Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018. Alfred Bekker

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muss für einige Zeit weg“, sagte er.

      Elsa war sofort wieder sehr aufmerksam. Sie setzte sich auf und blickte ihn verwundert an.

      „Was?“

      „Eine Geschäftsreise. Du wirst eine Weile allein hier wohnen, vorausgesetzt, du willst hierbleiben.“

      „Natürlich will ich hierbleiben!“

      „Musst du nicht irgendwann zurück nach Deutschland?“

      „Warum?“

      „Ich denke, du studierst...“

      „Ich werde das Sommersemester aussetzen. Ich muss mir ohnehin über verschiedenes klarwerden, und vielleicht ist das eine gute Gelegenheit dazu.“

      „Du meinst, du willst das Studium abbrechen?“

      „Ich will damit sagen, dass ich noch nicht so genau weiß, ob ich das eigentlich will, was ich da tue...“

      Die Wahrheit war viel einfacher. Sie wollte bei Robert sein. Jeden Tag, jede Sekunde. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass dieser Traum einmal zu Ende sein sollte. Nicht einmal der Gedanke an eine Unterbrechung war ihr erträglich.

      „Du hast erwähnt, dass du fort müsstest, Robert...“

      „Ja.“

      „Für wie lange?“

      „Vielleicht eine Woche. Plus minus ein paar Tage. Ganz genau kann ich das noch nicht sagen.“

      „Wohin geht es?“

      „Erst mal Madrid.“

      „Könnte ich dich nicht begleiten?“

      „Nein!“

      In seinem Tonfall lag etwas Endgültiges. Sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, ein zweites Mal zu fragen. Er würde seine Meinung nicht ändern. Nicht nach diesem Nein; so gut kannte sie ihn inzwischen schon.

      „Wann geht's los?“, fragte sie.

      „Morgen.“

      „Oh, morgen schon?“

      „Ja.“

      „Schade.“

      „Es lässt sich nicht ändern, Elsa.“

      „Ja, mag schon sein...“

      „Irgend wovon muss dies alles hier, das Haus und so weiter, ja bezahlt werden. Und ab und zu muss ich halt auch etwas dafür tun.“

      „Es ist trotzdem schade.“

      „Ich komme ja wieder, Elsa!“

      „Ich kann es schon jetzt kaum erwarten, obwohl du doch noch gar nicht weg bist und hier neben mir liegst!“

      Sie bewegte sich wieder zu ihm hinunter und legte sich in seine Armbeuge.

      Auf einmal begann sie zu frieren und zog die Decke bis zu den Schultern hoch.

      5

      Am Morgen war Robert schon früh aufgestanden.

      Undeutlich nahm Elsa wahr, wie er ein paar Sachen aus dem Kleiderschrank holte und in einen Koffer packte. Es dauerte ein bisschen, aber dann war sie hellwach.

      „So früh?“

      „Ja.“

      „Willst du hier noch frühstücken? Ich könnte die Kaffeemaschine...“

      „Nein. Dazu ist kaum noch Zeit. Hast du einen Führerschein?“

      „Ja.“

      „Dann lasse ich dir den Landrover hier.“

      „Und du?“

      „Ich rufe mir ein Taxi.“

      „Wenn du meinst...“

      „Ja.“

      Er schloss den Koffer zu und verließ das Schlafzimmer. Sie hörte ihn die Treppe hinuntergehen, schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf. Dann warf sie sich ein paar Sachen über und folgte ihm.

      Als sie die Treppe hinabstieg, sah sie seinen Koffer, den er flüchtig abgestellt hatte. Darüber hatte er sein Jackett geworfen. Aus dem Wohnzimmer hörte sie Roberts Stimme beim Telefonieren. Er rief wohl gerade das Taxi, was sie allerdings nur vermuten konnte, denn er sprach Arabisch.

      Sie wollte schon weitergehen und ihm ins Wohnzimmer hinein folgen. Dann fiel ihr Blick auf den Pass, der aus der Innentasche seines Jacketts ein Stück herausragte.

      Elsa runzelte unwillkürlich die Stirn, sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Dann zog sie mit einem schnellen Griff den Pass noch ein weiteres Stück aus der Tasche heraus und dann gab es keinen Zweifel mehr.

      Sie hatte sich nicht getäuscht.

      Es war nicht mehr der dänische Pass, den sie damals auf der Post gesehen hatte. Der Pass war britisch.

      Elsa fuhr augenblicklich zusammen, als sie Robert herankommen hörte.

      „Alles in Ordnung, das Taxi kommt gleich.“

      Sein Blick war auf die Armbanduhr an seinem Handgelenk gerichtet. Dann sah er auf. „Ist irgend etwas?“

      „Nein. Was sollte sein?“

      „Ich meine nur. Du siehst aus, als wäre dir irgendeine Laus über die Leber gelaufen.“

      „Nein, du irrst dich.“

      Er zuckte die Schultern.

      „Na gut.“

      Er nahm seine Jacke und zog sie an.

      Blitzlichtartig wirbelte ein halbes Dutzend Gedanken auf einmal in ihrem Kopf herum. Wie kam Robert an einen britischen Pass? Wozu brauchte jemand überhaupt mehrere Pässe? Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, hineinzuschauen und wusste nicht, ob derselbe Name eingetragen war: Robert Jensen.

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