Der Elefanten-Tempel. Катя Брандис

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Der Elefanten-Tempel - Катя Брандис

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Piña Colada, Sofia mit einem Mai Tai aus Rum, Mandelsirup, Zitronen- und Limettensaft. Ricarda probierte – hm, lecker. So einen würde sie sich auch noch bestellen.

      Sie lehnte sich in ihrem Rattanstuhl zurück, genoss den kühlen Luftzug der Deckenventilatoren und fühlte sich so unbeschwert, so glücklich wie lange nicht. Wie ungewohnt, ohne ihre Familie in einem Restaurant zu sitzen. Deutschland? Miefiges Spießerland! Wie hatte sie es nur so lange dort ausgehalten? Vielleicht sollte sie auswandern. Sie würde Buddhistin werden und in einen Tempel eintreten. Ging das überhaupt? Bisher hatte sie keine einzige Frau im orangefarbenen Gewand gesehen, nur Männer.

      Ricarda blinzelte. Sie hatte zu viel getrunken. Ja, die zwei Cocktails waren eindeutig übertrieben gewesen. Schließlich konnte es nicht sein, dass da vorne ein Elefantenrüssel durch die jetzt offen stehende gläserne Eingangstür mitten ins Restaurant hineinragte. Aber trotzdem, es sah einem Elefantenrüssel wirklich täuschend ähnlich: lang, grau, beweglich wie eine Schlange.

      Ricarda kniff die Augen zusammen und schaute nochmal ganz genau hin.

      Es sah immer noch genauso aus. Gab es in Thailand eigentlich Riesenschlangen?

      Sofia saß mit dem Rücken zur Tür. In Zeitlupe beugte sich Ricarda über den Tisch und flüsterte ihr zu: „Dreh dich mal vorsichtig um und sag mir, was du siehst.“

      Sofia drehte sich um – und schrie auf. „O Mann, ich glaub´s nicht! Der Mann da hat einen Elefanten dabei. Aber sieht so aus, als ob das Vieh nicht durch die Tür passt.“

      Sie ließen ihre Drinks im Stich und drängten sich durch zum Ausgang. Ein paar andere Touristen scharten sich schon um den ungewöhnlichen Besucher. Andächtig blieb Sofia ein paar Schritte von dem Elefanten entfernt stehen. Es war schon fast dunkel draußen und nur das kühle Licht der Straßenlaternen beschien den massigen Körper des Tiers. Es trug seinen eigenen Proviant mit sich herum, auf seinem Rücken waren zwei Leinensäcke festgebunden, aus denen Bananenstauden und Pflanzenstengel – wahrscheinlich Zuckerrohrstücke – hervorragten. Bedächtig fächelte der Elefant mit den großen Ohren, streckte den Rüssel aus und nahm einer älteren Frau eine Banane ab. „Schau mal, jetzt stopft er sich das Ding in den Mund – mit Schale“, staunte die Frau. „Mal schauen, ob ihm auch eine Ananas schmeckt. Was meinst du, Klaus, frisst er die Blätter auch mit? Die sind doch ganz schön hart ...“

      Ricarda musste lächeln. In der Wildnis ernährten sich Elefanten unter anderem von Baumrinde, die war noch um einiges härter. Und sie hatte mal in der Zeitung gelesen, dass die Elefanten im Münchner Zoo in der Adventszeit übrig gebliebene Weihnachtsbäume verputzen durften. Nicht mal den Stamm ließen sie übrig.

      „Komm, wir füttern ihn auch!“ Sofia streckte dem Mahout einen 50-Baht-Schein entgegen und bekam ein halbes Dutzend Bananen ausgehändigt. Der Elefant beobachtete es aufmerksam, das Neonlicht spiegelte sich in seinen dunklen Augen.

      „Los, gib mir auch eine.“ Ricarda schnappte sich eine der Bananen.

      Eine feuchte Rüsselspitze mit zwei rosafarbenen Nasenlöchern und einem Greiffinger an der Spitze tastete danach, nahm die Frucht behutsam aus ihrer Hand. Ricarda klopfte den Rüssel, der sich wie raues, hartes Leder anfühlte. Der Elefant ragte hoch über ihr auf, war eine dunkle Silhouette vor dem Nachthimmel ... doch sie hatte keine Angst vor ihm. Er wirkte gelassen, nicht bedrohlich.

