Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018 - Alfred Bekker страница 45
„Ich nehme an, die Polizei war am Tatort und hat sich alles angesehen“, vermutete Berringer.
„In Knickelsdorf?“
„Nein, bei dem Anschlag letzte Nacht.“
„Ja, sicher. Aber einen richtig kompetenten Eindruck haben die mir nicht gemacht.
Ich habe denen gesagt: Was soll denn noch passieren, damit Sie endlich ein paar von der Bande festnehmen? Aber dieser rothaarige Typ meinte nur, dass ich ganz beruhigt sein könnte, sie würden ihre Arbeit schon machen. Na großartig! Ich darf gar nicht an heute Abend denken ...“
„Wieso?“
„Na, die Ü-30-Party in der Kaiser-Friedrich-Halle. Können Sie da nicht mit Ihren Leuten hinkommen?“
„Und Sie beschützen?“
„Vielleicht fällt Ihnen ja was auf. Wenn da heute Abend was passiert, dann ...“
„Was dann?“
Marwitz sah Berringer an und schluckte. „Dann bin ich draußen, verstehen Sie?“ Die Augen des Event-Managers flackerten unruhig. „Jetzt steht das Schützenfest in Korschenbroich an und dann das große internationale Feldhockey-Turnier, wo ich den Stadionsprecher machen werde und natürlich durch das Vorprogramm moderiere. Das ist ein Riesending! Ich weiß nicht, ob Sie’s wissen, aber der Hockeypark in Mönchengladbach ist das größte Feldhockey-Stadion Europas und ...“
„Ich verfolge eigentlich mehr das Schicksal der Borussia“, unterbrach Berringer, um Marwitz‘ Abschweifungen zu stoppen.
„Was ich sagen wollte, ist: Es gab da im Vorfeld einen sehr starken Konkurrenzkampf“, erklärte Marwitz, „und ich habe bei beiden Veranstaltungen die Sache für mich entschieden. Ich habe einfach überzeugt. Gutes Konzept, gute Probemoderation, ein rundes Paket eben. Aber es gab da noch jemand anderen, und den hat das sehr gewurmt: Eckart Krassow, meinen lokalen Konkurrenten. Wir machen so ziemlich das Gleiche, nur ist er in jeder Hinsicht etwas schlechter als ich. Schlechter bei der Moderation und schlechter im Preis ...“
Berringer runzelte die Stirn. „Und Sie glauben, dass dieser Krassow etwas mit dem Anschlag auf Sie zu tun hat? Ist der etwa nach Feierabend Rocker und fährt mit den MEAN DEVVILS auf 'ner Harley durch die Gladbacher City?“
„Nein, natürlich nicht. Aber erstens könnte es doch sein, dass die MEAN DEVVILS von Krassow bezahlt werden, um mich aus dem Markt zu drängen ...“
„Das glauben Sie wirklich?“
„... und zweitens ist Krassow Armbrust-Schütze in einem Verein.“
„Ich glaube, das müssen Sie mir erklären.“
„Na, der Stahlbolzen, der mich fast umgenietet hätte! Das war ein Armbrustbolzen! Das hat die Polizei herausgefunden. Wussten Sie, dass diese Dinger, wenn sie aus einer heutigen Hightech-Armbrust abgeschossen werden, sogar Panzerplatten durchschlagen können? Die Durchschlagskraft ist höher als bei den meisten Schusswaffen, und – jetzt kommt‘s! – sie zählen zwar als Schusswaffen, aber sie unterliegen nicht den dafür eigentlich infrage kommenden Gesetzen. Niemand braucht sich irgendwo anzumelden oder muss einen Waffenschein beantragen, wenn er so ein Ding erwirbt. Und wenn man wirklich auf Nummer sicher gehen will, geht man in die Schweiz, da zählen Armbrüste noch nicht mal als Waffe, und es gibt überhaupt keine Beschränkungen beim Erwerb, beim Verkauf, beim Besitz und so weiter.“
Klar, ist ja auch das Land von Wilhelm Tell, dachte Berringer, enthielt sich aber eines Kommentars auf Marwitz‘ gesammeltes Google-Wissen, das dieser sich offenbar auf die Schnelle angeeignet hatte, um sich schlau zu machen.
