Deutschland 1800 - 1953. Jürgen Ruszkowski

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Deutschland 1800 - 1953 - Jürgen Ruszkowski gelbe Buchreihe

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Einrichtung von Schulen. Die Missionare kümmerten sich besonders um die bisher nicht übliche Ausbildung von chinesischen Mädchen und trugen zu einer soliden Lehrerausbildung bei. Wie in allen Bereichen herrschte auch beim Schulunterricht Rassentrennung. Die deutschen Kinder wurden in einer Gouverneursschule bis zum Abitur geführt; 1913 hatte sie 227 Schüler. Für das Erreichen der Hochschulreife der Mädchen sorgte hingegen die katholische Höhere Töchterschule.

      Für Chinesen gab es Elementarschulen und Dorfschulen. Je nach Betreiber wurden deutsche oder chinesische Bildungsinhalte oder aber beides vermittelt. Als weiterführende Schulen gab es in der Stadt zwei Fachschulen – je eine Lehrlingsschule der Werft und der Eisenbahn. Heftig diskutiert wurde unter den Kolonisten, ob Kinder von Chinesen oder Mischlinge die deutsche Gouverneursschule besuchen dürften. Die propagierte Rassentrennung trug jedoch den Sieg davon. Ein Musterprojekt hingegen war die Errichtung der Deutsch-Chinesischen Hochschule im Jahr 1909. 1914 waren über 400 chinesische Studenten eingeschrieben und die Absolventen durften sich mit dem Abschlusszeugnis zur traditionellen chinesischen Staatsprüfung bewerben – eine auf chinesischem Terrain einzigartige staatliche Anerkennung. Bis zur japanischen Machtübernahme schlossen jedoch lediglich 20 Studenten ihr Studium ab.

      Das Gesellschaftsleben war ebenfalls durch die rassische Trennung zwischen Chinesen und Europäern geprägt. So vergnügten sich die Marinesoldaten in privat organisierten Skat-Clubs, im christlichen Soldatenheim, im Rotlichtviertel oder beim Schwimmen. Überhaupt spielte der Sport – u. a. Fußball – eine bedeutende Rolle im Freizeitleben der Kolonisten. Höhepunkt waren die „Tsingtauer Sportwochen“. Im Übrigen traf man sich bei Volks- und Strandfesten, zu Konzerten oder Theateraufführungen. Ein eigenes Haus hierfür unterhielten die Deutschen – im Gegensatz zu den Chinesen – jedoch nicht. Dafür etablierte sich eine blühende Vereinskultur. So fanden sich u. a. Polo-, Tennis- und Hockeyvereine. Die chinesische Bevölkerung organisierte sich in eigenen Vereinen, gründete ebenso einen Tennisclub oder besuchte eines der zwei chinesischen Theater. Daneben etablierte sich sowohl auf deutscher wie auch chinesischer Seite eine reiche Zeitungslandschaft in der Jiaozhou (Kiautschou)-Bucht.

      Albert Ballin urteilt:

      Diese deutsche Kolonie macht einen außerordentlich guten und großen Eindruck. Überall ist mit viel Fleiß gearbeitet worden, und man möchte beinahe glauben, dass die Bautätigkeit sich etwas überhastet und ein Rückschlag nicht ausbleiben kann. Wenn man durch unsere Brille die Sache ansieht, so wird man allerdings sagen müssen, dass das, was hier geschehen ist, zu viel an Wilhelmshaven und zu wenig an Hongkong sich anlehnt. Es war ja vorauszusehen, dass eine Kolonie, in welcher das Reichsmarineamt der absolute Herrscher ist, sich im überwiegenden Maße nach der marinetechnischen Seite hin entwickeln würde.

Grafik 785

      Albert Ballin

      * * *

      Siehe auch Band 78 dieser gelben Buchreihe

Grafik 122

      * * *

      1914-1918

      Erster Weltkrieg in Europa und den europäischen Kolonien in Afrika.

      1918: Abdankung Wilhelms II, Rücktritt der Regierung des Prinzen Max von Baden, Ausrufung der Republik durch Karl Liebknecht und Philipp Scheidemann.

      1919

      Nationalversammlung zu Weimar, Friedrich Ebert wird Reichspräsident;

      Petition von in Deutschland lebenden Afrikanern an die Nationalversammlung;

      Unterzeichnung des Friedensvertrages im Schloss zu Versailles, die deutschen Kolonien werden an die Mandatsmächte Frankreich und Großbritannien übertragen.

