Schattendasein - Der erste Teil der Schattenwächter-Saga. Sandra Grauer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Schattendasein - Der erste Teil der Schattenwächter-Saga - Sandra Grauer страница 7
Keine zehn Minuten später stand ich unter der Dusche und ließ warmes Wasser auf mich prasseln. Als ich nach Hause gekommen war, war niemand da gewesen. Einerseits war ich froh darüber, so musste ich wenigstens keine Fragen beantworten. Andererseits war ich nicht sicher, ob ich jetzt wirklich allein sein wollte.
Das warme Wasser dämpfte den Schock, und so langsam fühlte ich mich wieder klar, während sich der heiße Dampf auf den Spiegel legte. Und mit der Klarheit kamen auch die Fragen. Was war da passiert? Warum liefen Gabriel und sein Bruder mit Schwertern herum, und was war das für ein komisches Wesen gewesen, dass da abgebrannt war? Hatte das Ganze etwa irgendetwas mit einem satanischen Ritual zu tun? Und welche Rolle spielte die Polizei? Ich war heilfroh gewesen, dass mich die Männer gleich nach Hause gefahren hatten, aber andererseits wunderte es mich auch. Sie hatten nur meine Daten aufgenommen. Eine offizielle Aussage hatte ich nicht machen müssen, geschweige denn, dass sie mich mit aufs Revier genommen hätten. Zudem hatten sie den Tatort nicht abgesperrt, sie hatten keine Fingerabdrücke genommen und sich auch nicht wirklich für Joshuas Blutspuren interessiert.
Ich kannte mich mit der Polizeiarbeit nicht sonderlich gut aus, aber das Ganze kam mir doch etwas suspekt vor. Hatten die Polizisten hier versucht, etwas zu vertuschen? Und was hatten Gabriel und Joshua zu verbergen?
Auch wenn ich sonst nur Fragen hatte, dessen war ich mir sicher: Gabriel war nicht auf einer Faschingsparty gewesen.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte Tim und schloss mich fest in seine Arme.
Gleich nach der Dusche hatte ich Tim angerufen und gebeten, vorbeizukommen. Ich brauchte einfach jemanden, mit dem ich über alles reden konnte, und ich wollte über Nacht auch nicht alleine sein. Tim war zwar mit Freunden verabredet gewesen, hatte sich aber gleich auf den Weg gemacht. Als ich ihm die Tür öffnete und ihn da stehen sah, war ich in Tränen ausgebrochen, ohne es zu wollen.
Eine Weile standen wir im Flur, und Tim tröstete mich. Dann kochte er eine Kanne Tee für uns, und wir gingen nach oben in mein Zimmer, wo ich ihm erzählte, was passiert war. Ich bemerkte, dass Tim wütend wurde, aber er hörte mir geduldig zu und unterbrach mich nicht. Doch kaum war ich fertig, legte er los.
»Gabriel. Und Joshua? Das darf doch nicht wahr sein. Bist du dir wirklich sicher?«
Ich nickte.
»Ich versteh's nicht. Warum treiben die sich auf einem Spielplatz rum, noch dazu mit Schwertern?«
Ich zuckte die Schultern. »Frag mich was Leichteres, ich kann's mir auch nicht erklären.« Tim war irgendwann aufgestanden und lief nun in meinem Zimmer auf und ab. Er machte mich damit ganz nervös, aber ich bat ihn trotzdem nicht, damit aufzuhören.
»Ich wusste doch, dass die irgendwas zu verbergen haben. Vielleicht ist an dem ganzen Satanismus-Kram doch was dran. Bei Gabriel wundert mich nichts mehr. Aber ich frag mich, warum Joshua bei so was mitmacht. Er war eigentlich ganz vernünftig.«
»Du hast ihn ja schon eine Weile nicht mehr gesehen«, gab ich leise zu bedenken. »Menschen ändern sich.«
Tim blieb einen Moment stehen und sah mich an. »Was hat er denn für einen Eindruck auf dich gemacht?«
Ich überlegte einen Moment. »Wenn ich ehrlich bin, hat er bei mir überhaupt keinen Eindruck hinterlassen. Er hat kaum zwei Sätze gesprochen.«
Tim nickte, dann kam er zu mir und setzte sich neben mich aufs Bett. »Bitte halt dich von den beiden fern«, sagte er.
