Delikatessen weltweit: 99 Spezialitäten, die Sie (lieber nicht) probieren sollten. Julia Schoon

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Delikatessen weltweit: 99 Spezialitäten, die Sie (lieber nicht) probieren sollten - Julia Schoon

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weiter und jubeln dem ahnungslosen Leser Rezepte für Kaltschalen als hochsommerliches Spanien-Special unter. »Gazpacho«, das klingt doch gleich viel rassiger.

      Probiert man den Suppenklassiker, der eigentlich Gazpacho Andalus heißt, in seinem Heimatland, unterlaufen einem leicht zwei peinliche Fehler. Irrtum Nummer eins: Das Gericht ist nicht kalt, weil der Kellner es auf dem Küchentresen vergessen hat, sondern weil es aus rohem, püriertem Gemüse zubereitet wird. Die Suppe war also noch nie heiß. Es soll tatsächlich Menschen geben, die sich deswegen schon beschwert haben. Warm wird sie höchstens, wenn der Camarero sie tatsächlich nicht schnell genug an den Tisch bringt, schließlich isst man sie bevorzugt im Hochsommer, wenn es im Süden Spaniens Temperaturen hat, die dieser Region den Spitznamen »Die Pfanne« eingebracht haben.

      Fettnäpfchen Nummer zwei: Die spanische Aussprache. In den Namen der Gemüsesuppe verirrt sich bei der Bestellung bitte kein Katzen-Z, sondern höchstens ein scharf gesprochenes Gassen-S. Profis lispeln an Stelle des z ein Englisches th, aber die damit einhergehende, meist feuchte Aussprache ist ja auch nicht jedermanns Sache.

      Gazpacho gilt als so spanisch wie Paella oder Stierkampf, vermutlich aber basiert das Rezept auf einer kalten Suppe, die die maurischen Besatzer im Mittelalter aus Nordafrika nach Al Andalus mitbrachten. Die Grundzutaten – Knoblauch, Olivenöl, Essig, Salz, Pfeffer, Brotbröckchen und Wasser – sind bis heute dieselben. Im Laufe der Jahrhunderte haben die spanischen Bauern, die sie als simple aber sättigende Mahlzeit für sich entdeckten, jedoch verändert. Zuerst kamen vermutlich Gurken hinzu, die bereits seit der Zeit als römische Provinz in Spanien bekannt waren, und mit der Entdeckung der Neuen Welt dann auch Tomaten und Paprika, die die Conquistadores auf ihren Schiffen mit zurück in die Heimat brachten.

      Wer also bislang dachte, grüne Smoothies seien neumodischer Blödsinn, den sich irgendwelche New Age Hippies oder Diät-Gurus ausgedacht haben, lag völlig falsch. Zuerst waren es die spanischen Campesinos, die die pikante Sommerfrische während der Feldarbeit in den heißen Monaten schätzen lernten. Erst viel später kam die Bourgeoisie und entdeckte den als Suppe getarnten Salat als leichte, gesunde Mahlzeit. Womöglich war es gar Sancho Panza, jener zum Wegbegleiter des leicht verrückten Landadeligen Don Quijote ernannte Bauer, der der Gemüsesuppe zum Durchbruch verhalf: In dem Anfang des 17. Jahrhunderts erschienenen literarischen Meisterwerk wünscht er sich eine Gazpacho, um ihn vor dem Hungertod zu retten.

      Das eine Rezept für Gazpacho Andaluz gibt es übrigens nicht, vermutlich gibt es sogar so viele Variationen wie Familien in Andalusien leben. Die einen mögen die Suppe fein püriert, andere stückig, die einen löffeln, die anderen trinken sie, es gibt rustikale und elegante Versionen und sogar solche mit Einlage, zum Beispiel gekochte Eier, Chorizo (spanische Paprikawurst) oder Meeresfrüchte. Tendenziell enthält die Gemüsesuppe im Westen Südspaniens viele Tomaten, ist also rot. Für Màlaga, Córdoba und Granada ist die helle Gazpacho typisch, die stattdessen mehr Gurke und Joghurt oder auch fein gemahlene Mandeln enthält. Und in den Bergen (Sierra Morena, Siera de Huelva) gibt es Rezepturen, die eher ins Grünliche gehen.

      Spätestens seit der EXPO, die 1992 in Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens, stattfand, ist der Suppensalat weit über die Grenzen Spaniens hinaus bekannt. Wie praktisch, dass ein cleverer Geschäftsmann sie kurz darauf pasteurisiert und im Tetrapak in die Kühlregale brachte. Dass durch das Haltbarmachen ein Teil der Vitamine und Antioxidantien flöten gehen, tut dem Erfolg keinen Abbruch. Wer schon mal bei über 40 Grad im Schatten einer geregelten Arbeit nachgehen musste, weiß, wie bereitwillig man sich schweißtreibende Beschäftigungen wie etwa Kochen abgewöhnt. Dass man aber Gazpacho im Sommer sogar bei amerikanischen Fast-Food-Ketten in andalusischen Städten bekommt, geht dann doch einen Schritt zu weit.