      Sein Mahout redete in schnellem Thai auf ihn ein, dann lächelte er Ricarda und Sofia an. „Feed some more?“

      Aus der Nähe betrachtet wirkte der Elefant sehr mager, Ricarda konnte seine Rippen erkennen. Nach und nach gefror ihre Aufregung zu Mitleid. Bestimmt war es kein sonderlich schönes Leben, durch die Stadt zu ziehen: Abgasgestank statt reiner Luft, Lärm statt Dschungelstille. Auf einmal war in Ricardas Mund ein schaler Geschmack. „Wir hätten dem Kerl kein Geld geben dürfen“, zischte sie Sofia zu. „Das führt nur dazu, dass noch mehr Elefanten in der Stadt betteln müssen.“

      Sofia verzog das Gesicht. „Stimmt. Außerdem sehen wir ab morgen noch genug Dickhäuter. Komm, wir gehen wieder rein. Sonst denken die, wir wollten die Zeche prellen.“

      Eine junge thailändische Frau unterhielt sich mit dem Mahout und drückte ihm Geld in die Hand. Ricarda wunderte sich: Die Frau hatte gar kein Futter für den Elefanten erhalten. Stattdessen bückte sie sich ... und kroch unter dem Bauch des Tiers durch!

      „Wozu soll das denn gut sein?“, wunderte sich Ricarda, und ein anderer Tourist meinte: „Viele Thais glauben, dass das Glück bringt und Frauen eine leichte Geburt haben, wenn sie später Kinder bekommen.“

      Ein paar Minuten später beobachteten sie, wie der Mahout mit seinem Tier weiterzog. Jetzt konnte Ricarda sehen, dass der Elefant Reflektorbänder an den Hinterbeinen trug, und das brachte sie aus irgendeinem Grund zum Kichern. Solche Dinger hatte sie zuletzt an den Beinen ihres Vaters gesehen, als er sich bereit machte, zur Schule zu radeln ...

      Trotz seiner Größe schritt der Elefant völlig lautlos über den Asphalt. Er hatte einen sanften, wiegenden Gang, wie in Zeitlupe setzte er einen Fuß vor den anderen und kam doch schnell voran. Keiner der ausgehfein zurechtgemachten Bewohner Bangkoks schien etwas dabei zu finden, dass er sich mit ihnen die Straße teilte – kaum jemand wandte den Kopf.

      Nach wenigen Minuten war das seltsame Duo im Menschengewimmel verschwunden.

      „Ach du Scheiße, hast du mal auf die Uhr geschaut?“, quiekte Sofia plötzlich auf. „Unser Zug!“

      „Verdammt!“, keuchte Ricarda und kramte hektisch in ihrem Portemonnaie nach ein paar Geldscheinen. Dutzendfach das Gesicht des Königs, nur in verschiedenen Farben. In Rosa gefiel er ihr am besten. „Meinst du, wir schaffen es noch?“

      „Na klar.“ Sofia sprang auf und eilte in Richtung Straße. „Wir müssen nur irgendwas mit drei oder mehr Rädern erwischen, das uns mitnimmt.“

      Ricarda rannte hinterher. Ihre Beine fühlten sich schwer an, wie zwei Sandsäcke. Außerdem war ihr schlecht. Vielleicht hätte sie das mit dem zweiten Cocktail doch besser sein lassen sollen. Oder waren es drei gewesen? Jetzt bloß nicht kotzen, beschwor sie sich, als das Tuk-Tuk sich einen Weg durch den Verkehr bahnte. Immerhin, in einem offenen Wagen konnte man besser seinen Mageninhalt loswerden als in einem deutschen Taxi. Man musste es nur in der richtigen Richtung tun, damit der Fahrtwind einem nicht die Hälfte davon wieder ins Gesicht wehte. Aber musste man dafür nicht auch beachten, woher der richtige Wind kam?

      Sie war noch nicht fertig mit dem Nachdenken über diese wichtige Frage, als das Tuk-Tuk anhielt. „Train station!“, verkündete der Fahrer.

      Ächzend wuchteten Ricarda und Sofia ihre Taschen und Koffer in den Zug und ließen sich in die Liegesitze fallen, die sie reserviert hatten.

      „Gott sei Dank, richtig bequem!“ Sofia ließ ihre Arme schlaff herunterhängen. „Aber eigentlich auch egal, ich schlafe sowieso gleich ein. Weck mich, wenn wir in Chiang Mai sind.“

      „Nee, du weckst mich“, stöhnte Ricarda, wälzte sich in ihrem Sitz auf die Seite und zog ihre Jacke über sich.

      Mit einem leichten Ruck setzte sich der Zug in Bewegung.

      Ein junger Thai mit ebenmäßigem Gesicht, einer ultracoolen schwarzen Sonnenbrille und eng anliegendem T-Shirt holte sie in Chiang Mai ab, um sie zu ihrem endgültigen Ziel in der kleinen Stadt Lampang zu bringen.

      „Sawatdii khrap“, begrüßte er sie mit einem schüchternen Lächeln.

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