Deutschland 1800 - 1953. Jürgen Ruszkowski
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Hamburg 1892: Cholerabaracke
Die Hamburger Gesundheitseinrichtungen sind im Nu überlastet. Es werden sogenannte Cholera-Baracken aufgebaut, von Pferden gezogene Fasswagen versorgen die Bevölkerung mit abgekochtem Trinkwasser, Desinfektions-Kolonnen versprühen in den Wohnungen der Erkrankten Karbol und Kalk. Handelspartner stellen Hamburger Schiffe und Warenlieferungen unter Quarantäne.
Auf dem Höhepunkt der Epidemie sterben bis zu 500 Menschen täglich an Cholera. Die Sargtischler kommen mit der Produktion nicht nach. Die Toten werden in aller Eile in Massengräbern auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt. Die Menschen sind in Panik und verzweifelt, es kommt aber zu keinen Unruhen. Evans erklärt das mit der damaligen Rolle der Hamburger SPD. Diese habe sich vorbehaltlos auf die Seite der Ärzte und Behörden gestellt. Die Parteizeitung „Hamburger Echo“ habe kritische Leserzuschriften gar nicht erst abgedruckt, sondern gleich an die Polizeibehörde weitergeleitet. Die Sozialdemokraten hätten auch alle ihre Veranstaltungen abgesagt, lange bevor öffentliche Zusammenkünfte offiziell verboten wurden.
Professor Hubert Wudtke schreibt in seiner „Geschichte des Elbdorfes Rissen“ (Band 84 dieser gelben Buchreihe):
Rotkreuz-Schwester Johanna Wolff
Johanna Wolf hat als Krankenschwester gearbeitet – oft bis zur Erschöpfung – insbesondere in den drei Schreckensmonaten der letzten großen Cholera-Epidemie 1892 in Hamburg: von den 16.000 Erkrankten sterben mehr als 8.600.
Hamburg 1892: Cholerabaracke
Sie schreibt: „Der Toten waren zuweilen so viel, dass sie gehäuft lagen unten in den Räumen der Keller; sie konnten nicht fortgeschafft werden, weil es an Wagen und Trägern mangelte und der Zuzug Kranker und Sterbender vor den Pforten wollte kein Ende nehmen... War ein Bett leer, so wurde es im Augenblick wieder besetzt; die wimmernden, sich krümmenden Menschen kamen nur hinein um zu sterben...
Wenn man die Kranken bei dem qualvollen Erbrechen und bei ihren sonstigen Bedürfnissen unterstützte, wurde man in Mitleidenschaft gezogen, bespritzt, verunreinigt. Was tat`s? Nur ein wenig Linderung schaffen, darauf kam es an...
Noch bis November sterben Menschen an der Cholera. Nach der Epidemie stellt Hamburg in großer Eile sein erstes modernes Wasserwerk fertig, das im folgenden Frühjahr in Betrieb geht. Die Sauberkeit des Trinkwassers und der Lebensmittel überwacht von nun an eine neue Einrichtung. Es ist das Hygiene-Institut, das heute die neuartigen Coronaviren testen kann.
Ein Brunnen, der die Göttin Hygieia zeigt, erinnert im Rathaus-Innenhof an die Cholera-Katastrophe.
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