„Na, dann geben Sie mir sicherheitshalber auch die Adresse Ihres Konkurrenten“, sagte Berringer stattdessen. Er drehte den Zettel um, auf dem schon die Daten des Jacko-Doubels standen, und holte einen Kugelschreiber aus der Jackettinnentasche.
„Eckart Krassow hat sein Büro in der Landgrabenstraße. Nummer habe ich vergessen. Aber er hat 'ne Homepage, da steht alles drauf. Übrigens, soweit ich gehört habe, wäre es nicht das erste Mal, dass die MEAN DEVVILS solche Aufträge ausführen. Allerdings haben sie das bisher eher für das Rotlichtmilieu, Drogenhändler oder Inkasso-Büros getan. Nur will Ihr ehemaliger Kollege meinen diesbezüglichen Hinweisen nicht nachgehen. Den hat das gar nicht interessiert, diesen Ignoranten. Stattdessen wollte er dafür sorgen, dass bei mir jetzt häufiger Streifenwagen vorbeifahren, aber das glaube ich ihm nicht. Wäre ohnehin auch Blödsinn, weil ich ja ständig auf Achse bin. Ja, aber so ist das: Da wird man mit dem Tod bedroht und bekommt noch nicht mal anständigen Personenschutz! Das sind eben Beamte. Die haben ja ihre Sicherheit von der Wiege bis zur Bahre, und was für Sorgen ein Selbstständiger wie ich so hat, das können die sich nicht mal ansatzweise vorstellen. Ich sage Ihnen, schon unser Steuersystem und die Pensionen ...“
Nein, bitte nicht!, dachte Berringer. Nicht diese Leier! „Sie sagten, mein Ex-Kollege war rothaarig. Hieß der zufällig Anderson?“
„Ja, so hieß er.“
„Sie haben Glück.“
„Als ich mit diesem Kerl zu tun hatte, hatte ich den Eindruck nicht gerade. Das ist ja einer der Gründe, warum ich zu Ihnen gekommen bin.“
„Kriminalhauptkommissar Thomas Anderson, früher Kripo Düsseldorf, jetzt Kripo Mönchengladbach“, murmelte Berringer. „Ich kenne ihn gut. Wir waren zusammen in der Ausbildung, und Sie sollten wirklich nicht zu schlecht über ihn denken.“
„Wieso?“
„Als ich Paul Paukes Stalkerin überführt hab, brauchte ich ein paar Informationen, an die ich ohne Anderson nicht herangekommen wäre.“
„Na ja ...“, gab sich Marwitz nun etwas kleinlaut. „Ich will ja nichts gesagt haben. Und ganz bestimmt will ich Ihren ehemaligen Kollegen nicht schlechter reden, als er ist ...“
Berringer lächelte kühl. „Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen, Herr Marwitz.“
„Aber Sie müssen auch mich verstehen. Ich bin mit den Nerven ziemlich am Ende.
Tja, und heute Abend muss ich natürlich wieder megagut drauf sein, wenn die ergrauten Achtzigerjahre-Teenies abfeiern wollen und so tun, als wäre die Zeit an ihnen vorbeigegangen und nur sie selbst jung und geil geblieben.“ Da passt du doch ganz gut dazwischen!, dachte Berringer.
„Klingt nach einem wirklich harten Job“, sagte er laut und mit einigermaßen überzeugend geheucheltem Mitleid.
„Kann ich heute Abend mit Ihnen und Ihrer Truppe rechnen?“, vergewisserte sich Marwitz.
„Ja, Sie können sich auf uns verlassen“, versprach Berringer. „Hundertprozentig.“
„Ich rede mit dem Veranstalter, damit man Sie hereinlässt.“
Wäre ja noch schöner, wenn ich für diesen Mist noch bezahlen müsste!, dachte Berringer. Alle Formen des organisierten Frohsinns waren ihm verhasst, und das hatte ausnahmsweise nichts mit seinem Trauma zu tun, sondern lag in seiner tiefsten Natur begründet. Das hatte er feststellen müssen, als es ihn vor Jahren aus dem heimatlichen, komplett frohsinnsfreien, von muffigen Sturköpfen dominierten Münsterland in das