»Ich hab doch eh nicht viel mit ihnen zu tun.«
»Weiß ich, aber ich mein's ernst. Gabriel ist mir nicht geheuer, und ich möchte nicht, dass er dich oder Hannah in irgendwas reinzieht. Haltet einfach Abstand.«
»Aber das Referat ...«, begann ich.
»Das Referat könnt ihr ja machen, dafür braucht ihr ihn doch nicht mehr. Und was den Ordner angeht, gib ihn Mark. Der kann ihn dann Gabriel zurückgeben.«
»Okay«, stimmte ich schließlich zu, auch wenn ich nicht vorhatte, mich daran zu halten. Ich fand das Ganze etwas übertrieben. Ich hatte ja nicht vor, mich mit Gabriel anzufreunden, und was war schon dabei, wenn ich ihm seinen Ordner zurückgab? Zwar konnte ich nicht sagen, was genau geschehen war, aber ich war mir dennoch ziemlich sicher, dass ich weder vor Gabriel, noch vor seinem Bruder Angst haben musste.
Ich hatte die Nacht über kaum ein Auge zugetan, obwohl Tim da gewesen war. Mir hatte einfach zu viel im Kopf herumgespukt. Das Ganze war unheimlich und unerklärlich, aber ich wollte eine Erklärung. Nun saß ich müde in meinem Schlafanzug auf meinem Bett und versuchte, eine Antwort zu finden. Tim war vor etwa einer halben Stunde gegangen. Er hatte ein Fußballspiel, und ich sah nicht ein, dass er nach seiner Verabredung mit seinen Freunden gestern Abend auch noch das Spiel verpassen sollte.
Während ich darüber nachdachte, was das alles zu bedeuten hatte, drückte ich meinen Winnie Puuh-Stoffbären fest an mich und hörte mir die Jonas Brothers an, um mich gleichzeitig ein wenig abzulenken. Ich war vielleicht schon etwas zu alt für Stoffbären und die Jonas Brothers, aber das war mir gerade ziemlich egal. Beides beruhigte mich etwas, und ich verhielt mich auch nicht wie ein vierzehnjähriger, kreischender Fan, wenn ich Nick oder Joe Jonas irgendwo im Fernsehen sah. Ich mochte einfach nur deren Musik.
Es klopfte an meiner Tür. Ich wollte alleine sein, aber ich wusste, dass sich meine Mutter Sorgen machte. Ich hatte heute Morgen nichts gefrühstückt, wahrscheinlich wollte sie mir etwas zu essen bringen.
»Komm rein«, rief ich, um die Musik zu übertönen.
Herein kam allerdings nicht meine Mutter, sondern Gabriel. Na super, und wieder eine Begegnung im Schlafanzug. Einen Moment dachte ich an Tim. Zum Glück war er schon auf dem Fußballplatz.
Gabriel schloss die Tür und sah mich einen Moment an. Ich legte den Bären auf mein Kopfkissen und wartete auf eine bissige Bemerkung seinerseits, doch die blieb aus. Ein Grinsen konnte er sich aber nicht verkneifen. »Darf ich reinkommen?«, fragte er.
Ich setzte mich etwas aufrechter hin. »Wenn's unbedingt sein muss.«
»Wie geht’s dir?«
»Wie soll's mir schon gehen?«
»Ich hoffe, du hattest keinen Ärger mit der Polizei?«
»Nee, hatte ich komischerweise nicht. Dein Glück. Du kannst mir das nicht zufällig erklären?« Ich funkelte ihn an. Zu meiner eigenen Überraschung hatte ich tatsächlich keine Angst. Ich war eher sauer auf ihn, und neugierig. Ich wollte unbedingt wissen, was da geschehen war.
Gabriel zuckte die Schultern und kam zu mir. Er warf mir eine kleine Tüte hin. Dann ließ er sich neben mich aufs Bett fallen und machte es sich gemütlich.
»Was ist das?«, wollte ich wissen und zeigte auf die Tüte.
»Tja, um das rauszufinden, gibt's 'ne ganz einfache Lösung: Schau rein.«
Ich griff nach der Tüte und leerte den Inhalt auf meinem Bett aus. Zum Vorschein kam ein pinkfarbener Gürtel, auf dem kleine, schlafende Puuh-Bären abgebildet waren. Fassungslos sah ich ihn an.
Er grinste. »Ich dacht mir, der passt zu deinem Stil. Dein Gürtel war leider nicht