und Bodhisattvas gerichtet sein. Gehörte ein Text aber zum dritten Korb, dem Abhidharma-Pitaka, der in erster Linie die Schulung in Höherer Weisheit erklärt, dann mußte die Ehrerbietung an den jugendlichen Manjushri, die Verkörperung der erleuchteten Weisheit, gerichtet sein. Auf diese Weise kann man durch das Lesen der Ehrerbietung leicht feststellen, zu welcher der drei Kategorien der Schriften der jeweilige Text gehört. Im vorliegenden Text ist die Ehrerbietung an die Buddhas und Bodhisattvas gerichtet; deshalb gehört der Bodhisattvacharyavatara zum Sutra-Pitaka, d.h. zum Korb der Vorträge,

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