Der Elefanten-Tempel. Катя Брандис
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„Papa, ich kenne Arles, Paris und den Rest von Frankreich schon in- und auswendig ... es gibt in der Welt noch viel mehr zu sehen!“ Ricarda war erstaunt über sich selbst. Es war in der Familie nicht üblich, Papas Gebote in Frage zu stellen.
„Habe ich überhaupt richtig gehört, du willst irgendwas mit Elefanten machen?“
„Ja. Ich finde sie toll. Und es ist so schade, dass man sie hier in Deutschland nicht richtig kennenlernen kann.“
Sein Blick sagte klar und deutlich, dass er diese Idee für ausgemachten Blödsinn hielt. „Reichen dir nicht ein paar Pferde, so wie anderen Mädchen auch? Du könntest Reitstunden nehmen, wir geben dir ein bisschen Geld dazu.“
„Das ist doch was ganz anderes.“ Ricarda stand auf; sie hielt es nicht mehr aus, neben ihrem Vater zu sitzen. Doch es fühlte sich auch seltsam an, jetzt mitten im Raum zu stehen. Sie wusste nicht, wohin mit ihren Händen, und es fiel ihr schwer, dem Blick ihres Vaters zu begegnen. Aber dann hob sie doch die Augen, sah ihm direkt ins Gesicht. „Ich will es gerne machen. Das mit den Elefanten. Warum geht das nicht? Es sind doch nur zwei Wochen und ich bezahle alles selber. Genug gespart habe ich.“
„Du kommst mit nach Arles. Punkt.“ Ihr Vater erhob sich, ohne ein weiteres Wort verließ er das Zimmer.
So schnell geht das, dachte Ricarda wütend. Man tritt auf den Traum drauf und dreht den Schuh ein paarmal, dann bleibt nur bunter Matsch übrig.
Doch sie war nicht nur sauer und traurig, da war noch ein anderes Gefühl. Erleichterung? Es wäre schwierig geworden. Anstrengend. Teuer. Riskant. Vielleicht war es besser so. Aber sie würde es Sofia sagen müssen. Immerhin, jetzt hatte sie eine gute Entschuldigung für den Rückzieher. Vielleicht würde Sofia die Fahrt jetzt einfach allein durchziehen, sie hatte so begeistert geklungen am Telefon.
Der Gedanke schmeckte gallenbitter.
Ricarda legte ihre aktuelle Lieblings-CD – die von Ich + Ich – ein, drehte die Lautstärke auf und legte sich wieder auf die Couch.
Ich warte schon so lange
Auf den einen Moment
Ich bin auf der Suche
nach hundert Prozent
Wann ist es endlich richtig
Wann macht es einen Sinn?
Ich werde es erst wissen
Wenn ich angekommen bin ...
Etwa eine Stunde später öffnete sich die Tür ihres Zimmers. Diesmal war es ihre Mutter. Sie schrie ein paar Worte, merkte, dass sie nicht verstanden wurde, und ging zur Anlage, um die Musik leiser zu drehen.
„Rica? Was genau hast du vor, kannst du mir das auch mal erklären?“
Ricarda seufzte und erklärte es noch einmal. Es hörte sich noch ferner, noch unwirklicher an als zuvor. Und was viel schlimmer war – albern hörte es sich an. Elefanten retten, haha.
Doch ihre Mutter lachte nicht. „Klingt toll“, sagte sie. „Und es ist eine Schande, dass wir meine günstigen Flugtickets nicht nutzen. Wir könnten uns so viele interessante Länder anschauen und fahren doch immer an die gleichen Orte. So ganz recht ist mir das auch nicht. Deshalb habe ich eben mal ernsthaft mit Pierre geredet.“
Langsam setzte Ricarda sich auf, starrte ihre schmale, blonde Mutter an. Seit wann setzte sich ihre Mutter gegen Papas Regeln zur Wehr? Es geschahen doch noch Wunder!
„Es hat eine Weile gedauert. Aber jetzt ist er einverstanden, dass du diesen Sommer mal etwas anderes machst. Es sind ja auch nur zwei Wochen. Wenn du magst, kannst du anschließend nachkommen nach Arles.“
„Ich glaube nicht“, sagte Ricarda und einen herrlichen Moment lang lächelten sie und ihre Mutter sich an.