      * * *

      Choleraepidemie von 1892 in Hamburg

       Choleraepidemie von 1892 in Hamburg

      Sie hatte aufgrund hamburgischer Besonderheiten verheerende Ausmaße.

      https://www.pharmazeutische-zeitung.de/cholera-epidemie-1892-in-hamburg-und-die-folgen-117189/

      Im heißen Sommer von 1892 erkrankten 16.900 Menschen an der Cholera, mehr als 8.600 starben. „Diese Cholera-Epidemie ist der Tiefpunkt der Hamburger Gesundheitsgeschichte“, sagt der Leiter des Medizinhistorischen Museums am Universitätsklinikum Eppendorf, Professor Dr. Philipp Osten. Viele Hamburger reagierten damals panisch. Tausende stürmten die Bahnhöfe, um aus der Stadt zu flüchten. Andere strömten in die Kirchen oder tranken reichlich Alkohol, wie der britische Historiker Richard J. Evans in seinem Buch „Tod in Hamburg“ schreibt.

      Zahlreiche Menschen hätten versucht, sich mit volkstümlichen Hausmitteln wie „Choleratropfen“ selbst zu helfen, und die Apotheken belagert. „So groß war die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln, dass deren Preise ungeahnte Höhen erklommen, und skrupellose Hausierer begannen auf den Straßen schwindlerische Nachahmungen zu vertreiben“, berichtet Evans. Hamburg ist damals schlecht auf die Katastrophe vorbereitet. Die Stadt boomt, der Hafen wird ausgebaut. Aber es fehlt an sauberem Trinkwasser. Aus den Leitungen kommt schlecht geklärtes, ungefiltertes Wasser aus der Elbe, in dem sich im Sommer die Bakterien gut vermehren können.

Grafik 123

      Gemeinschaftstoiletten im Hof

      Das erste Wasserwerk auf der Elbinsel Kaltehofe ist im Bau, aber noch nicht fertig. Die preußische Nachbarstadt Altona reinigt ihr Trinkwasser bereits mit Sandfiltern. Der Pathologe Eugen Fraenkel macht am Neuen Allgemeinen Krankenhaus Eppendorf erste bakterielle Tests und diagnostiziert den Cholera-Erreger. Er habe seine Ergebnisse den Behörden gemeldet, aber die hätten nicht reagiert, sagt Osten.

      Lange Zeit sei im 19. Jahrhundert die Ansicht verbreitet gewesen, giftige Ausdünstungen aus dem Boden („Miasmen“) würden Krankheiten verursachen. Anhänger dieser Theorie sei auch der Münchner Chemiker und Hygieniker Max von Pettenkofer gewesen. Dieser habe 1892 im Streit mit dem Berliner Mediziner Robert Koch, der die Choleravibrionen bereits 1884 in Indien identifiziert hatte, sogar eine Bakterienkultur geschluckt.

      Anfangs seien sich wohl nur wenige Hamburger der drohenden Gefahr bewusst gewesen. Die Zeitungen berichteten nach Angaben von Evans über vereinzelte Todesfälle in den Vermischt-Spalten. Dann seien am 20. August 66 neue Fälle gemeldet worden, was zu Spekulationen und Gerüchten führte. Einen Tag später zeigten 113 Menschen Cholera-Symptome. „Weite Teile der Bevölkerung waren von Panik ergriffen“, zitiert Evans einen zeitgenössischen Beobachter. Mehrere zehntausend Hamburger verließen die Stadt. Der Senat bestätigte erst am 24. August, neun Tage nach dem ersten Toten, den Cholera-Ausbruch.

      Ein Dienstmädchen erinnerte sich später: „Die Angst um die lieben Angehörigen, es könnte einer von dieser schrecklichen Seuche erfasst werden, und auch noch die Sorge um sich selbst, man könnte von Unwohlsein befallen werden, und würde dann erbarmungslos als choleraverdächtig zwischen diese Kranken gebettet werden (denn man konnte täglich solche Vorkommnisse lesen), versetzte einen in einen aufgeregten, fiebernden Zustand.“

Grafik 124

      Deinfektionstrupp

      Weil sich die Hamburger Behörden der Lage nicht gewachsen zeigten, übernahm das Kaiserliche

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