      9 Algen: Gesundes Lieblingsessen statt Sommerplage

       Name: Wakame, Miyog

       Region: Japan, Korea, China

       Verzehr: Roh oder gegart

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       (c) mroach unter CC Lizenz

      Algensalat – das beschwört Bilder von Urlaubsstränden, die mit angespültem, glitschigem Grünzeug gesäumt sind, welches in der Sonne vor sich hin trocknet und erst intensiv nach Fisch und dann nach Verwesung riecht. Es erinnert auch an die jeden Sommer wiederkehrenden Meldungen von der »Algenpest«, die sich so stark vermehrt hat, dass sie das ökologische Gleichgewicht des nächsten Badesees hat kippen lassen. Dabei sind Algen der Ursprung allen Lebens. Vor drei Milliarden Jahren waren sie die ersten Sauerstoff produzierenden Organismen auf unserem Planeten und verwandelten die giftige Ursuppe in eine lebensfreundliche Atmosphäre. Heute gehören zur großen Algenfamilie, die alle Klimazonen und Lebensräume unseres Planeten besiedelt, Exemplare in ganz unterschiedlichen Farben, vom mit dem bloßen Auge unsichtbaren Einzeller bis zum hundert Meter langen Seetang.

      Die Alge ist der Ursprung unserer Nahrungskette – und in Asien steht sie bis heute auch an deren Ende. Vor allem in Japan, Korea und China landet die vielseitige Wasserpflanze mit dem leichten Meeresaroma gerne in Töpfen, Tellern und Schüsseln, denn sie hat von Natur aus so viele Supereigenschaften, wie sie sich kein verrückter Professor oder Gentechniker jemals hätte ausdenken können.

      Auch in der traditionellen chinesischen Medizin werden sie deshalb schon seit tausenden von Jahren verwendet, etwa um den Blutdruck und Cholesterinspiegel zu senken, das Blut zu reinigen, den Körper zu entgiften, die Immunabwehr zu stärken und Magen und Darm zu regenerieren. Meeresalgen enthalten mehrfach ungesättigte Fettsäuren, lebenswichtige Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine in hoher Konzentration. Hierzulande kennt man sie immerhin schon als Bestandteil der Thalasso-Therapie, bei der Packungen mit Algen und Schlick unter anderem bei Rheuma, Neurodermitis, Stress und Rückenschmerzen helfen sollen.

      In Asien ist Algensalat eine Lieblingsspeise, die zum Beispiel mit Glasnudeln, Sojasoße, Essig, Sesam, Chili, Knoblauch und Koriander angemacht gegessen wird. Auf dem Teller sieht das aus wie ein grüner Berg aus Wackelpudding, den jemand zu Fäden gesponnen hat. Ganz so glibberig ist die Konsistenz aber nicht, eher eine seltsame Mischung aus erst weich und wabbelig auf der Zunge und wenn man dann kaut, doch irgendwie mit Biss.

      Auf deutschen Tellern findet man diesen speziellen Wackelpudding noch eher selten, obwohl er doch so gesund und Götterspeise ja durchaus beliebt ist. Aber ein Anfang ist gemacht, denn Sushi ist hierzulande inzwischen fast so weit verbreitet wie Cocktails mit Schirmchen und das leicht salzig-bittere grüne Papier rings um die Reisröllchen besteht ebenfalls aus Alge – Nori heißt sie und ist die am häufigsten verzehrte Art. Wer sich auf der Karte schon bis zur Miso-Suppe vorgetastet hat, kennt sogar bereits die Wakame-Alge. Die spinatähnlichen Fetzen in der Suppe stammen nämlich genau wie der Glibbersalat von jener Pflanze, die Platz zwei auf der asiatischen Algen-Verzehr-Rangliste einnimmt.

      Unsere Nachbarn sind da aufgeschlossener. In der Bretagne an der Westküste Frankreichs, wird die Wasserpflanze seit den 1980ern erforscht und inzwischen auch kommerziell angebaut – als Lebensmittel sowie für kosmetische und medizinische Zwecke. Vielleicht trauen wir uns eher an den Meeressalat heran, wenn wir im Supermarkt die Aufschrift auf der Verpackung verstehen und nachlesen können, wo es geerntet wurde. Denn Algen sind auch ein sensibles Produkt: Wachsen sie in verschmutzten Gewässern, reichern sie die Schadstoffe an. Nicht erst seit Fukushima ein brisantes Thema.

      10 Artischockenlikör: Die Zunge protestiert, der Magen freut sich

       Name: Liquore carciofo

       Region: Italien

       Verzehr: Pur, auf Eis, als Cocktail

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