Wilde Freude quoll in Ricarda hoch. Sie spürte, dass etwas in ihr sich entschieden hatte, Ja sagte zu Thailand und den Elefanten. Sie würde es schon irgendwie schaffen. Mit Sofia zusammen konnte sie alles schaffen! Sie kannten sich seit der Grundschule; Sofia hatte als Einzige zu ihr gehalten, als die anderen Kinder gemein zu ihr gewesen waren. Jahre danach hatte Ricarda zum ersten Mal den Begriff „Mobbing“ gehört und begriffen, was damals geschehen war. Später hatten sie zusammen Drachen steigen lassen, sich beim Einradfahren die Knie aufgeschrammt, nächtelang miteinander gechattet, im Auftrag des Direktors ein riesiges Wandgemälde an die Schulwand gepinselt, das heute noch bewundert wurde. Einmal hatten sie sogar eine Nacht wild gecampt, mitten im Odenwald. Und jetzt – Thailand. Das war eine Nummer größer. Nein, gleich ein paar Nummern.
Toll wird es werden, entschied Ricarda. Und die Stimme in ihrem Inneren, die sonst immer zweifelte, kuschte und gab ausnahmsweise Ruhe.
Die Türen ihres Kleiderschranks standen weit offen. T-Shirts. Tops. Fleece-Pullis. Shorts. Jeans. Rein damit in den Koffer. Wieso hatte sie eigentlich so verdammt viele schwarze Sachen? Die würden die Sonne aufsaugen, Schwitzgarantie. Außerdem passte es nicht zu dieser Reise, etwas in ihr sträubte sich dagegen. Hatte sie nicht auch irgendwo ein hellblaues T-Shirt und eins in orange? Ricarda wühlte sich tief in ihren Schrank hinein ... und ihre Finger stießen auf etwas Hartes, einen Lederkasten.
Obwohl sie es geschafft hatte, ihn und seinen Inhalt zeitweise völlig zu vergessen, wusste sie sofort, was sie gefunden hatte. Ihre Finger zuckten zurück, als hätte sie sich verbrannt, und ihr Magen zog sich zusammen wie eine Faust. Wieso hatte sie das Ding noch nicht weggeschmissen? Besser, sie schmuggelte es in den Müll und wurde es endlich los. Nie wieder sollte es sie daran erinnern, was geschehen war, was sie getan hatte ... Weg damit, weg!
Doch gerade als sie es hervorgezogen hatte, kam ihre Mutter herein. Angeklopft hatte sie eine Sekunde vorher, viel zu kurz, um darauf zu reagieren. Ricarda stand in der Bewegung erstarrt, sprachlos vor Schreck. Der lederne Halteriemen war noch um ihre Hand geschlungen.
„Ach, dein Fernglas, das habe ich ja lange nicht mehr gesehen“, sagte ihre Mutter und lächelte. „Das nimmst du bestimmt mit, oder? Es gibt eine Menge Tiere zu beobachten in Thailand.“
„Ja“, krächzte Ricarda und legte den Lederkasten in ihren Koffer. Doch als ihre Mutter weg war, nahm sie ihn wieder heraus und stellte ihn zurück in den Schrank.
Paläste und Piña Colada
Das war also Bangkok! Auf der Straße knatterten Scharen von bunten Mopeds, Taxis, Bussen und Tuk-Tuks – motorisierten Rikschas – an Ricarda vorbei und hinterließen Qualmwolken. Das ständige Gehupe vermischte sich mit Musik aller Art, die aus Autoradios, Läden und tragbaren Anlagen drang. Ricarda rümpfte die Nase. Wenn es ausnahmsweise mal nicht nach Abgas stank, dann aus den Garküchen am Straßenrand nach heißem Öl und Fischsauce oder aus dem Rinnstein modrig. Immerhin war das Wasser, das vor einer Stunde die Straßen in Flüsse verwandelt hatte, schon wieder abgelaufen. Wahrscheinlich direkt in den Chao Praya oder die vielen kleinen Kanäle, die die Stadt durchzogen.
„Das war keine besonders tolle Planung von uns, in der Regenzeit herzukommen“, stöhnte Sofia und wischte mit einem Taschentuch an ihrem Schuh herum.
Ricarda atmete tief durch. Wie ging